Biohandel

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Milchwirtschaft

Weniger Kraftfutter – mehr Artenvielfalt

Milcherzeuger, die weniger Kraftfutter einsetzen, haben auf ihren Wiesen und Weiden eine höhere Vielfalt an Pflanzen. Und sie verdienen mehr Geld als Betriebe mit hohen Kraftfuttergaben. Das zeigt eine aktuelle Studie. Deren Autoren raten der Politik, daraus Konsequenzen zu ziehen.

Milchkühe fressen Gras und Heu – aber auch energie- und eiweißreiches Kraftfutter, das Getreide, Bohnen oder Presskuchen enthält. In der konventionellen Landwirtschaft ist die Kraftfuttermenge nicht beschränkt, allerdings vertragen die Kühe nur eine bestimmte Menge davon. Im Öko-Landbau ist eine Mindest-Ration an Grünfutter (Gras, Silage, Heu) vorgeschrieben, die automatisch den Kraftfuttereinsatz begrenzt. Bio-Kühe geben deshalb im Schnitt ein Siebtel weniger Milch.

Kühe sind Grasfresser – Kraftfutter nicht artgerecht

Kraftfutter, besonders in Bio-Qualität, kostet viel Geld und benötigt Ackerflächen, die auch der menschlichen Ernährung dienen könnte. Grünland hingegen lässt sich nur zur Futtererzeugung nutzen, eine Umwandlung in Ackerland würde viel CO2 freisetzen. Außerdem fressen Kühe von Natur aus kein Getreide, Kraftfutter ist also nicht artgerecht. Aus diesen Gründen gibt es im Ökolandbau schon seit rund zehn Jahren Überlegungen, den Kraftfuttereinsatz zu reduzieren oder ganz bleiben zu lassen. Mehrere Studien haben bereits gezeigt, dass dies trotz geringerer Milchleistung der Kühe wirtschaftlich sinnvoll sein kann und der Tiergesundheit nicht schadet.

Weniger Milch – mehr Gewinn

Das Kasseler Institut für ländliche Entwicklung hat nun, gefördert vom Bundesamt für Naturschutz, eine weitere Studie hinzugefügt. Für sie wurden die Daten von 150 Kraftfutter (KF)-reduziert wirtschaftenden Milchviehbetrieben in Deutschland erhoben. Sie deckten alle Grünlandregionen ab, zwei Drittel der Betriebe wirtschafteten ökologisch. Die betriebswirtschaftliche Auswertung ergab, dass den Betriebe mit wenig Kraftfutter pro Liter Milch deutlich mehr Gewinn blieb als Kollegen mit gängigem Kraftfuttereinsatz. Dieser Effekt war bei den Bio-Höfen noch ausgeprägter als bei den konventionellen Betrieben.

Mehr Arten bei kraftfutterreduzierten Betrieben

Intensiv genutztes Grünland wird fleißig mit Gülle gedüngt und ist deshalb (auch bei Bio) relativ artenarm. Parallel zur wirtschaftlichen Auswertung untersuchten deshalb Wissenschaftler der Universität Göttingen die Biodiversität auf dem Grünland einiger KF-reduzierter Betriebe und verglich sie mit benachbarten Betrieben mit üblicher Fütterung. Sie fanden bei den KF-reduzierten Betrieben sowohl auf den einzelnen Parzellen als auch bezogen auf den Gesamtbetrieb deutlich mehr Pflanzenarten. Der Effekt war bei konventionellen Betrieben noch ausgeprägter als bei ökologisch wirtschaftenden.

Fördergeld ab 80 Prozent Grundfutter

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass eine „systematische politische Unterstützung KF-reduzierter Produktionssysteme in der Milchviehhaltung“ die Pflanzenartenvielfalt im Grünland erhöhen würde und zugleich die Wirtschaftlichkeit von Milchviehbetrieben stärken könnte. Die Autoren empfehlen deshalb ein „verlässliches auf mehrere Jahre ausgelegtes Förderprogramm“, das bestehende Betriebe unterstützen und andere Milchviehbetriebe zur Umstellung auf eine KF-reduzierte Wirtschaftsweise motivieren soll.

Sie machen auch einen konkreten Vorschlag: Fördergeld soll es geben, wenn 80 Prozent der Futtertrockenmasse aus Grundfutter besteht (bei Bio sind 60 Prozent vorgeschrieben). Zudem sollen 20 Prozent der Grünlandfläche extensiv bewirtschaftet werden. Zusätzliches Geld soll es geben, wenn die Milchkühe auf die Weide kommen (was auch bei Bio-Betrieben längst nicht mehr selbstverständlich ist).

Die Studie: Für mehr Artenvielfalt im Grünland: Die Wettbewerbsfähigkeit der kraftfutterreduzierten Milchviehhaltung stärken!

Ältere Arbeiten:

Lebendige Erde: Wirtschaftlichkeit einer Milchviehfütterung ohne oder mit wenig Kraftfutter, 2015

BioAktuell: «Feed no Food» – Den Kraftfuttereinsatz überdenken, 2012

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