Biohandel

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Strukturen im Naturkost-Einzelhandel: Was sich seit 2010 verändert hat

Im Auftrag des BNN hat der bio verlag Daten zur Struktur des Naturkosteinzelhandels erfasst. Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Projekt ermittelte 2.516 Läden und damit 170 mehr als im Jahr 2010 gezählt wurden.

Im Auftrag des BNN hat der bio verlag Daten zur Struktur des Naturkosteinzelhandels erfasst. Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Projekt ermittelte 2.516 Läden und damit 170 mehr als im Jahr 2010 gezählt wurden.

Strukturelle Veränderungen im Naturkostfachhandel machen neugierig auf Vergleichszahlen. Die liefert das Marktdatenprojekt, indem es Erhebungen aus dem Sommer 2017 denen des Jahres 2010 gegenüberstellt. Dadurch konnten nicht nur Aussagen zur Anzahl der Verkaufsstellentypen und ihrer regionalen Verteilung gemacht werden, sondern auch zur Entwicklung des Naturkostfacheinzelhandels im genannten Zeitraum.

Zahl der Bio-Supermärkte mehr als verdoppelt

Die am Markt wahrnehmbare Veränderung der Ladenstruktur hin zu größeren Verkaufsflächen wird vom Marktdatenprojekt mit Zahlen belegt: Danach hat die Anzahl der Bio-Supermärkte in den vergangenen sieben Jahren um 130 Prozent zugenommen. Zur Gruppe der Bio-Supermärkte wurden Läden mit einer Mindestverkaufsfläche von 400 Quadratmetern gezählt, soweit sie nicht einem Hofladen-Typ entsprechen.

Als Bio-Fachgeschäft wurden alle Läden bis 399 Quadratmeter Verkaufsfläche bezeichnet (Untergliederung nach Größenklassen in Schaubildern). In dieser Kategorie gab es einen Rückgang von 14 Prozent. Insgesamt konnte der Naturkosteinzelhandel die Anzahl seiner Outlets um sieben Prozent auf 2.516 Läden steigern.

Von rund 96 Prozent der Verkaufsstellen konnte die genaue Verkaufsfläche ermittelt werden: In der Summe verfügt der Naturkosteinzelhandel über 626.373 Quadratmeter. Das entspricht einem Wachstum von rund 62 Prozent seit 2010. Rechnet man pauschal vier Prozent hinzu, ergibt das eine gut merkbare Verkaufsfläche von 650.000 Quadratmetern.

Der konventionelle LEH bringt es auf rund 35 Millionen Quadratmeter, plus fünf Prozent seit 2010. Auf Bio-Supermärkte entfallen 63 Prozent der Verkaufsfläche, obwohl dieser Betriebstyp mit 678 Outlets nur einen Anteil von 27 Prozent an der Gesamtladenzahl hat. Bei den Bio-Fachgeschäften ist das Verhältnis in etwa umgekehrt: Während deren Anteil an der Zahl der Outlets 60 Prozent beträgt, verfügen sie nur über 32 Prozent der Verkaufsfläche.

Die durchschnittliche Verkaufsfläche aller Geschäfte hat sich seit 2010 von 171 auf 259 Quadratmeter vergrößert, wobei die Bio-Supermärkte mit 585 Quadratmetern deutlich über dem Durchschnitt liegen.

Die Kriterien der Studie

Bei der Befragung der Verkaufsstellen wurden über 4.000 Adressen kontaktiert. Davon konnten rund 900 Läden als geschlossen identifiziert werden. 3.067 Verkaufsstellen erfüllten 2.516 die Kriterien, die 2010 festgelegt und für die Vergleichbarkeit unverändert übernommen wurden:

  • Stationäre Verkaufsstelle
  • Vollsortiment an Lebensmitteln (Abdeckung der Bereiche Mopro, Brot/Backwaren, O[&]G, Getränke, Trockenprodukte)
  • Anteil Bio-Lebensmittel am Lebensmittelsortiment mindestens 95 Prozent
  • bei Hofläden jährlicher Zukauf von Lebensmitteln in Höhe von mehr als 50.000 Euro.

Das letzte Kriterium wurde gewählt, um nur die Hofläden einzubeziehen, die mindestens den Standard kleiner Bioläden erfüllen. Befragt wurden alle Verkaufsstellen anhand eines standardisierten Fragebogens, der schriftlich oder per Telefon beantwortet werden konnte.

Die Datenerhebung wurde im Sommerhalbjahr 2017 durchgeführt. Trotz des zugesicherten Datenschutzes waren 92 Läden leider nicht bereit, Auskunft über ihre Verkaufsfläche zu geben. Bei der Nennung des Umsatzes machten 942 der 2.516 Läden Angaben, so dass sich der Gesamtumsatz des Naturkosteinzelhandels weiterhin nur schätzen lässt. Über Zusatzangebote für die Kunden gab gut die Hälfte der Läden Auskunft.

Bayern und Baden-Württemberg haben die meisten Bio-Läden

Bei den Verkaufsstellen nach Bundesländern liegt der Freistaat Bayern klar vorn, gefolgt von Baden-Württemberg und nur knapp dahinter Nordrhein-Westfalen. Die Zahlen dokumentieren sowohl ein Süd-Nord- als auch ein West-Ost-Gefälle, was die Verbreitung von Biomärkten angeht.

Diese Verteilung gilt für alle Betriebstypen. Die neuen Bundesländer weisen aber zum Teil hohe Wachstumsraten auf: Sachsen und Thüringen haben Wachstumsraten von jeweils 37 Prozent. Nicht zu vergessen die Bundeshauptstadt Berlin mit einem Zuwachs an Bio-Verkaufsstellen von 54 Prozent. Die Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern liegt bei Minus sechs Prozent. Brandenburg verzeichnet Minus drei Prozent seit 2010. Auch in Rheinland-Pfalz ist eine Ausdünnung der Bio-Verkaufsstellen festzustellen, allerdings mit 102 Läden auf höherem Niveau als in Mecklenburg-Vorpommern, wo nur noch 33 Läden existieren.

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Trotz des verstärkten Einstiegs des LEH in den Vertrieb von Bio-Produkten haben in den sieben Jahren 170 Läden zusätzlich eröffnet – bei den Verkaufsflächen kann sogar von großer Dynamik gesprochen werden: In allen Bundesländern gab es Zuwächse, die teilweise im dreistelligen Prozentbereich liegen. Die Grafik unten zeigt die Verteilung der Verkaufsflächen auf die einzelnen Größenkategorien. Zu erkennen ist, dass Bio-Läden bis 200 Quadratmeter Verkaufsfläche insgesamt rückläufig sind, während die Bio-Supermärkte (ab 400 qm) mit zusammen 15 Prozent-Punkten stark zulegten. Verteilt auf die Bundesländer, hat Bayern auch bei der Verkaufsfläche die Nase vorn. Doch an zweiter Stelle ist nicht wie bei der Anzahl der Verkaufsstellen Baden-Württemberg zu finden, sondern Nordrhein-Westfalen. Die zahlreichen Ballungsräume dort lassen offenbar eher Großflächen zu als im Musterländle.

Dass die Verkaufsflächen mit dem Grad der Urbanisierung stark zunehmen, ist auch beim Vergleich von Niedersachsen mit Berlin festzustellen: Die Bundeshauptstadt bietet über 68.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, während das Flächenland Niedersachsen mit der doppelten Einwohnerzahl nur auf rund 54.000 Quadratmeter kommt. Entwicklungsländer bei der Bio-Verkaufsfläche sind Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen, wobei das letztgenannte Land mit 162 Prozent den größten Wachstumsschub hatte, allerdings nur auf niedrigem Niveau.

Viele Bio-Läden mit Bistro und Cafébar

Über Zusatzangebote machte gut die Hälfte der Läden Angaben. Mehr als 40 Prozent konnten mit einem Bistro oder einer Cafébar aufwarten. Die großen Märkte lagen jedoch beim Lieferservice weit hinten und auch Marktstände wurden von ihnen kaum betrieben. Hier lagen Hofläden deutlich vorn. Online-Shops sind dagegen bei den Bio-Supermärkten öfter anzutreffen.[nbsp]

Über 25.000 Beschäftigte im Naturkostfachhandel

Zur Zahl der Mitarbeiter äußerte sich ebenfalls etwa die Hälfte der Läden. Die Antworten ergaben einen Durchschnittswert von zehn Mitarbeitern pro Laden. Das wären hochgerechnet auf 2.516 Läden über 25.000 Beschäftigte im Naturkosteinzelhandel. Der konventionelle LEH beschäftigt in seinen über 37.000 Outlets über eine Million Menschen, im Schnitt mehr als 30 pro Laden. Die Läden des LEH sind jedoch im Durchschnitt viermal größer als die Outlets des Naturkostfachhandels.

Knapp ein Drittel der Läden bilden aus. Dabei gibt es allerdings deutliche Unterschiede zwischen den Ladentypen: So bilden vor allem die großen Fachgeschäfte sowie die Supermärkte aus, während dies in den Hofläden und kleinen Fachgeschäfte nur selten der Fall ist. Weiterbildungsangebote nutzen vor allem Supermärkte, aber auch jeweils knapp die Hälfte der Fachgeschäfte und Hofläden. Ein großer Teil genau derselben Ladentypen gab jedoch auch an, zu wenig Zeit dazu zu haben.

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