Im Zuge der Nachhaltigkeits-Debatte kommen Landwirtschafts-Themen immer stärker in die öffentliche Diskussion. Die Themen Tierwohl und Boden gehören dazu. In diesen beiden Bereichen droht der Ökolandbau seine verlässliche Vorreiterrolle als nachhaltigstes Angebot zu verlieren.
Die Diskussion um Haltungsformen und Tierschutz im Rahmen des Tierwohl-Labels gehen deutlich über den aktuellen EU-Bio-Standard hinaus. Ähnliches zeigt sich auch beim Thema Acker-Böden: Hier gibt es schon lange Ansätze, wie die Bodenfruchtbarkeit und die biologische Vielfalt auf den Äckern schneller aufgebaut werden kann, als es derzeit im Bio-Landbau üblich ist. Diese Ansätze finden aktuell Gehör bei konventionell arbeitenden Landwirten, eine Umsetzung im Bio-Landbau zeigt sich bislang nur unzureichend.
Ich frage mich: Was passiert denn, wenn Bio seine Rolle als verlässlich nachhaltigstes Produkt verliert? Wenn es marktrelevante Angebote gibt, die schon in der Urproduktion nachhaltiger sind als Bio?
Das Vertrauen der Kunden in Bio wird grundsätzlich geschwächt.
Für die Verbraucher wäre das eine ziemlich verwirrende Situation. Deren Gewissheit heute ist ja (glücklicherweise), mit ihrem Bio-Einkauf eine enkel[-]taugliche Zukunft zu ermöglichen.
Diese Gewissheit geht verloren, wenn es Fleisch gibt, bei dem ein nicht-bio Angebot den Maßstab in Sachen Tierwohl setzt, und wenn es Getreide gibt, das nachhaltiger erzeugt ist als Bio. Damit wird das Vertrauen in Bio grundsätzlich geschwächt und es fehlt den Verbrauchern eine wichtige Orientierungsmarke auf dem Weg zu einem nachhaltigen Lebensstil. Und nicht zuletzt taucht die Frage auf, was denn dann das Versprechen einer Einkaufsstätte ist, die ausschließlich Bio im Angebot hat.
Christoph Spahn
Beratung und Prozesssteuerung in Köln
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