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Nutri-Score: Kommt die neue Lebensmittelampel aus Frankreich?

Einige große Lebensmittelhersteller setzen bei der Nährwertkennzeichnung auf den französischen Nutri-Score. Doch das hat ein Gericht erst einmal verboten. Und auch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner bremst.

Einige große Lebensmittelhersteller setzen bei der Nährwertkennzeichnung auf den französischen Nutri-Score. Doch das hat ein Gericht erst einmal verboten. Und auch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner bremst.

Seit Jahren streiten Verbraucherschützer, Lebensmittelhersteller und das Bundesernährungsministerium um eine optische Kennzeichnung der Nährwertgehalte von Lebensmittel. Sie soll mit einem schlichten grün-gelb-rot-Schema auf den ersten Blick deutlich machen, ob ein Lebensmittel zuviel Salz, Fett oder Zucker enthält. Jahrelang waren sich Hersteller und Ministerium in der Ablehnung einer solchen Lebensmittelampel einig. Doch die Allianz bröckelt.

Schuld daran ist eine neue Ampel, die inzwischen in Frankreich von zahlreichen Herstellern freiwillig benutzt wird, der Nutri-Score. Er bewertet das Nährwertprofil eines Produktes, indem er günstige und ungünstige Nährwertbestandteile mit Punkten bewertet und diese miteinander verrechnet. Vom grünen A bis zum roten E zeigt dann ein Buchstabe auf der Verpackung an, wie ausgewogen das Produkt ist. Mit Iglo und Danone haben zwei große Hersteller angekündigt, den Nutri-Score schrittweise ab Anfang 2019 einführen zu wollen.

In Deutschland verboten

Dem hat das Landgericht Hamburg vorerst einen Riegel vorgeschoben. Dort hatte der Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft eine einstweilige Verfügung beantragt – und Recht bekommen. Nutri-Score verstoße gegen europäische Vorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung und sei deshalb unzulässig, argumentierte das Gericht.

Dabei ist das Sytem als freiwillige Kennzeichnung in Frankreich erlaubt und von der EU auch abgesegnet. Doch für Deutschland fehle dieser Stempel, weil Ernährungsministerin Julia Klöckner diesen nicht beantragt habe, wie Dario Sarmadi, Sprecher der Verbraucherorganisation Foodwatch gegenüber n-tv.de monierte: „Das Ministerium steht massiv auf der Bremse und lässt alle Unternehmen, die diese freiwillige Kennzeichnung einführen wollen, ins offene Messer laufen“, sagte Sarmadi dem Sender.

Foodwatch warf der Ministerin auch vor, dass sie eine Studie des ihr unterstehenden Max-Rubner-Instituts (MRI) unter Verschluss halte, in dem die Wissenschaftler Nutri-Score als „grundsätzlich vorteilhaft“ bewertet hätten. Als Beleg dafür veröffentlichte Foodwatch interne Ministeriums-Mails, in denen die Ministerin „größte Vertraulichkeit“ verlangte. Veröffentlicht hatte Julia Klöckner im April 2019 statt dessen einen Zwischenbericht des MRI, in dem die Bewertung als „grundsätzlich vorteilhaft“ fehlte.

Zwar schreibt die Ministerin, sie wolle ein Nährwertkennzeichnungs-System einführen, „das einerseits dem Verbraucher einfach auf einen Blick Hilfestellung für eine gesunde Wahl gibt und anderseits möglichst breit zur Anwendung kommt.“ Doch zuerst will Julia Klöckner erst einmal Verbraucher, Lebensmittelwirtschaft, Handwerk und andere Stakeholder einbeziehen. Auch soll noch ein Bericht der EU-Kommission zur Evaluierung der bestehenden freiwilligen Nährwertkennzeichnungs-Systeme abgewartet werden.

Bio-Hersteller kritisieren Ampel-Kennzeichnung

Hinzu kommt, dass der BBL als wichtigster Verband der Lebensmittelindustrie weiter mauert. Er lehnt farbige Nährwertampeln weiterhin ab und hat ein eigenes Kennzeichnungsmodell entwickelt, das ohne Signalfarben auskommt.

Auch die Bio-Lebensmittelhersteller stehen einer Ampel-Kennzeichnung kritisch gegenüber. Eine farbliche Kennzeichnung der Nährstoffe Fett, Zucker und Salz alleine greife für eine Beurteilung der einzelnen Lebensmittel zu kurz, schreibt die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL). Eine solche Kennzeichnung sollte statt dessen Aussagen zur Vollwertigkeit des Lebensmittels machen, mit Hinweisen zum Verarbeitungsgrad, zu den natürlich enthaltenen Inhaltsstoffen und zur umweltschonenden Herstellungsweise, argumentiert die AöL.

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