Biohandel

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Ladenportrait

Bogners Bio: Mühlenladen im bayerischen Grenzgebiet

Das klare Konzept von Bogners Bio überzeugt Kunden über die Landesgrenzen hinaus. Gleich dreimal in zehn Jahren hat der Mühlenladen die Schrot&Korn-Leserwahl als bestes Bio-Fachgeschäft gewonnen.

Manche Einzel­händler mögen jammern, für Ulrike Bogner aber war 2020 ein gutes Jahr – nicht trotz, son­dern wegen Corona. Klar, die Arbeit mit Maske ist be­schwerlich. Aber der Umsatz kletterte um mehr als 20 Prozent, und 2021 verspricht, noch besser zu werden, sagt Ulrike Bogner, Inhaberin von Bogners Bio. Gerade erst haben die Leser von Schrot&Korn ihr Geschäft in der Kategorie Bio-Fachgeschäft zum Besten Bio-Laden 2021 gekürt. Es ist bereits das dritte Mal. 2016 und 2013, ein Jahr nach der Eröffnung, hat­te Bogner bereits den ersten Platz gewonnen.

Bei der Gründung vor neun Jahren war ihr noch vor allem eins entgegengeschlagen: Skepsis. „Der Einzige, der an uns geglaubt hat, war Öko­ring, vor allem Jan van Oijen, ohne den gäbe es uns nicht“, ist sich Bogner sicher. Alle an­deren hätten abgeraten. Kein Wunder, denn der Laden in einer Mühle liegt – vorsichtig gesagt – im Nichts, außer­halb von Waldkirchen und seinen 10.000 Einwohnern. Die Grenze zu Tschechien ist nicht weit. Früher war das hier Zonenrandgebiet. Noch heute gilt der Landkreis Freyung-Grafenau, zu dem Waldkirchen gehört, als strukturschwach. Mit einer Bevölkerungsdichte von 80 Einwohnern pro Quadrat­kilometer ist es eines der am dünnsten besiedelten Gebiete Bayerns.

Großes Einzugsgebiet

Auch das politische Umfeld scheint nicht so, als sei hier mit Bio-Produkten viel zu ho­len. Bei der Kommunalwahl 2020 holte die konservative Bayernpartei in Waldkirchen 13,2 Prozent der Stimmen. Zum Vergleich: Bayernweit waren es gerade mal 0,5 Pro­zent. Einen ihrer bislang vier Sitze musste die Partei dabei abgeben. An Ulrike Bogner. Sie kandidierte für die erst­mals antretenden Grünen, die direkt zwei Sitze eroberten. Dazu hat Bogner auch noch ein Mandat im Kreisrat. „Mir war gar nicht bewusst, dass Stadtrat so viel Arbeit ist“, sagt sie. Die läuft zusätzlich, neben dem Laden. Und der brummt.

„Die Leute kaufen mehr, weil die Gastronomie ge­schlossen hat“, so Bogner. Auch ihr Bistro ist zu. Aber das ist dank der gestiege­nen Nachfrage nicht weiter schlimm. Anfangs, im ersten Lockdown im März 2020, er­kundigten sich Kunden, ob sie einen Lieferdienst einrichten könne. Aber dafür haben sie und ihre vier Angestellten keine Kapazitäten. „Ein paar ältere Kunden rufen vorher an, denen stellen wir alles zusammen und tragen’s raus ins Auto rein“, erläutert die Ladnerin. Aber jeden einzeln beliefern, das geht nicht. Zu­mal das Einzugsgebiet groß ist, rund 30 Kilometer im Umkreis, von Neuschönau im Norden über Haidmühle im Osten, Perlesreut im Westen bis Passau im Süden.

Touristen statt Laufkundschaft

99 Prozent sind Stamm­kunden. Und es kommen immer weitere dazu, ins­besondere junge Familien. Nur die Stammkunden aus Tschechien und Österreich bleiben derzeit Corona-bedingt jenseits der Grenze. Für Lauf­kundschaft liegt der Laden zu abgelegen. „Aber Touris­ten kommen“, sagt Bogner. Klar, so nah am Nationalpark Bayerischer Wald und direkt am Wanderweg durch das Naturschutzgebiet Saußbach­klamm. Ein paar Kunden ver­binden auch den Besuch des weit über die Region hinaus bekannten Waldkirchener Modegeschäfts Garhammer, Bogners früherem Arbeitgeber, mit einem Abstecher in den Bioladen.

Bei Garhammer war Bogner als Dekorateurin beschäftigt, und das merken Besucher ihres Ladens. Dezent platzierte Dekoration wie ein Schaf aus Holz und Stoff in der Nische vor einem kleinen Fenster zeigen Liebe zum Detail und setzen einen Kontrast zu den klaren Linien im Inneren des 300 Jahre alten Gemäuers. Bogners Bio ist der einzige Bioladen weit und breit. „Au­ßer uns gibt es hier nichts“, erklärt Bogner. Zu Beginn war noch nicht klar, ob sich das Konzept gegen den örtlichen Edeka durchsetzen würde, aber der ist keine Konkurrenz. Die nächsten Bioläden sind circa 20 Kilometer entfernt, und in Passau gibt es drei Bio-Supermärkte. „Unsere Kunden sagen, wir wären bes­ser in der Frische“, freut sich Bogner.

Was es hier an regionalem Bio gibt, versuche ich im Laden anzubieten.

Ulrike Bogner

Nur bei regionalen Produkten wird es schwierig. Eine Bio-Region ist der Bayerische Wald nicht. „Was es hier an regionalem Bio gibt, versuche ich im Laden anzubieten“, sagt Bogner. Zum Beispiel Heumilch, Backwaren, Honig, Fleisch, etwas Obst und Ge­müse. Ansonsten ist für Wald­kirchen alles regional, was im Umkreis von bis zu 150 Kilometern produziert wird, sagt Bogner: „Das regionalste ist der österreichische Biohof Achleitner, und der ist 70 Kilo­meter entfernt.“

Sortiment spiegelt Werte

„Wir haben für unsere La­dengröße einen hohen Durch­schnittsbon, dafür haben wir durch die fehlende Laufkund­schaft eine geringere Kun­denzahl“, sagt Bogner. Den meisten Umsatz erzielt sie mit Obst und Gemüse, gefolgt von Käse: „Vor allem die Klassiker Emmentaler und Bergkäse sind gefragt“. Fast 4.000 Artikel hat Bog­ner im Sortiment. Auf 100 Quadratmetern wird es da schon eng. Aber erweitern will die Inhaberin nicht: „Wäre ich 20 Jahre jünger, würde ich das anders sehen, aber ich bin jetzt 52 und werde nur noch zehn bis 15 Jahre ar­beiten.“ Wie es dann mit dem Laden weitergehen wird, ist noch nicht klar. Sohn Chris­toph ist Informatiker, Tochter Sarah Polizistin. „Die verdie­nen beide mehr als ich durch den Laden“, weiß Bogner.

Zwar sei es schön, dass das Geschäft gut laufe. Aber es gehe ihr nicht ums Geld, son­dern um ihre Lebenseinstel­lung, sagt Bogner. Das wirkt sich auch aufs Sortiment aus. Was nicht zu ihrer Lebens­philosophie passt, fliegt raus. Logocos zum Beispiel, nach der Übernahme durch L’Oréal. Auch Allos suchen Kunden vergeblich. „Mir gefällt die Einstellung des Konzerns dahinter nicht“, stellt Bogner klar und meint damit die Allos-Mutter Ecotone. Die Mol­kereiprodukte von Berchtesga­dener Land mussten teilweise Schrozberger-Ware weichen, die vermehrt in Glas statt in Plastik verpackt ist. Im Kaf­feeregal stehen die Produkte der kleinen Rösterei Merchant & Friends.

Persönliche Kontakte zu Unternehmen

Auch Bio-Siegel spielen eine Rolle. Manchmal muss es das schwache EU-Siegel sein, aber Bogner versucht, den Durch­schnittsstandard hoch zu hal­ten: „Ich schau, dass ich viele Demeter-Produkte da habe.“ Im Vorteil sind zudem Herstel­ler, die persönlichen Kontakt halten. „Von Voelkel stammen fast alle Getränke, weil ich die Inhaber kenne und ihre Ein­stellung schätze“, sagt Bogner. Sonnentor sei auch so eine Marke, Bauckhof und Rapunzel ebenso. Und mit Ökoring hat sie Bio-Landwirte in Spanien und Italien besucht.

Bogners nächstes Ziel: 100 Prozent Ökostrom. Bis­lang stammt erst ein Teil der Stromversorgung aus Er­neuerbaren. Nach dem Sieg bei der Schrot&Korn-Leser­wahl hat sie Ende des Jahres einen weiteren Grund zum Feiern: „Dann haben wir die Kredite, die wir bei der Grün­dung aufgenommen haben, abgezahlt.“

Ladenportrait im Video

Zahlen – Daten – Fakten

Inhaberin: Ulrike Bogner

Adresse: Saußmühle 2, 94065 Waldkirchen

Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr: 8:00 – 18:00, Mi, Sa: 8:00 – 13:00 Uhr

Eröffnung: 2012

Verkaufsfläche: 100 Quadratmeter

Mitarbeiter: 4 Angestellte

Produktzahl: fast 4000

Großhändler/Lieferanten: Ökoring, Chiemgauer, Biogast, Rapunzel

Webseite: www.bognersbio.de

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