Biohandel

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Superbiomarkt

„Wir wünschen uns auch auf Herstellerseite Unterstützung und Zusammenarbeit“

Michael und Luca Radau vom Superbiomarkt über den Fachkräftemangel, eine staatliche Bio-Kampagne und über Partnerschaften im Umbruch.

Aus dem Interview der Familie Radau zum Thema

„Pionierrolle früher und heute“

BioHandel: Herr Radau, mit welchen Herausforderungen war Ihre Pionierzeit verbunden?
Michael Radau: Als Erstes ging es um Kommunikation: Aufzuzeigen, was ist eigentlich Bio, wer kontrolliert Bio. Gesellschaftlich war diese Begrifflichkeit noch nicht verankert. Das Nächste war, mit dem Klischee vom Bioladen aufzuräumen. Deshalb haben wir vor 30 Jahren den Superbiomarkt entwickelt. Ich denke, das war unsere Hauptleistung. Dass wir mitgeholfen haben, Bio in breiten Bevölkerungskreisen positiv zu besetzen.

Was sind aktuell Ihre Baustellen?
Luca Radau: Der Fachkräftemangel. Sogar in Städten wie Münster, wo wir eine große Bekanntheit haben, ist es schwer ausreichend Fachkräfte zu bekommen. Die Ausbildung muss noch attraktiver werden.

Wie lösen Sie das Problem?
Wir versuchen möglichst viel an Qualifikation in den Filialen selbst aufzubauen. Gleichzeitig versuchen wir, immer neue Leute durch Weiterbildungskonzepte und Schulungen für unser Konzept begeistern. Da unterstützt uns auch unser Großhändler Weiling mit seiner Akademie. Dennoch müssen wir teils sehr viel verändern, damit wir mit dem Personal, das wir haben, den Kundenwünschen entsprechen können.

Zum Beispiel?
Wir haben in Münster eine Bedientheke auf ein Möbelstück umgerüstet, das wechselbar ist. Unter der Woche dient es als Selbstbedienungstheke. Zum Wochenende hin wird sie aufgeklappt, sodass man eine Bedientheke hat. Das ist eine Konsequenz. Da kann dann auch angelerntes Personal den Verkauf übernehmen. Unser Partner Biofleisch NRW übernimmt dann direkt bei der Zerlegung das fachgerechte Schneiden des Fleischs.

Sie haben ein Schutzschirmverfahren hinter sich – wie sind Sie durch diese Krise gekommen?
Michael Radau: Neben unserem familiären Zusammenhalt hat uns auch die Solidarität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getragen, die gesagt haben: Wir bleiben, wir schaffen das. Wir hatten auch Übernahmeversuche – und haben das auch immer kommuniziert. Die meisten haben signalisiert: Wir wollen bleiben. Auch die Lieferanten haben gesagt: Wir stehen zu euch, wir unterstützen euch. Wir möchten, dass es euch weitergibt, ihr seid wichtig für uns.

Welche Unterstützung braucht der Fachhandel jetzt?
Michael Radau: Gut wäre eine Kampagne Pro Bio, die von der Bundesregierung getragen wird. Das soll jetzt auch kommen. Bei den Inhalten, die dann vermittelt werden, wünschen wir uns, dass es um ein authentisches und heimisches Bio gehen wird. Es würde uns als Unternehmen aber auch als Gesellschaft weiterbringen, wenn wir eine starke, nachhaltige und heimische Produktion haben.

Was erhoffen Sie sich von der Branche selbst?
Luca Radau: Wir wünschen uns auch auf Herstellerseite Unterstützung und Zusammenarbeit. Wir haben über viele Jahrzehnte eine tolle Partnerschaft mit vielen Herstellern gehabt – da ist viel im Umbruch. Um den Gedanken von einem Biofachhandel groß zu halten, und nicht bei den großen Lebensmittel-Ketten in Eigenmarken zu verschwinden, braucht es weiterhin eine intensive Zusammenarbeit. Ich sehe in manchen Bereichen eine starke Entwicklung hin zu reinen Handelsmarken. Das sorgt in meinen Augen eher für ein intransparentes Bio.

Beim Ziel 30 Prozent wird es wohl nicht anders gehen – oder?
Ich denke, wir müssen aufpassen, dass hier nicht konventionelle Ware durch irgendwie und irgendwo mit dem Label Bio produzierte Ware ausgetauscht wird. Wenn wir wirklich was verändern wollen, dann geht es um eine Ernährungs-, Landwirtschafts- und letztlich eine umfassende Wirtschaftswende. Damit erreichen wir vielleicht erstmal nur 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung, aber wenn wir erfolgreich sind, können das mehr werden. Das mag ein dickes Brett sein, aber davor hatten wir noch nie Angst.

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