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Wie Sie kreativen Schwung in Ihre Teamsitzung bringen

Teambesprechungen moderieren - das ist auch eine Sache der Methode. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit '5 Standpunkten' oder 'dynamischer' Moderation auf Probleme reagieren, bei denen Kreativität gefragt ist.

Stellen Sie sich vor, Sie möchten Ihrem Team die neuen Hygiene-Standards nach HACCP vorstellen. Dann kommen Sie als Moderator gut zurecht, wenn Sie die Sitzung intensiv vorbereitet haben und die verschiedenen Maßnahmen vorstellen. Um längere Diskussionen geht es hier nicht, sondern um Information. Wie aber steht es, wenn es für ein Problem keine eindeutigen Lösungswege gibt? Oder wenn es starke emotionale Reaktionen hervorruft? Dann eignen sich kreative Methoden.

Die erste Methode fu üt auf den '6 Hüten' von Edward de Bono. Ich habe sie abgewandelt zur '5-Standpunkt-Methode', da der Begriff 'Standpunkt' besser zu unseren Sprachgewohnheiten passt. Vor allem das Beharren auf scheinbar unverrückbaren Standpunkten verhindert oft eine ausgewogene Betrachtung eines Themas. Bei der Methode geht es darum, eine Situation, eine Anforderung oder ein Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln anzusehen.

Diese fünf Blickwinkel heißen:

  1. Fakten, Fakten, Fakten: der objektive, sachliche Blick.
  2. Die Gefühlslage: der intuitive Baucheindruck, keine Pflicht zum Beweis.
  3. Die objektiv positiven Aspekte: Welche Chancen bestehen? Begründeter Optimismus.
  4. Die negativen Aspekte: Was alles könnte objektiv passieren? Die Risiken, die Gefahren, die Unwägbarkeiten. Bewusste Schwarzmalerei. Begründeter Pessimismus.
  5. Der ganz andere Weg: der kreative Blick. Den Rahmen sprengen. Die Alternativen, an die bisher noch niemand gedacht hat.

Der Gesprächsleiter hat bei dieser Methode die Aufgabe, die Teilnehmer anzuhalten, nur aus der jeweiligen Sichtweise zu sprechen - und nicht, wie sonst üblich, dauerhaft oder wechselweise unterschiedliche Standpunkte einzunehmen. Er soll dafür sorgen, dass alle Sichtweisen zu Wort kommen. Eventuell kann er die Beiträge zusammenfassen und ein Fazit für die Umsetzung ziehen.

Beispiel: Einführung einer Check-Out-Waage

Um zu verdeutlichen, was die Methode leisten kann, möchte ich ein in den Argumenten gekürztes Beispiel anführen: Ein Ladenteam berät über die Einführung einer Check-Out-Waage, also eine in das Kassensystem integrierte Waage. Im Team gibt es eher Vorbehalte

Die Faktenlage: Erheblicher Stau in Sto üzeiten in der Obst/Gemüse-Abteilung. Kunden behindern sich gegenseitig beim Selbstwiegen. Beschwerden von Kunden. Verz gerungen an der Kasse, da Kunden immer wieder vergessen, Teile zu wiegen. Eine Umrüstung würde Betrag X kosten.

Die Gefühlslage: Der Unmut der Kunden wird gespürt. Die Veränderung wirkt erleichternd. Es sind aber Befürchtungen zu spüren, dass dann mehr Arbeit bei Kassenkräften landet.

Die positiven Aspekte: Der Verzicht aufs Wiegen durch den Kunden wird den Einkauf in der Obst/Gemüse-Abteilung erleichtern. Die Kunden werden sich besser verteilen, da sie sie nicht mehr auf eine Stelle konzentriert sind. Durch mehr Ruhe in der Abteilung werden Verweildauer und Umsatz steigen. Der Laden wird mehr Platz für Präsentation haben. Diebstahl durch bewusstes Falschwiegen wird vermieden.

Die negativen Aspekte: Kunden, die das alte System gewohnt sind, müssen sich umstellen. Der Aufwand für die Kasse wird größer, der Ablauf könnte länger dauern, das Warteproblem wird sich vielleicht nur verlagern. Es kann zu Reklamationen an der Kasse kommen, wenn sich Kunden den zu zahlenden Preis zuvor nicht selbst klar gemacht haben.

Der ganz andere Weg: eine zweite SB-Waage anschaffen. Und: die Preisvielfalt in der Obst- und Gemüse-Abteilung verringern, damit die Auswahlmöglichkeit an der SB-Waage reduzieren, und folglich die Geschwindigkeit erh hen.

Checkliste

Die Entscheidung für eine mehr konventionelle oder für eine mehr kreative Methode hängt davon ab, wie genau der Auftrag an das Besprechungsteam aussieht. Es lohnt sich, wenn sich der Moderator vorab mit folgenden Fragen beschäftigt, bevor er den Auftrag formuliert:

  • können wir sofort nach Lösungen fragen?
  • Müssen wir erst nach Ursachen fragen?
  • Müssen wir erst die Teile des Ganzen herausfinden?
  • Brauchen wir verschiedene Sichtweisen?
  • Sollten wir - innerhalb einer Struktur - chaotisch arbeiten?

Werden die Fragen vier und/oder fünf mit ja beantwortet, sollte man die beiden in diesem Artikel behandelten Methoden in Betracht ziehen.

Die Methode ist geeignet für kleine wie größere Besprechungsteams. Einzelpersonen können den jeweiligen Standpunkt genauso einnehmen wie Gruppen. Man kann Personen, die ohnehin für eine bestimmte Maßnahme sind, den positiven Aspekt herausarbeiten lassen. Genauso aber ist möglich, diesen Part ablehnenden Kollegen anzubieten - auf Zeit, ohne dass sie damit ihren persönlichen Standpunkt verlassen müssten. Ziel ist dann ein Beschäftigen mit der konträren Meinung. Die Standpunkte könnten auch von allen nacheinander eingenommen werden: Erst werden Fakten dargelegt, das Bauchgefühl, die Vorteile, die Nachteile etc.

Dieses Einnehmen verschiedener Blickwinkel hilft, eine Situation ausgewogen zu betrachten und kann helfen, von festgefahrenen Positionen herunterzukommen. Auch für die persönliche Entscheidungsfindung ist die Methode gut geeignet.

Es lohnt sich, tatsächlich 'Stand-Punkte' im w örtlichen Sinn zu benutzen. Ich lege große verschiedenfarbige Punkte in einigem Abstand auf den Boden. Das macht es einfach, sich einem Standpunkt zuzuordnen und ihn sichtbar zu wechseln. Und erinnert daran, dass es nur ein Standpunkt unter mehreren ist, den man momentan vertritt.

Die dynamische Moderation

Die zweite eher unübliche Methode ist geeignet für unwägbare oder emotional aufgeladene Themen. Sie wird dynamische Moderation genannt und funktioniert nach einem einfachen Verfahren: Es gibt vier Plakate mit folgenden Überschriften: Probleme, Lösungen, Bedenken, Informationen/Sichtweisen.

Auf der Liste der Probleme werden alle Aussagen gesammelt, die das Problem beschreiben. Auf dem Lösungsblatt alle Lösungsvorschläge, und bereits hier beginnt das Dynamische, Chaotische der Methode. Denn: Die Lösungen werden den Problemen nicht zugeordnet. Die beiden Plakate Problem und Lösung können so aussehen:

Probleme

  • Wir bekommen eine Baustelle vor den Laden.
  • Wir könnten deutlich Umsatz verlieren.
  • Wir sind dabei, das Team personell zu verstärken - was tun?
  • Es ist noch nicht klar, ob der Bau im März oder erst im Herbst beginnt und wie lange er dauert.
  • Wird unsere Straße Sackgasse oder bleibt sie einspurig?
  • Selbst wenn einspurig, bekommen wir ein Parkproblem.
  • Wie sieht's mit dem Dreck aus?

Lösungen

  • Gespräch mit Kollegin X über Zeitplanung für Einstellung.
  • Kontakt zum Vermieter für a) Informationen, b) Zusammenarbeit und später c) finanzielles Entgegenkommen.
  • Klärung, welche Rechte wir haben.
  • Kontakt zum Bauamt wegen Umfang der Maßnahme.
  • Verschiedene Szenarien wirtschaftlicher Auswirkungen aufstellen, damit wir planungsfähig bleiben.

Bedenken

Wenn Sie jetzt beim Lesen des Beispiels finden, eine Lösung sei unrealistisch, dann käme genau dieser Gedanke auf die Bedenkenliste. Die könnte so aussehen:

  • Vorsicht beim Vermieter: Informationseinholung ja, auf Geld ansprechen geht gar nicht.
  • Abwarten vergrößert das Risiko.
  • Wir brauchen Kollegin X und wissen noch nicht mal genau, was Sache ist.
  • Bei dieser Methode geht es nicht darum, etwas auszudiskutieren und dann den wohlabgewogenen Vorschlag zu Papier zu bringen. Die Methode ist schnell, sie stellt Aspekte nebeneinander und ist eine Sammlung von allem, was ein Team zu einem bestimmten Thema hervorbringt.

Informationen und Sichtweisen

Auf dem Blatt für Informationen und Sichtweisen könnte stehen:

  • Der Mann von Kollegin A kennt jemand bei der Stadt.
  • An Aktionsplanung denken, wenn Ostergeschäft betroffen.
  • Ich hab Schiss, dass uns das richtig runterzieht.
  • Die Information ist mies: Beschwerde an die Stadt überlegen.
  • Zeitkürzungen: Wollte ohnehin Stunden abgeben.

Das Schöne an der Vorgehensweise ist: Sie erlaubt sprunghaftes Arbeiten und ist trotzdem geordnet. Man wechselt beliebig von einer Liste zur anderen. Es geht nichts verloren. Man ist als Teammitglied nicht nur aufgefordert, nach Lösungen zu suchen, sondern darf und soll seine Bedenken äußern, ohne dass jeder Widerspruch ausdiskutiert wird. Man fährt sich nicht im Negativen fest. Manche Lösungen taugen für mehrere Probleme. Es werden am Schluss nicht die Bedenken den Lösungen gegenübergestellt und gegeneinander aufgewogen. Oft ist die schlagende Lösung allen ganz klar und man kann in eine Maßnahmenplanung übergehen.# Die dynamische Methode erfordert ein Team, das ein Interesse daran hat, ein Problem gemeinsam zu l sen, da aktive Beteiligung erforderlich ist. Der Gesprächsleiter sollte den Teilnehmern die Beiträge nicht aus der Nase ziehen müssen. Und er sollte einen wenig analytischen und nicht in eine logische Abfolge unterteilten Ablauf aushalten können - und die damit verbundene Ungewissheit.

Ernst Härter

Moderator und Kommunikationsberater
www.ernst-haerter.de

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