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Überdüngung im Hühner-Auslauf: Ein Problem sickert ins Bewusstsein

Die Vogelgrippe klingt langsam aus, die Bundesländer lockern die Aufstallungspflicht, viele Bio-Hennen dürfen nun endlich wieder ins Freie. Während die Tiere sich freuen, werden die endlich wieder benutzbaren Ausläufe zum Thema. Stichwort Überdüngung.

Die Vogelgrippe klingt langsam aus, die Bundesländer lockern die Aufstallungspflicht, viele Bio-Hennen dürfen nun endlich wieder ins Freie. Während die Tiere sich freuen, werden die endlich wieder benutzbaren Ausläufe zum Thema. Stichwort Überdüngung.

Die taz berichtete Anfang April über eine noch unveröffentlichte Studie von Jürgen Heß, Professor für Ökolandbau an der Universität Kassel/Witzenhausen. Er hatte mit seinen Mitarbeitern auf einem Geflügelhof in Nordrhein-Westfalen zwei Mobilställe mit je 220 Legehennen verglichen. Der eine blieb anderthalb Jahre am gleichen Platz, als wäre er ein stationärer Stall, der andere wurde fleißig bewegt. Wenn die Tiere draußen sind, lassen sie dort auch Kothäufen fallen, wegen des Stickstoff- und Phosphorgehalts eigentlich ein begehrter Dünger, der allerdings im Auslauf nicht genutzt wird. Monatliche Bodenproben zeigten, dass beim stationären Stall zwar die von der EU-Ökoverordnung zugelassene Düngermenge von 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar (kg/ha) und Jahr eingehalten wurde – bezogen auf den Gesamtbetrieb. Da sich die Hühner bevozugt in Stallnähe aufhielten, war die Belastung allerdings sehr ungleich verteilt und die stallnahen Flächen überdüngt.

Beim konsequent und regelmäßig bewegten Mobilstall reicherte sich kein Stickstoff im Boden an. Allerdings kamen die Tiere auch immer wieder auf neue Teilstücke des Schlages, so dass jedem Huhn rechnerisch ein Auslauf von 32 Quadratmetern zur Verfügung standen, vorgeschrieben sind nur vier Quadratmeter, beim stationären Stall waren es fünf. „Wir weisen seit Jahren auf das Problem hin, dass es in den Geflügelausläufen zu einer partiellen und sehr deutlichen Überdüngung kommt“, sagte Jürgen Heß im Gespräch mit bio-markt.info und betonte, dass dies nicht nur für Bio-Geflügel gelte, sondern auch in der konventionellen Freilandhaltung. „Dort dürfte das Problem sogar noch größer sein, weil mehr Tiere im Stall erlaubt sind und die Betriebe insgesamt mehr Tiere halten.“

Auch kleine Herden überdüngen den Auslauf

Das Bemerkenswerte an der Studie aus Witzenhausen ist, dass es bereits bei einer kleinen Herde von 220 Tieren zu einer partiellen Überdüngung kam. Drei Viertel aller deutschen Bio-Legehennen stehen in Betrieben mit mehr als 10.000 Tieren. Dort sind die Ausläufe oft so angelegt, dass sie schmal und lang sind, mit dem Ergebnis, dass die Hühner nur einen kleinen Teil der Fläche nutzen, den aber intensiv. Mit dem Kot der Tiere reichert sich der Stickstoff an und weil dort nach wenigen Wochen kein Gras mehr wächst, wird er auch nicht verbraucht, sondern sickert als Nitrat mit dem Regen in den Boden.

Neu ist das Problem nicht. Schon 2001 wies die niedersächsische Regierungskommission Zukunft der Landwirtschaft auf die Überdüngung in Stllnähe hin. 2005 untersuchte die Landwirtschaftskammer Weser-Ems das Kotverhalten und die Stickstoffbelastung einer Freilandhaltung mit 4.500 Tieren. Dabei wurden im stallnahen Bereich Stickstoffeinträge festgestellt, die hochgerechnet einer Konzentration von 1.000 bis 2.000 kg/ha entsprechen würden. Bezogen auf den ganzen Auslauf war die Obergrenze von 170 kg/ha ausgeschöpft. „Ausgehend vom punktuellen Nährstoffanfall wären Maßnahmen zum Schutz des Bodens im stallnahen Bereich (vgl. ELBE, 2003) sinnvoll,“ folgerten die Autoren der Studie.

Die Tiere brauchen mehr Auslauf

Um die Überdüngung zu verringern wäre eine Möglichkeit, den Tieren mehr Auslauf zu gewähren. „Die Vorgabe von vier Quadratmetern Auslauf pro Tier ist eindeutig zu niedrig“, sagt Heß. Doch auch wenn den Tieren mehr Platz zur Verfügung stünde, müssen sie ihn erst einmal nutzen. Mit Strukturelementen wie Unterständen, Sträuchern oder Hecken versuchen die Landwirte, die Tiere weiter hinaus ins Freie zu locken.

Doch die Erfolge sind begrenzt. „Bis zu 25 Meter geht das recht gut, haben die Ethologen, also die Tierverhaltensforscher, herausgefunden, danach wird es richtig aufwändig“, sagt Jürgen Heß. Er setzt deshalb auf Maßnahmen im stallnahen Bereich. „Das einfachste wäre eine riesige Betonplatte, die verhindert, dass der Stickstoff mit dem Regenwasser ausgewaschen wird, aber wer will so eine Platte schon?“ Holzhackschnitzel oder Kies als Einstreu verhindern zwar, dass sich in Stallnähe Schlamm und Pfützen bilden, den Stickstoffeintrag verringern sie jedoch kaum.

Auf der Suche nach Lösungen

In einer Studie zusammen mit konventionell und ökologisch wirtschaftenden Eier-Erzeugern will Heß nun nach wirkungsvollen und gut umsetzbaren Möglichkeiten suchen, die partielle Überdüngung in Stallnähe zu vermeiden. Denn für bestehenden Betriebe ist es kaum möglich, an der Anordnung von Ställen und Ausläufen etwas zu ändern. Bei Neuanlagen empfiehlt der Ökolandbau-Experte, von vorneherein darauf zu achten, dass deutlich mehr Auslauf als vorgeschrieben zur Verfügung steht und dieser wechselweise genutzt werden kann. Damit könne sich die Grasnarbe erholen. Alternativ ließen sich dort auch Pflanzen anbauen, die dem Boden Stickstoff entziehen.

Auch wenn die formelle Grenze von 170 kg/ha, die für den Betrieb als Ganzes gilt, eingehalten wird, hält Jürgen Heß es für notwendig, zu handeln: „Wir müssen verhindern, dass Nitrat ausgewaschen wird, schließlich hat der Ökolandbau den Anspruch, das Grundwasser zu schonen.“

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