Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Öffnungen und Schließungen

Bio-Märkte jetzt größte Kategorie

Weniger Schließungen, aber auch weniger Neueröffnungen prägten das Jahr 2019. Dabei setzte sich der Strukturwandel weiter fort. Eine Auswirkung: Die Fachgeschäfte haben ihre Spitzenposition abgegeben.

Die positive Nachricht zuerst: 2019 machten deutlich weniger Läden ihre Pforten für immer zu als im Jahr zuvor: Gegenüber den 101 Schließungen 2018 waren es im vergangenen Jahr lediglich 70. Allerdings öffneten mit 41 neuen Geschäften auch so wenige wie noch nie in den letzten Jahren. Auch wenn sich die Verkaufsfläche 2019 um rund 8.700 Quadratmeter erhöhte, reduzierte sich die Zahl der Naturkosteinzelhandelsgeschäfte weiter auf jetzt insgesamt 2270. Basis der Zahlen sind die Läden, die Schrot&Korn beziehen. Sie machen rund 90 Prozent aller Bio-Läden, -Supermärkte und Hofläden aus. Das hat ein Abgleich mit den Zahlen des Marktdatenprojekts ergeben, für das 2017 alle bundesweit existierenden Läden erhoben wurden.

Trotz Bio-Booms weniger Naturkostläden

Der erneute Rückgang an Läden bedeutet, dass trotz des anhaltenden Bio-Booms und der positiven Umsatzentwicklung im Naturkostfachhandel die Zahl der Läden mit 100 Prozent Bio-Angebot nicht gehalten werden konnte. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die wachsende Konkurrenz aus LEH, Discount und Drogerien, die ihre Bio-Sortimente nach wie vor weiter ausbauen und dabei zunehmend auf Verbandsware setzen, zählt sicherlich dazu. Verstärkt wird der härter werdende Wettbewerb vom Trend zum One-Stop-Shopping: Wenn Kunden die Möglichkeit haben, vom Waschmittel über Pasta und Getränke bis hin zur Bio-Banane alles in einem Geschäft zu kaufen, suchen viele nicht mehrere beziehungsweise extra einen Bioladen auf. Denn: „Für weit über die Hälfte der Deutschen zählt beim Einkaufen vor allem der Zeitfaktor (59 Prozent)“, so ein Ergebnis der Jahresstudie Nielsen Consumers 2019.

Fachgeschäfte mussten am meisten Federn lassen

Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass im vergangenen Jahr lediglich sieben Bio-Märkte (ab 400 m2), aber 22 Bioläden und sogar 32 Geschäfte zwischen 100 und 399 Quadratmetern schließen mussten. Bitter für die letztgenannte Kategorie: Konnten die Fachgeschäfte ihre Zahl über Jahre hinweg stabil halten, mussten sie 2019 (absolut) am meisten Federn lassen. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass einige von ihnen über 20, vier über 30, und drei gar über 40 Jahre am Markt waren. Das Alter der Ladner beziehungsweise fehlende Nachfolger dürften sicherlich für zumindest einen Teil dieser Schließungen verantwortlich sein. Als Gründe für die Geschäftsaufgabe wurden aber auch die Kündigung des Mietvertrages und die wachsende Konkurrenz von LEH wie Bio-Filialisten genannt.

Bio-Märkte haben jetzt Spitzenposition

Das bleibt nicht ohne Folgen für die Fachhandelslandschaft. Was sich im vergangenen Jahr schon angedeutet hat, ist jetzt Realität: Die Fachgeschäfte haben ihre Spitzenposition an die Bio-Märkte abgeben. Mit 729 Outlets sind Geschäfte von 400 Quadratmetern und mehr 2019 die größte Kategorie.

Wachstumstreiber ist wie schon in den Vorjahren Dennree, auf dessen Konto 14 der neu eröffneten Filialen gehen – und der für 34 Prozent der Gesamtzahl der Öffnungen 2019 steht. Alnatura öffnete im vergangenen Jahr vier Filialen bei zwei Schließungen. In diesem Jahr wollen die Darmstädter wieder mehr Gas geben: Wie Rüdiger Kasch, verantwortlich für Vertrieb und Expansion bei Alnatura, auf der Jahrespressekonferenz Ende 2019 ankündigte, sollen im Geschäftsjahr 2020/21 zehn bis zwölf neue Märkte entstehen.

Auch Weiling legte 2019 weiter zu. Weil er seinen Kunden keine Konkurrenz machen will, betreibt der Großhändler zwar selbst keine eigenen Läden. Allerdings konnte er 2019 fünf der 39 neu gegründeten Geschäfte als Kunden gewinnen. Zusammen mit den Erweiterungen, Relaunches und Umzügen in seinem Kundenkreis, beliefert Weilingin der Summe so knapp 2.400 Quadratmeter zusätzliche Verkaufsfläche. „Und auch für 2020 sind schon wieder viele schöne Pläne in der Mache“, kündigt Unternehmenssprecher Hanjörg Bahmann an.

Bei den regionalen Filialisten gab es bei der BioCompany wie im Vorjahr zwei Neueröffnungen. Mit je einer entfallen die restlichen neuen Filialen auf Ebl, Aleco und Erdkorn (siehe Tabelle).

Geringste Zahl an Neueröffnungen seit Jahren

Was für den Bio-Facheinzelhandel generell gilt, trifft auch auf die „Großen“ zu: 28 Neueröffnungen von Geschäften mit mehr als 400 Quadratmetern ist die geringste Zahl in den vergangenen fünf Jahren, in denen zwischen 32 und 63 Filialen neu eröffnet worden waren. Ein wichtiger Grund dafür dürfte es sein, dass es gerade in mittleren und großen Städten, in denen sich die Filialisten bevorzugt ansiedeln, immer schwieriger wird, geeignete Flächen zu finden.

Dennoch konnten sie 2019 in der Summe rund 15.000 Quadratmeter hinzugewinnen. Insgesamt bewirtschafteten die Filialisten im vergangenen Jahr rund 426.000 Quadratmeter und damit 67 Prozent der gesamten Verkaufsfläche im Naturkosteinzelhandel.

Zahl der Hofläden bleibt weiterhin stabil

Dagegen büßten die kleinen und mittleren Läden 2019 in der Summe rund 5.000 Quadratmeter Verkaufsfläche ein. Anders die Hofläden, die flächenmäßig minimal zulegen konnten. Und das, obwohl die Anzahl bei zwei Neueröffnungen und neun Schließungen leicht zurückging. Mit insgesamt 380 Hofläden blieb deren Summe aber wie schon in den Vorjahren relativ stabil – mit der Tendenz zu größeren Verkaufsräumen.

Bayern bei Öffnungen und Schließungen Spitze

Schlüsselt man die Öffnungen und Schließungen nach Bundesländern auf, zeigt sich, dass Bayern beide Mal vorne liegt: Mit elf neuen Läden ist der Süd-Osten bei den Neueröffnungen Spitze. Allerdings sorgen die 18 Schließungen – ebenfalls der Höchstwert – für eine negative Bilanz. Noch schlechter ist das Verhältnis in Baden-Württemberg, wo auf sechs Neueröffnungen 15 Schließungen kommen. Auch in Nordrhein-Westfalen, das 2018 sieben Neueröffnungen vermelden konnte, ist die Bilanz negativ: Auf zwei neue Geschäfte kommen hier 2019 neun Schließungen. Niedersachsen verliert in der Summe fünf, Brandenburg drei, Thüringen zwei, das Saarland und Bremen je einen Laden. Bei je zwei Öffnungen und Schließungen gleich geblieben ist die Anzahl der Läden in Hamburg. Unter dem Strich positiv abgeschlossen haben Sachsen (+2), Mecklenburg-Vorpommern (+1), Berlin (+1) und Hessen (+1). Weder Neueröffnungen noch Schließungen gab es in Rheinland-Pfalz.

Bilanz in kleinen wie großen Städten negativ

Betrachtet man die Entwicklung nach Ortsgrößen (siehe Grafik S. 12), ist die Richtung im vergangenen Jahr eindeutig: Hatte es 2018 zumindest in den Großstädten mehr Naturkosteinzelhandelsgeschäfte gegeben, als im Jahr zuvor, fällt die Bilanz 2019 überall negativ aus. Allerdings trifft es die Städte bis 25.000 Einwohner (-15 Läden) und die Städte zwischen 25.000 und 100.000 Einwohner (-11) deutlich mehr als die größeren (-3) und Großstädte (-2).

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