Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Kommentar

Edeka zeigt wahres Gesicht

Sie geben vor, Lebensmittel zu lieben. Doch jetzt haben Edekaner mit ihrem Slogan „Essen hat einen Preis verdient – den niedrigsten“ überzogen. Bauernproteste und ein Shitstorm auf Twitter waren die Folge.

Während die Edeka-Zentrale mit Demeter über die bundesweite Nutzung der Markenrechte verhandelt, zeigt der Regionalverbund Minden-Hannover, wo die Prioritäten der Genossenschaft liegen: im Niedrig- und Dumpingpreis. Große Plakate sollten Kunden darauf aufmerksam machen, dass sie am Montag am besten zu Edeka gehen, um sich für die Woche mit billigen Lebensmitteln einzudecken. Als Werbe-Ikone konnte Komiker Otto Waalkes gewonnen werden, der als authentischer Ostfriese die Region verkörpert wie kein anderer.

Doch der große Abverkauf dürfte ins Stocken geraten sein, denn in der Nacht zu Montag blockierten Bauern mit ihren Traktoren das Edeka-Lager in Wiefelstede (Kreis Ammerland) und machten ihrem Ärger Luft: Die Preispolitik von Edeka geht zu ihren Lasten, denn wenn Essen den niedrigsten Preis verdient hat, ist eine faire Entlohnung nicht mehr möglich. Inzwischen wurden die Plakate abgehängt, der Protest, auch über Twitter, hat sich offenbar ausgezahlt.

Supergeiler Mann mit rotem Pinsel

Doch jetzt von einem einmaligen Ausrutscher einiger übermotovierter Werbe-Strategen ohne Feingefühl zu sprechen, würde zu kurz greifen. Vieles deutet auf eine wohlüberlegte Strategie von Edeka insgesamt hin. Denn spätestens seit Anfang des Jahres schwänzelt wieder der supergeile Mann mit rotem Pinsel durch die Edeka-Werbewelt und macht durch "Streichen der Preise" auf Schnäppchen aufmerksam. Und die Edeka-Tochter Netto wird mehr und mehr auf Aldi-Preisniveau getrimmt. Der größte deutsche Lebensmittelhändler scheint hier zum großen Sprung anzusetzen, um die Preisführerschaft zu übernehmen.

Höchste Zeit für Einpreisung

Wo Bauern sind, ist bekanntlich auch Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Sie zeigt Verständnis für ihre Probanden und hat sie ins Kanzleramt zu Gesprächen eingeladen. Dorthin hat die Kanzlerin laut Lebensmittelzeitung auch die Handelskonzerne am 3. Februar bestellt, um ihnen wegen der Preise ins Gewissen zu reden. Wie die beiden das Problem lösen werden, ist schon jetzt absehbar: Die Verbraucher werden einmal mehr aufgefordert, nicht die billigsten Lebensmittel zu kaufen.

Dabei wäre jetzt die Gelegenheit, sich dafür einzusetzen, dass die Einpreisung aller verursachten Klima- und Umweltschäden in die Preise der konventionellen Lebensmittel endlich erfolgt. Dann gäbe es nämlich gar keine Billiglebensmittel mehr und Bio wäre sogar am günstigsten. Und dann könnte der alte Mann von Edeka mit einem grünen Pinsel durch die Edeka-Werbewelt wandeln und zurecht lauthals rufen „seehr, seehr supergeil!“.

Kommentare

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Anonym

- Demeter verhandelt mit den Zentralen des LEH LZ7/20 -

Sehr geehrter Dr. Alexander Gerber,

Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten A.Einstein

Welches Ergebnis erwarten Sie, wenn Sie sich mit den LEH-Zentralen einlassen?
Listungsgebühren entsprechen nicht unseren Vorstellungen von guten Handelsbeziehungen ...
Ich gehe davon aus, dass Sie den Einkauf des LEH kennen, die Erpressungsmethoden, die Preisdrückerei und das ganze Arsenal des Grauens!? Die Bluthunde des Einkaufs zu bändigen, versucht sogar die EU mit dem Gesetz gegen unlautere Handelspraktiken bisher vergeblich. Warum, glauben Sie, macht Frau Merkel das Thema am 3.2. zur Chefsache im Kanzleramt? Weil die Spitzen des LEH alle so brav am Kulturwandel arbeiten? Wie gerade Edeka mit Otto ?
Sie wissen so gut wie ich, dass in 200 Jahren Kolonialgeschichte erlerntes Handeln tief drinsitzt, wie die Grundfärbung in der Wolle. Die werden immer das Gleiche weitermachen die werden sich nicht wandeln, weil sie in diesem Fall ihre ganze Macht aufgeben müssten.

Die Bio-Branche ist angetreten, weil die Entwicklungen schon seit 1970 absehbar waren silent spring ... Die Bio-Branche hat den Menschen das Versprechen gegeben, es anders zu machen um zu anderen Ergebnissen zu kommen! Nur der radikale Ansatz des ökologischen Landbaus entspricht den Notwendigkeiten der Transformation und kann damit die Systemveränderung mit bewirken, bleibt dabei allerdings wahrscheinlich bei 10 % des Marktes. Dabei entsteht vielleicht nur ein Greening der industriellen Landwirtschaft. Aber dieser Fortschritt würde nicht erreicht, wenn wir nicht mit Authentizität, Glaubwürdigkeit und Sorgfalt das ökologische Produktionssystem vorleben würden. Fair zu Boden, Pflanze, Tier und Mensch geht nur, wenn jeder die Partner seiner Vorstufe hegt und pflegt. Dem destruktiven Drucksystem des LEH wird das zarte Bio-Pflänzchen nicht standhalten!
Ich halte es für hellen Wahnsinn, wenn Sie das in 50 Jahren Erreichte genau in dem historischen Moment auf den Schlachtfeldern des LEH opfern, in dem Gesellschaft und Politik in ungeahnter Geschwindigkeit die Probleme erkennen.

Ja Bio soll breiter werden, es soll organisch wachsen! Solange Sie mit Einzel-Kaufleuten der konventionellen Strukturen handeln, ist das zwar gefährlich, aber mit etwas Glück können Sie das überleben. Dem Drucksystem des Oligopols haben Sie aber nichts entgegenzusetzen. Wenn Sie sich mit den Zentralen des LEH einlassen, machen Sie das Gleiche, wie alle, die vor Ihnen gefressen worden sind.

Ich appelliere öffentlich an Sie: Tun sie es nicht! Gruß Georg Rieck

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