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Personalwirtschaft

Wie Bio-Unternehmen Personal suchen, finden und halten

Tipps, wie Unternehmen aus der Bio-Branche Personal gewinnen können, gaben Experten bei einer Veranstaltung des BioHandels auf der Biofach in Nürnberg.

Der Frage, wie Unternehmen aus der Bio-Branche Personal finden und halten können, widmete der BioHandel auf der Biofach-Messe in Nürnberg eine Podiumsveranstaltung. Moderiert von Leon Ginzel tauschten sich dazu Stellenvermittler, eine Fachberaterin und Akteure der Branche aus.

Wer neue Mitarbeiter sucht, sollte das in allen Kanälen und Netzwerken, über die er verfügt, herumerzählen, sagt Jan Strohschein, Geschäftsführer der Greenjobs GmbH, bekannt durch das gleichnamige Jobportal. Heute sei ein Mix von Ansprachen erforderlich, eine klassische Stellenanzeige in der Zeitung oder im Internet funktioniere nicht mehr. Wichtig sei zudem, das Job-Angebot auf die eigene Web-Seite zu stellen, weil Interessenten, die davon anderswo gehört haben, auf die Seite des Arbeitgebers schauen.

Natürlich seien auch Stellenbörsen für die Suche geeignet. Ebenso könnten lokale Unternehmen wie Bioläden ihre Kundschaft von der Suche erzählen. Außerdem böten Orientierungstage an Schulen oder Ausbildungsstätten die Möglichkeit, über offene Stellen und Arbeitsmöglichkeiten zu informieren. Auch Veranstaltungen auf der Biofach seien für die Personalsuche geeignet.

Auf lange Listen von Anforderungen verzichten

Zur Frage, wie potenzielle Bewerberinnen und Bewerber heutzutage in den Stellengesuchen angesprochen werden sollen, empfiehlt Strohschein, authentisch zu kommunizieren, mit echten Mitarbeitern zu werben (keine Stockfotos verwenden) und sie erzählen zu lassen. Auf lange Listen von Anforderungen solle verzichtet werden. Stattdessen müssten die Bewerber mit Schilderungen abgeholt werden, worum es eigentlich bei dem Job geht, wie das Unternehmen funktioniert und welche Arbeits- und Führungskultur etabliert wurde. „Lieber eine Geschichte erzählen, etwas Beispielhaftes, damit sich die Bewerber etwas vorstellen können, zum Beispiel wie ein klassischer Arbeitstag aussieht“, rät Strohschein.

Gehaltsangaben zu machen, zumindest eine Bandbreite, erhöhe die Chancen ungemein. Außerdem müsse entschieden werden, welche Zielgruppen mit Du oder Sie angesprochen werden sollen. Das sei vor allem bei der Kanalauswahl wichtig. Wer nicht nur biodeutsche Mitarbeiter einstellen will, könne dies im Stellengesuch gleich kundtun nach dem Motto: Wir sind ein weißes Team und wollen divers werden.

Bio-Basisschulungen als Präsenzunterricht abhalten

Damit sich das gefundene Personal mit den besonderen Anforderungen der Bio-Branche besser vertraut machen kann und so ermutigt wird, der Branche treu zu bleiben, bietet die Naturkostfachberaterin Birgit Kohl Bio-Basisschulungen an. Ihr Anspruch sei, die Schulungen so aufzubereiten, dass die Teilnehmer am Abend sagen: „Ich will mehr wissen.“ Neben Neueinstellungen aus dem Fachgroß- und Einzelhandel seien auch Edeka-Mitarbeiter, die erstmals mit Bio-Produkten konfrontiert werden, unter den Schülern.

„Die Glaubwürdigkeit unserer Branche ist ein wichtiges Thema für die Teilnehmer. Wer wird kontrolliert, wer kontrolliert wen?“ berichtet Birgit Kohl. Schließlich müsse im Laden die Kundenfrage beantwortet werden, ob das tatsächlich Bio sei. Sie vermittle die Unterschiede zwischen konventioneller und Bio-Landwirtschaft und kläre über Siegel auf: „Ist BioBio ein Siegel?“ Nachfragen nach Nachschulungen seien sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Betrieben vorhanden.

Birgit Kohl empfiehlt Präsenzunterricht, weil die Schüler sonst meist „im Büro ihres Chefs am Bildschirm sitzen, wo ab und zu Mitarbeiter reinkommen und Fragen stellen“. Sie habe so auch keinen direkten Zugang zu den Schülern. Die Unternehmen sparten hier an der falschen Stelle. Meist sei nur eine Übernachtung notwendig, und Besuche von Bauernhöfen brächten besondere Eindrücke. Nachschulungen mit E-Learning-Mittel, wie sie BioHandel anbiete, seien dagegen ohne Präsenz im Nachgang zu Basisschulungen sinnvoll.

Überzeugend motivieren

Michael Kruse, Inhaber des Biomarktes Seenplatte, steht erstmals vor der Aufgabe, neue Mitarbeiter zu finden. Ihn treibt die Frage um, wie er potenzielle Bewerber motivieren kann, bei ihm zu arbeiten. „Wenn wir qualifizierte Menschen für unsere Arbeit gewinnen wollen, dann brauche ich erstmal Klarheit. Was ist meine Stimmung, was ist meine Überzeugung, was muss ich verändern?“, sagt er und stellt sich die Frage, ob er motivierend sei und seinen Typ ausstrahlen lassen müsse. Millionär könne bei ihm schließlich keiner werden, es gehe eher um „Möhren sortieren“.

Die Übernahme von Verantwortung spiele in seinem zehnköpfigen Team eine wesentliche Rolle und sei praktisch ein Markenkern. Die Käsetheke sei längst in der Hand seiner Mitarbeiter, er kenne sich dort am wenigsten aus. Deshalb sei es naheliegend, auch neuen Mitarbeitern die Chance zu geben, Verantwortung zu übernehmen. Kruse habe dadurch mehr Zeit für seine eigentlichen Aufgaben als Geschäftsführer. Diese Zeit nutze er zum Beispiel für die Kommunikation mit den Beschäftigten und könne so jeden „mitnehmen“ und für Führungsaufgaben vorbereiten. „Führung bringt Grundvertrauen entgegen und kommt irgendwann zurück“, sagt er. Eine Begegnung auf Augenhöhe, ohne zu vergessen Chef zu sein, strebe er an. Ob er mit diesem USP neue Mitarbeiter findet, muss sich noch herausstellen.

Transparent sein und Versprechen halten

Um neue Mitarbeiter näher an den Betrieb heranzuführen und zu halten, hat Byodo Naturkost zunächst ihre Hausaufgaben gemacht. „Wir haben uns gefragt, was sind eigentlich die Unternehmenswerte, die wir immer schon leben, aber nie aufgeschrieben haben?“, berichtet Geschäftsführerin Stephanie Moßbacher.
Jetzt seien die Werte zu Papier gebracht worden und könnten den Neuen in Einarbeitungs-Workshops übermittelt werden.

Durch Mitarbeiterzufriedenheitsbefragungen werde regelmäßig geprüft, ob es irgendwo Missstände gibt. Die Befragungen führe jedoch nicht die Geschäftsführung durch, sie werde von Beschäftigten organsiert und ausgewertet. Wichtig sei dem Unternehmen auch Transparenz und die Notwendigkeit, sich an Versprechen zu halten.

Personalkosten oder Personalvermögen?

In der anschließenden Fragerunde gab der scheidende Reformhaus-Vorstand Rainer Plum noch den Tipp, dass die aktuell Beschäftigten ihren Arbeitgeber auf dem Kununu-Portal bewerten sollten. Andersfalls würden sich dort oft negative Bewertungen von ehemals Beschäftigten häufen. Plum gab auch den Hinweis, dass das Personal bei den buchhalterischen Begrifflichkeiten in einem negativen Licht stehe. So sei bei Maschinen von „Anlagevermögen" die Rede, bei Mitarbeitenden von „Personalkosten".

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