Diese Pflege braucht Kinderhaut

Die Liebe zu Naturkosmetik wächst bei vielen mit dem ersten Kind. Denn Babys haben eine dünne, hochsensible und durchlässige Haut, die es vor unerwünschten Stoffen zu schützen gilt. Erst im Alter von etwa vier Jahren hat sich der Säureschutzmantel so weit ausgebildet, dass er Krankheitserreger und schädliche Stoffe abwehrt. Empfindlicher als die Haut Erwachsener bleibt die der Kinder dennoch, zum Beispiel gegenüber Hitze, Kälte, Sonne oder Allergenen.

Baby, Kleinkind und Kind – die Lebensphasen sind in der Kinderheilkunde genau definiert. Bis zum vollendeten 12. Lebensmonat gilt der Nachwuchs als Baby, ab dem zweiten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr sprechen Mediziner von Kleinkindern und ab dem vierten bis zum zwölften Lebensjahr von Kindern. Eine lange Zeitspanne, in der die junge Haut meist mit vielerlei Pflegeprodukten in Berührung kommt.

Aber wie viel Pflege braucht sie eigentlich? „Im Normalfall muss gesunde Kinderhaut nicht zusätzlich gepflegt werden“, sagt die Ärztin Dr. Michaela Hagemann. „Waschen mit mildem Waschgel/Shampoo und ab und zu eincremen reichen aus.“ Nach der Geburt ihres ersten Kindes vor rund sieben Jahren gründete sie zusammen mit ihrem Bruder die vegane Naturkosmetikmarke Das Boep. Bei den Produkten für Babys, Kinder und Mütter legt Hagemann den Fokus auf wenige, dermatologisch getestete Inhaltsstoffe und eine zurückhaltende Beduftung. Auch Duftstoff-freie Produkte gehören zum Sortiment.

Ein Schwerpunkt liegt bei Das Boep auf Haarshampoo und -pflege. „Das sind bei Kindern die größten Verbrauchsartikel, ihre Haare brauchen mehr Pflege als Babyhaar“, sagt Hagemann. Weil es beim Entwirren der langen Haare ihrer Töchter immer so ziepte, entwickelte sie auch ein Leichtkämmspray. Darüber hinaus empfiehlt Hagemann die Bodylotion in der Familiengröße für Kinderhaut, die im Frühjahr manchmal etwas mehr Fett und Feuchtigkeit brauchen kann.

Mit Naturkosmetik für die Pflege sensibler Haut hat sich die Marke Bioturm einen Namen gemacht. Ein Markenzeichen ist der Einsatz eines Lacto-Intensiv Wirkkomplexes auf Basis von Biomolke, der Hautflora und Säureschutzmantel stärken soll.

Auch die Geschäftsführerin des familiengeführten Unternehmens Jasmin Langer ist eine junge Mutter und kennt daher die Bedürfnisse der Kinderhaut. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Kinderhaut kaum Extrapflege braucht, vielleicht mal etwas Allwettercreme oder Feuchtigkeitspflege im Winter auf trockene Hautstellen“, sagt die studierte Pharmazeutin.

Anders verhält es sich, wenn die Haut verrückt spielt, etwa bei Neurodermitis und Psoriasis, der Schuppenflechte. Oder wenn die Haut hypersensibel und zu trocken ist. Dafür hält Bioturm zahlreiche Produkte bereit. Viele der meist Duftstoff-freien Salben und Lotionen in der Rubrik Kind & Baby sind auch im Sortiment für Erwachsene zu finden. „Wir formulieren die Rezepturen für bestimmte Hautzustände und nicht speziell für eine bestimmte Zielgruppe“, erklärt Langer. Die Zinksalbe eigne sich beispielsweise für den wunden Babypopo genauso wie für aufgekratzte Pickel und Pusteln von Heranwachsenden.

Kinder machen sich beim Draußen-Spielen gern mal richtig dreckig. Da reicht das Waschen mit Wasser allein nicht unbedingt aus. Für ein Wannenbad sind die Kleinen meist schnell zu begeistern, vor allem, wenn es sprudelt und schäumt. Dazu enthalten Badekugeln Natron und Zitronensäure, die bei Kontakt mit Wasser kleine Kohlensäure-Bläschen freisetzen.

Im Schaumbad erzeugen milde pflanzliche Tenside einen fluffigen Schaum und reinigen die Haut sanft. Naturkosmetik-Hersteller ergänzen ihre Badeprodukte mit rückfettenden Zutaten wie Kakaobutter und Feuchtigkeitsfaktoren wie pflanzlichem Glycerin. Pflanzenextrakte, etwa von Granatapfel und Sanddorn, sollen ebenfalls pflegend wirken und verhindern, dass die Kinderhaut beim Plantschen austrocknet.

Jeden Tag baden ist allerdings zu viel für Haut und Umwelt. Im Alltag reicht häufig eine kurze Dusche. Da unterm Wasserstrahl schnell mal etwas Seife ins Auge geraten kann, macht es Sinn, auf speziell für Kinder entwickelte Duschgels, Shampoos und 2:1 Produkte für Haut und Haar zurückzugreifen. Denn sie sind besonders mild und reizarm formuliert.

Der Trend „Wasserfreie Kosmetik“ hat auch die Kinderpflege erreicht. Das Boep, Jolu und Hydrophil haben beispielsweise Shampoo als festes Waschstück im Sortiment. Die Marke Eliah Sahil empfiehlt ein nachfüllbares Duschpulver in der Dose auf Basis von Waschnussschalen, Saponinen, Seifenkraut und Heilerde. Ebenfalls als Pulver gibt’s vom gleichen Hersteller ein Shampoo, das mit Heilerde sanft reinigt.

Das Händewaschen ist bei den Kleinen meist nicht so beliebt. Damit es mehr Spaß macht, hat Sonett eine fruchtig duftende Kinder-Schaumseife im Pumpspender entwickelt. Auch sie ist nachfüllbar.

Abhängig von Alter, Jahreszeit und Hauttyp braucht Kinderhaut gelegentlich Pflege. Das gilt etwa im Winter, wenn der Wechsel zwischen Minusgraden draußen und warmer Heizungsluft drinnen die Haut aus dem Gleichgewicht bringt. Raue Wangen oder Lippen, rote Flecken im Gesicht und juckende Stellen an den Waden oder Ellenbogen sind ein Zeichen dafür.

Naturkosmetik-Hersteller greifen bei Kindercremes zu bewährten, gut verträglichen Pflanzenfetten wie Shea- und Kakaobutter, Aprikosen- und Mandelkern-, Nachtkerzen- oder Sanddornöl. Die hochwertigen Naturstoffe ähneln den Fetten unserer Haut und können daher gut aufgenommen werden. So helfen sie der Haut, sich zu regenerieren und Feuchtigkeit zu bewahren.

Bodylotions für Kinder sind im Unterschied zu Cremes nicht ganz so reichhaltig formuliert, damit sie schnell in die Haut einziehen. Sie empfehlen sich zum Beispiel nach ausgiebigem Plantschen in der Wanne oder im Schwimmbad.

Wichtig vor dem Draußen-Spielen ist außerdem das Auftragen eines hohen Sonnenschutzes. Experten empfehlen einen Lichtschutzfaktor von 50 und 50+ für Kinder. Denn gerade Sonnenbrände in jungen Jahren erhöhen das Risiko, später an Hautkrebs zu erkranken. Zertifizierte Kinder-Sonnencreme schützt mit den Mineralien Titandioxid und/oder Zinkoxid vor UV-Strahlen. Die bleiben auf der Haut liegen und reflektieren das Sonnenlicht wie kleine Spiegel. Anders als bei Zahncreme gilt Titandioxid in Sonnenschutz-Produkten als sicher.

Auf jeden Fall ist Naturkosmetik hier die bessere Wahl. Denn konventionelle Sonnencremes wirken mit chemischen Filterstoffen, die in die Haut eindringen. Einige davon stehen im Verdacht, im Körper möglicherweise wie Hormone zu wirken.

Spezielle Kinderprodukte gibt es auch zum Putzen der Zähne. Generell sollte damit bereits ab dem ersten Milchzahn begonnen werden. Auch, damit Kinder das regelmäßige Pflegen der Zähne lernen und es in die Tagesroutine integrieren. Bis zum Grundschulalter sollten die Eltern noch mithelfen. Danach besitzt das Kind meist die motorischen Fertigkeiten, um sich die Zähne selbst zu putzen.

Ein viel diskutiertes Thema bei Zahncreme ist immer wieder die Frage nach dem Fluoridgehalt. Die aktuelle Leitlinie im Netzwerk Gesund ins Leben, in dem Kinderärzte und Zahnärzte vertreten sind, besagt: Fluoridfreie Zahnpasta ist angesagt für Babys, also ab dem Durchbruch des ersten Zahns bis zum ersten Geburtstag, die täglich ein Kombipräparat mit Fluorid und Vitamin D bekommen.

Alternativ können Eltern dem Kleinkind täglich eine Tablette geben, die nur Vitamin D enthält. Dafür sollten die Zähnchen bis zu zweimal täglich mit einer Zahnpasta geputzt werden, die 1.000 ppm Fluorid enthält. Für die Kleinsten reicht eine reiskorngroße Menge. Ab dem Alter von zwei bis zu sechs Jahren kommt eine erbsengroße Menge der Fluoridhaltigen auf die Bürste. Auch wenn Kinder gerne selbst auf die Tube drücken, besser ist es, wenn die Eltern das erledigen, um Überdosierungen zu vermeiden.

Hersteller zertifizierter Kosmetik führen Kinder-Zahncreme mit und ohne Fluorid. Weleda beispielsweise verzichtet bei seinem Zahngel für Kinder komplett auf das Spurenelement, ebenso Lavera bei der Zahncreme „Kids“ für den Nachwuchs bis sechs Jahre. Im Begleittext weist Lavera darauf hin, dass das Produkt bei ausreichender Fluoridversorgung empfohlen ist.

Die wasserfreien Zahnputztabletten von Denttabs für Kinder und Erwachsene gibt es wahlweise mit und ohne Fluorid. Die Anwendung ist zunächst ungewohnt, zumal die Tabletten kaum schäumen. Sie werden im Mund zerkaut, bevor man mit der angefeuchteten Zahnbürste losputzt.

In den meisten Zahnpasten steckt ein weiterer Stoff, der Eltern zunehmend beunruhigt. Gemeint ist Titandioxid, dass man auch als UV-Filter in der Naturkosmetik schätzt. Das Mineral mit der Bezeichnung CI 77891 lässt die Zahncreme weiß aussehen, was Sauberkeit suggerieren soll. Für Lebensmittel ist Titandioxid seit Mitte 2022 europaweit verboten, da es als potenziell gesundheitsgefährdend gilt.

In Kosmetik wie Zahnpasta ist die Substanz weiterhin erlaubt, da man das Putzmittel üblicherweise wieder ausspuckt. Allerdings stellt sich die Frage, ob Kinder das so gewissenhaft tun, vor allem, wenn die Zahncreme lecker nach Erdbeere schmeckt? Die Stiftung Warentest jedenfalls wertete in ihrer Untersuchung zu Kinderzahnpasta vom August 2022 Produkte mit Titandioxid ab.

Kunden, die Kinderzahnpflege ohne den Weißmacher suchen, sind mit Naturkosmetik gut beraten. Denn viele der Hersteller verzichten vorsorglich darauf – noch ein Argument mehr, um Eltern von Naturkosmetik zu überzeugen.