Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Anuga 2023

Auf der größten Lebensmittelmesse neue Zielgruppen für Bio erobern – gelingt das?

Auf der Anuga in Köln präsentierten Start-ups wie etablierte Unternehmen ihre neuesten Bio-Kreationen. Der Fokus lag dabei auf internationalen und konventionellen Märkten. Lohnt sich ein Besuch für den Fachhandel trotzdem?

„Sustainable Growth“ war das Leitthema der Anuga 2023. Das begleitende Vortragsprogramm sollte die Themen Nachhaltigkeit, bewussten Umgang mit Ressourcen sowie faire Lieferketten beleuchten – Werte, wie sie seit jeher die Bio-Branche auszeichnen. Bietet die Anuga tatsächlich eine gute Plattform für Bio-Hersteller, um sich und ihre Produkte bekannter zu machen? Lohnt sich ein Besuch für den Fachhandel?

Bio-Produkte waren vor allem in der Halle 5.1 vertreten, wo es auch wieder eine Schaufläche mit einem Bio-Supermarkt gab – luftiger und großzügiger als das Vorgängermodell, allerdings reduziert in der Produktvielfalt. Trotzdem: 61 Aussteller (etwa 60 Prozent aus Deutschland) – von bekannten Bio-Marken bis zu Start-ups – zeigten, was es an spannenden Neuheiten und Trends gibt. In der Halle selber lag die Zahl der Unternehmen für den Bereich Organic bei 300.

Mit dem großen Stand von Followfood, nicht weit entfernt vom Eingang, war es leicht, die „Bio-Halle“ als solche gleich zu erkennen. Von insgesamt 100 Neuprodukten hatte Followfood über 50 mitgebracht. Darunter die schon zur Biofach gezeigte Range an Nüssen und Nussmischungen.

Ähnlich wie bei den anderen Produkten können Verbraucher über einen Tracking-Code auf der Verpackung Details zur Herkunft der Rohwaren, dem Abfüllort und der Ökobilanz erfahren.

Wichtige Kontaktpflege

Neu waren auch sanfte Schorlen in PET-Flaschen und weitere Produkte mit nicht Norm-gerechten Rohwaren, die für die passende Ergänzung des Sortiments sorgen. Julius Palm ist nicht nur stellvertretender Geschäftsführer, sondern auch zuständig für Nachhaltigkeit.

Mit der Messe zeigte er sich sehr zufrieden. Die Kontaktpflege zu bestehenden ebenso wie zu möglichen neuen Kunden sei enorm wichtig. Dabei habe er generell ein spürbar gewachsenes Interesse an nachhaltigen und nachhaltig produzierten Lebensmitteln festgestellt.

Besucheraufkommen am Stand unerwartet hoch

Nur wenige Schritte weiter zog ein weiterer großer Messestand die Aufmerksamkeit auf sich: Wholey. So nennt sich die junge Frühstücks-Marke von Green Grizzly aus Berlin, mit Smoothie-Mischungen aus tiefgefrorenem Obst und Gemüse, Nussaufstrichen und Cerealien wie Granolas, Schoko-Kissen oder Loops.

„Wir sehen noch viel Innovations- und Verbesserungsbedarf im Markt für Frühstücksprodukte“, sagte Kirsten Selle, Leitung Brand & Communication. Mit ihren Produkten wollten sie den üblichen Produkten voller Industriezucker und Zusatzstoffen eine gesündere und moderne Alternative entgegenstellen. Die Produkte sind daher mal weniger und mal mit Dattel- oder Kokosblütensirup gesüßt, die Zutatenliste generell möglichst kurz.

Was die Vertriebswege betrifft, ist auch Green Grizzly für viele Kanäle offen. Primär sei Wholey derzeit im LEH gelistet, aber auch bei Alnatura, Bio-Company oder Denns, sagte Selle. „Die Märkte und die dort anzutreffenden Kunden sind für unsere Produkte eine relevante Zielgruppe.“ Das Besucheraufkommen am Stand sei auch unerwartet groß gewesen.

„Im Verhältnis zur Gesamtmesse ist der Anteil der Bio-Marken und -Hersteller auf der Anuga recht klein. Dennoch lohnt sich ein Besuch, um Beziehungen zu pflegen, Präsenz zu zeigen, selbst Inspiration zu bekommen und Kontakte zu knüpfen. Besonders das internationale Profil der Messe ist für Hersteller und Händler spannend“, so ihr Fazit.

Dänemark stark vertreten

Bio aus Dänemark, ein Verband von dänischen Produzenten, zählt hier wie auch auf der Biofach seit Jahren zu den „Stammausstellern“. Im Mittelpunkt des Gemeinschaftsstands standen pflanzenbasierte Lebensmittel, Proteine und Convenience und damit die drei großen Messetrends.

So stellte Northern Greens Food Innovation House als „Convenience der neuen Art" ihre flüssigen Kräuter vor: Frisch, zerkleinert, mit Essig und Salz haltbar gemacht und in Fläschchen abgefüllt, sollen sie jederzeit zur Verfügung stehen. Während The Brew Company mit Kaffee zum fixen Aufbrühen im isolierten Portionsbeutel vertreten war, konnten Messebesucher bei Contempehrary nordisch inspirierten Tempeh und Condimento-Würzsauce ohne Soja kennenlernen.

Dass man sich auch in einem gut besetzten Warensegment behaupten kann, beweist Rawbite mit Frucht-Nuss-Riegeln. Am Stand präsentierte die kleine Firma mit ihrem Werk nahe Kopenhagen ihre neuen High Protein Riegel. Wie stets vegan, glutenfrei und alternativ gesüßt mit Dattelzucker.

Organic Supermarket

Vorbei an Ständen von Marken wie Landgarten oder Verival, erreichte man die offene Anuga Organic-Supermarket-Fläche mit diversen Bio-Trockenwaren und Frischeprodukten in Kühlschränken – insgesamt waren 1.500 Bio-Produkte zu sehen.

Die Fachhandelsmarke Moin hatte hier nicht nur drei Regalplätze gebucht, sondern war zusätzlich als Dauerverkostung an der zugehörigen Informationstheke vertreten. Probieren konnte man dort die drei neuen glutenfreien Bio-Hafer-Brötchen „Haffys“, die Moin unter der Kooperationsmarke Moin-Moilas führt. Mit der Sondermarke wolle man in den konventionellen LEH gehen.

Zwar habe man einige Kontakte knüpfen können, hieß es zum Messeabschluss. Tatsächlich hätten sie sich aber etwas mehr erhofft. Grundsätzlich denke man: Für Unternehmen, deren Kunden rein in der Bio-Branche liegen, lohnt sich die Anuga weniger. Wer Kontakte vor allem international oder im konventionellen Markt sucht, ist aber gut aufgehoben.

Ein anderer Messe-Fokus

Dazu passt der Eindruck des Kölner Start-ups Bunte Burger, die auf der Sonderfläche am Messedienstag ihre kühlfrischen, veganen Gemüseburger zum Probieren anboten. „Wir haben den Regalplatz über Köln-Business gewonnen“, erzählte Kundenbetreuerin Sophia Ohnhaus. „Eine tolle Chance für uns, um unsere Produkte zu präsentieren.“

Grundsätzlich habe die Anuga im Vergleich zu den Bio-Messen einen anderen Fokus. Da ihre Produkte überwiegend im Bio-Fachhandel erhältlich seien, könne die Hauptzielgruppe dort gezielter angesprochen werden. „Trotzdem sind wir gespannt, ob im Nachgang etwas dabei herauskommt“, zeigte sich Ohnhaus optimistisch.

„Die Anuga ist für uns wichtig."

Dr. Andreas Steffen, Vertriebsleiter Dr. Karg

Dr. Karg, die zu den Ausstellern in anderen Hallen als der 5 zählten, ist laut Vertriebsleiter Dr. Andreas Steffen überzeugt: „Die Anuga ist für uns wichtig, da wir hier unsere Distributeure, Importeure und Handelspartner aus dem Ausland treffen und auch neue Kontakte knüpfen können. Dabei liegt unser Fokus auf dem Export und deshalb stellen wir in Halle 3.1 auf dem Gemeinschaftstand German Sweets, dem Exportverband der deutschen Süßwarenindustrie, aus. Wir haben insgesamt einen positiven Eindruck. Die Rekord-Ausstelleranzahl lockte viele Fachbesucher an. Man hatte das Gefühl, dass alle sich alle nach schwierigen Jahren auf ein ,normales Messegeschehen' freuten."

Vivani gehörte ihrerseits zu den etablierten Bio-Marken mit eigenem Stand. Da Ecofinia in der Halle 5.1. keinen Platz mehr bekommen hatte, lag dieser etwas versteckt an der Messepassage. Dabei hatte die Firma angesagte Schokoladen-Neuheiten mitgebracht: Neben den neueren veganen i-Choc-Sorten wie etwa Salty Pretzel, konnte erstmals eine neue Vivani-Range aus Edelkakao in zertifizierter Demeter-Qualität präsentiert und genossen werden.

Direkt daneben fanden auf der Bühne am Ende der Passage wechselnde Vorträge zu Öko- und Nachhaltigkeitsthemen statt. Das Themenspektrum reichte von der Preisverleihung des Fair-Wine-Award bis zu einer Panel-Runde zum Erfolg des dänischen Bio-Modells am Beispiel des „Pflanzenbasiert"-Trends.

Die Diskussionsteilnehmer, mal frische Start-ups und mal etablierte Firmen, erörterten unter anderem die Herausforderungen bei der Skalierung oder CO2-Emissionen und Lebensmittelabfälle als Hindernisse. Rawbite hatte dazu einen konkreten Rat für den Weg: „Leidenschaft sollte die Basis sein. Aber ohne Geschmack und Qualität bei den Zutaten und der Herstellung gibt es keinen dauerhaften Erfolg.“

Fazit: Der Besuch lohnt sich, gute Vorbereitung ist ein Muss

Lohnt sich also der Trip nach Köln? Als Besucher sicherlich, lassen sich doch interessante neue Bio-Produkte aus den In- und Ausland entdecken und allgemeine Trends erkennen. Angesichts des riesigen, vergleichsweise unübersichtlichen Angebots, empfiehlt sich aber unbedingt eine Planung im Vorfeld. Für Hersteller sowie Im- und Export-Unternehmen kommt es auf die anvisierte Zielgruppe an. Die, die auch offen für Vertriebskanäle im Ausland oder den konventionellen Lebensmittelhandel sind, haben auf der Anuga durchaus gute Chancen. Auf jeden Fall zeigt man auf diese Weise Präsenz im Bio-Handel.

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