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Zukunftsprogramm Pflanzenschutz

Pestizide: Verbände kritisieren Özdemirs Reduktionspläne

Mit dem „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ will das BMEL dafür sorgen, dass der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden in Deutschland bis 2030 flächendeckend reduziert wird. Vieles an den Plänen sei zu vage, kritisieren Bio- und Umweltverbände.

Zahlreiche Bio- und Umweltverbände haben am Montag mit einem offenen Brief an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf den Vorschlagsentwurf seines Ministeriums für das sogenannte „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ reagiert. Darin geht es um Strategien, wie der Einsatz von Pestiziden in Deutschland reduziert werden soll. Diverse Organisationen, darunter Umwelt-, Bio-Anbau- und Bauernverbände konnten von Mitte März bis Anfang Mai hierzu eine Stellungnahme abgeben.

Nach der Lektüre der Pläne aus dem BMEL überwiegt bei den Unterzeichnern des Schreibens an Özdemir die Ernüchterung. „Vor über 17 Monaten wurde es als Pestizidreduktionsstrategie angekündigt. Nach dieser langen Wartezeit haben wir mehr erwartet, zumal der neue Titel ,Zukunftsprogramm Pflanzenschutz‘ den Eindruck erweckt, dass die Reduktion von Pestiziden etwas sei, dass es zu vertuschen gelte“, heißt es etwa beim Bündnis enkeltaugliche Landwirtschaft (BeL).

Verbände pochen auch auf zweites Reduktionsziel

In ihrem Brief begrüßen das BeL, der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), die Anbauverbände Bioland, Demeter und Naturland sowie neun weitere Organisationen, darunter der WWF und das Umweltinstitut München zwar ausdrücklich, dass das BMEL an den Reduktionszielen der europäischen Farm to Fork Strategie festhält. Mit ihr soll die Verwendung und das Risiko chemisch-synthetischer Pestizide bis 2030 halbiert und der ökologische Anbau auf 30 Prozent ausgebaut werden.

Die Verbände erwarten jedoch, „dass auch das zweite wichtige Reduktionsziel“ erfüllt werde: die Halbierung der Menge der besonders gefährlichen Pestizide. „Die Umsetzung dieser zentralen Ziele wird jedoch mit der Diskussionsgrundlage in eine nicht definierte Zukunft verlagert“, kritisieren die Verbände in ihrem Brief.

Julia Schumacher vom BeL sieht in dem Entwurf in erster Linie eine Absichtserklärung und bemängelt, dass viele Punkte darin zu vage blieben. „Es werden so gut wie keine konkreten Zeitvorgaben genannt“, so Schumacher. Ebenfalls offen bleibe, woher die finanziellen Mittel für die Umsetzung der Reduktionsstrategie kommen sollen.

In ihrem Brief appellieren die Absender an Cem Özdemir,

  • die verbleibende Zeit in der aktuellen Legislaturperiode dazu zu nutzen, verbindliche, erreichbare und messbare Maßnahmen zu entwickeln, „um die notwendige Reduktion von chemisch-synthetischen Pestiziden zum Wohle der Landwirtschaft, der Bevölkerung und unserer Umwelt umzusetzen“;
  • die Pestizidreduktionsziele mit wirksamen Maßnahmen zu unterlegen, mit einer Priorisierung von Vorhaben, die noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden können; und
  • für eine ausreichende Finanzierung der Reduktionsziele zu sorgen.

BMEL muss schwieriger Spagat gelingen

Bis Ende Juni will das BMEL nun die Stellungnahmen aller beteiligten Interessengruppen auswerten. Auf dieser Grundlage soll dann anschließend ein Programm ausgearbeitet werden, welches das Ministerium noch in diesem Sommer vorstellen will.

Es wird ein schwieriger Spagat werden, der Özdemir und seinem Team gelingen muss. Denn während die Vorschläge für weniger Pestizide den Bio- und Umweltverbänden nicht weit genug gehen, wettert auch der mächtige Deutsche Bauernverband (DBV) gegen die Pläne. Allerdings aus komplett gegenteiligen Gründen.

DBV-Präsident Joachim Rukwied bezeichnete die Vorschläge aus Berlin als „Rückbauprogramm für die deutsche Landwirtschaft und für deren Produktivität.“ Eine pauschale Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln sei weder fachlich gerechtfertigt noch praktisch umsetzbar, so Rukwied. „So ein Programm gefährdet im schlimmsten Fall die Versorgungssicherheit Deutschlands.“

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