Biohandel

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Agrar-Experte Dreesmann

„Ernährung der Bevölkerung in der Ukraine hat Vorrang“

Agrar-Experte Dr. Stefan Dreesmann zur Situation im ukrainischen Bio-Landbau.

Der Agrarwissenschaftler Dr. Stefan Dreesmann leitet die „Deutsch Ukrainische Kooperation Ökolandbau“. Gemeinsam mit der Zukunftsstiftung Landwirtschaft hat er seit Kriegsausbruch unter anderem den Spendenaufruf "Nothilfe Ukraine Ökolandbau" angeregt, um die Ökolandbau-Bewegung und die Menschen auf den Bio-Höfen in der Ukraine zu unterstützen. Im Interview gibt der Experte Einblicke in den ukrainischen Bio-Sektor.

Wie kam es, dass die Ukraine als Bio-Rohstoffproduzent eine so große Rolle spielt?

Große Teile der Ukraine sind mit besonders humusreichen Schwarzerdeböden gesegnet. Seit 2010 hat sich der Bio-Sektor infolge der steigenden weltweiten Nachfrage rasant entwickelt. 2020 wurden rund 460.000 Hektar von über 400 landwirtschaftlichen Bio-Betrieben bewirtschaftet.

Auch der inländische Bio-Konsum hat sich dank einer sehr aktiven Öko-Szene gut entwickelt. Für die nächsten Jahre war die Einführung eines eigenen, ukrainischen Bio-Siegels sowie eine Verdreifachung der ökologisch bewirtschafteten Fläche auf etwa 1,5 Millionen Hektar geplant.

In welcher Situation befanden sich die ukrainischen Landwirte zum Zeitpunkt des Kriegsausbruches?

Die Felder waren mit der Herbstaussaat bestellt, viele rechneten mit einer guten Ernte von Wintergetreide. Dort, wo es zunächst keine aktiven Kampfhandlungen gab, wurde zum Teil mit begrenzten Ressourcen die Frühjahrsaussaat begonnen.

Eine besondere Herausforderung besteht jedoch darin, Treibstoff für die Feldarbeiten zu beschaffen. Auch Saatgut und andere Betriebsmittel fehlen. Und die Zerstörung der Infrastruktur erschwert bestehende Transport- und Absatzwege.

Welche Rolle könnte der ökologische Landbau aktuell sowie nach einem hoffentlich baldigen Kriegsende in der Ukraine spielen?

Durch den geringeren Einsatz von Betriebsmitteln und eine ganzheitliche Bewirtschaftungsweise bietet der ökologische Landbau relevante Lösungen für die aktuellen und künftigen Herausforderungen in der Ukraine. Denn Bio-Landwirtschaft ist ja grundsätzlich darauf ausgerichtet, mit dem, was man hat, sinnvoll zu wirtschaften.

Dabei hat die Ernährung der eigenen Bevölkerung jedoch selbstverständlich Vorrang vor jeglichen Export-Aktivitäten.

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