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Sonnenschutz: Gut für Haut und Umwelt

Beim Thema Sonne geht es nicht nur um UV-Schutz, sondern auch um sterbende Korallen, hormonelle Wirkungen und Nano-Filter. Bei all diesen Punkten kann Naturkosmetik strahlen.

Erfolgreiche Konzepte werden gerne kopiert. So ergeht es seit einigen Jahren dem Sonnenschutz in der Naturkosmetik. Immer mehr konventionelle Hersteller verwenden nun auch mineralische UV-Filter in ihren Produkten und stellen das heraus. Doch nach wie vor sind es nur die Marken, die im Naturkosthandel vertrieben werden, die konsequent auf chemische UV-Filter und den Einsatz nano-kleiner Filterpartikel verzichten und damit die Sorgen vieler Kunden ernst nehmen.

Für den Sonnenschutz gibt es generell zwei Wirkprinzipien: Chemisch-synthetische UV-Filter dringen in die Haut ein und wandeln dort UV-Strahlen in Infrarotstrahlung – also in Wärme – um. Allerdings wirken sie erst 20 Minuten nach dem Eincremen. Mineralische UV-Filter bestehen aus Titandioxid oder Zinkoxid. Beide Verbindungen bleiben auf der Haut und reflektieren dort sofort nach dem Auftragen die UV-Strahlen der Sonne. Inzwischen gibt es auch zwei synthetische Filterpartikel, die nach diesem Prinzip arbeiten. Alle derzeit in der EU-Kosmetikverordnung im Anhang VI aufgelisteten UV-Filter wurden von der EU-Kommission zugelassen, gelten aus Sicht der Behörden also als sicher. Daneben gibt es einige pflanzliche Öle und andere Wirkstoffe, die vor UV-Strahlung schützen, aber nicht als UV-Filter gelten. Das bekannteste ist Karanja-Öl.

Was machen die chemischen Filter im Blut?

Die chemischen UV-Filter gelangen nicht nur in die Haut, sondern in den ganzen Körper. Sie lassen sich im Blut ebenso nachweisen wie in der Muttermilch. Über mögliche Gefahren ist wenig bekannt. Problematisch sind Filter, die im Verdacht stehen, hormononell zu wirken, das sind insbesondere Octinoxat, Oxybenzon, Homosalat und Octocrylen. Wissenschaftler der Universität Kopenhagen stellten fest, dass 13 von 29 getesteten UV-Filter die Funktion der Spermien stören und dadurch die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen könnten. Unter den Störenfrieden befanden sich weit verbreitete Filter wie Octylsalicylat und Avobenzon.

Einige chemische UV-Filter schaden Korallenriffen und können zu deren Zerstörung durch Bleiche beitragen. Hier stehen vor allem Octinoxat, Oxybenzon, Octocrylen sowie die als Konservierungsstoffe eingesetzten Parabene in der Kritik. Die Pazifikinsel Pulau und Hawaii haben inzwischen einzelne Filter verboten, weitere Badeparadiese könnten folgen, denn weltweit werden die Korallenriffe jedes Jahr mit bis zu 6000 Tonnen Sonnenschutzmitteln eingeschmiert, schätzt die amerikanische Meeresbehörde NOAA. Erste Hersteller werben deshalb bereits mit korallenfreundlicher Sonnencreme.

Nano-Partikel können Fischen schaden

Mineralische Filter sind für Meereslebewesen und Korallen verträglicher – wenn die Größe stimmt. Denn Studien haben gezeigt, dass nanokleine Filter-Partikel sehr wohl Fischen und Wasserorganismen schaden können. Trotzdem lassen die großen Naturkosmetik-Standards nano-kleine UV-Filter zu; Natrue generell, Cosmos mit genaueren Vorgaben. Ein Grund dafür ist, dass sich mit nanokleinen Partikeln der Weißeleffekt einfacher ausschalten lässt. Für den Menschen sind diese Winzteilchen nicht bedenklich. Zahlreiche Studien belegen, dass die Nano-Partikel nicht über die menschliche Haut aufgenommen werden. Anders sieht es bei Sonnenschutz-Sprays aus. Hier hat die EU die Anwendung von Nano-Filtern verboten. Denn sie könnten, wenn sie eingeatmet werden, die Lunge schädigen und krebserregend wirken. Bei Zinkoxid gilt das auch für größere Teilchen.

Obwohl es die Standards erlauben, gibt es mit Alverde und Alterra lediglich einzelne Sonnenschutz-Naturkosmetikprodukte in Drogeriemärkten, die bei UV-Filtern den Hinweis (nano) in der Zutatenliste tragen. Der ist vorgeschrieben, wenn die Hälfte der Partikel kleiner als 100 Nanometer ist. 100 Nanometer entsprechen in etwa der Größe eines Virus. Alle anderen Naturkosmetikhersteller verwenden Filter-Partikel, die deutlich größer sind. Auch damit lassen sich mit entsprechendem Know-how hohe Lichtschutzfaktoren erreichen, ohne dass der Kunde weiß wie die Wand wird.

Partikel aus Titandioxid sind generell ummantelt, also mit einer hauchdünnen Schicht aus Silizium, Aluminiumhydroxid oder Korund umgeben. Die Schicht soll das Titanoxid verträglicher machen und die Verarbeitung erleichtern. Korund ist das teuerste und aufwändigste Material, dafür extrem stabil und verstärkt die reflektierende Wirkung. Deshalb lassen sich damit auch LSF 50+-Produkte ohne Weißeleffekt herstellen. Zinkoxide werden oft ohne Ummantelung eingesetzt. Dabei können sich – egal wie groß die Partikel sind –Zink-Ionen lösen und in die Haut eindringen. Aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung ist das kein Problem. Die Behörde hat aber auch mit chemischen UV-Filtern keine Probleme.

Gewachsenes Angebot

Das Angebot an zertifiziertem Sonnenschutz ist in den letzten Jahren stark gewachsen und umfasst ein gutes Dutzend Marken. Das Wachstum hat damit zu tun, dass es inzwischen ein größeres Angebot an vorgemischten Sonnenschutz-Formulierungen gibt, die von den Herstellern nur noch in ihre jeweilige Grundlage eingearbeitet werde müssen. Dabei stammen die verwendeten Filterpartikel von Verarbeitern von Titandioxid und Zinkoxid. Diese Partikel werden von einigen spezialisierten Unternehmen in Europa – darunter Eco Cosmetics – mit speziellen Emulgatoren und anderen Zutaten zu gebrauchsfertigen und zertifizierten Sonnenschutz-Formulierungen verarbeitet. Damit versorgen dann die üblichen Zutatengroßhändler die europäischen Naturkosmetik-Hersteller. Viele der neuen Anbieter setzen dabei auf Zinkoxid als Filter. Zum Wachstum hat auch beigetragen, dass sich Marken aus Frankreich und anderen EU-Ländern neu auf dem deutschen Markt etabliert haben. Es gibt übrigens einige Naturkosmetik-Versender die auch Sonnenschutz von nicht zertifizierten Marken anbieten wie Annemarie Börlind, Apivita, DadoSens, Korres und Nature’s. Die Serien dieser Marken enthalten alle chemische UV-Filter.

Wichtig für die Beratung

Die ultraviolette (UV)-Strahlung der Sonne unterteilt sich in UV-A- und UV-B-Strahlung. Letztere bleiben in der Oberhaut hängen, bräunen sie und verursachen Sonnenbrand. Die UV-A-Strahlen dringen in tiefere Hautschichten ein und lassen die Haut schneller altern. Beide Strahlungsarten schädigen die Zellen und steigern dadurch langfristig das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken.

Vom Hauttyp hängt es ab, wie lange es ohne Sonnenschutz dauert, bis erste minimale Rötungen auftreten. Diese Eigenschutzzeit der Haut reicht von weniger als zehn Minuten beim sehr hellen Hauttyp 1 bis zu 40 Miuten beim eher dunklen Hauttyp 4.

Gelegentliches kurzes Sonnenbaden zu Beginn der Saison regt die Pigmentierung und damit den Eigenschutz der Haut an. Außerdem wird der Körper dadurch mit Vitamin D versorgt, das sich nur bei Sonneneinstrahlung in der Haut bildet. Laut Krebsinformationsdienst reicht es allerdings für die Vitamin D - Bildung, in der warmen Jahreshälfte zwei bis drei Mal pro Woche für einige Minuten ins Freie zu gehen und Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz bestrahlen zu lassen. Eine „Ganzkörperbräunung“ sei nicht erforderlich.

LSF 50 als Standard-Schutz

Der Lichtschutzfaktor (abgekürzt LSF oder SPF) gibt an, um wieviel sich die Aufenthaltsdauer an der Sonne verlängert. Beträgt die Eigenschutzzeit der Haut ohne Creme 15 Minuten, wären es mit LSF 30 rund 450 Minuten, also 7,5 Stunden. Allerdings setzt das ordentliches Eincremen voraus: Zwei Milligramm Creme auf jeden Quadratzentimeter Haut ist die Brechnungsgrundlage für den LSF. Das wären 40 ml Sonnenmilch für einen Erwachsenen, nach fünf mal Eincremen wäre die übliche 200-ml-Tube leer. Das schafft kaum jemand. „Deshalb macht LSF 50 als Standard-Schutz Sinn“, sagt Eco Cosmetics-Geschäftsführer Dieter Sorge. „Denn, wer sich sparsam eincremt, hat dann immer noch LSF 20 und ist damit gut geschützt.“ LSF 50+ bedeutet, dass der UV-B-Schutz mindestens bei LSF 60 liegt.

Antioxidantien helfen der Haut, Schäden zu reparieren, die durch Sonnenstrahlung entstehen. Naturkosmetik-Sonnenschutz enthält meist entsprechende Zutaten, etwa Edelweiß bei Weleda, Rotalgen bei Alga Maris, Schilfrohr bei Speick, Karotte bei Lavera und Santaverde, oder pflanzliches Vitamin E bei Eco Cosmetics.

Duftstoffe mögen nicht alle Kunden, auch wenn es ätherische Öle sind. Sonnenschutz ohne Duft gibt es von Speick und Bergland sowie (bei manchen Produkten) von Alga Maris und Eco Cosmetic. Ein Weißeleffekt kann manchmal bei Cremes mit hohem LSF und viel Zinkoxid auftreten. „Solche Sonnencremes mit hohen Anteilen an mineralischen Lichtschutzfiltern muss man in die oberste Hautschicht einarbeiten, damit diese unsichtbar werden“, erklärt Susanne Gans von Speick. Wurde allerding die Haut zuvor schon mit anderen Präparaten aufgefüllt, könne sie keine Sonnencreme mehr aufnehmen und die Pigmente bleiben sichtbar und weißeln.

Tipps von der Kollegin

Stephanie Dedio ist Kosmetikerin und leitet die Kosmetik-Abteilung des Biomarktes Paradieschen in Linsengericht Altenhaßlau bei Frankfurt. Die Verkaufsstelle ist nach dem neuen Biogarten-Standard „Geprüftes Naturkosmetik-Fachgeschäft“ zertifiziert.

  • Sprechen Sie die Kunden am Regal gezielt an, ob Sie helfen können. Das Sortiment ist beratungsintensiv, weil mineralischer Lichtschutz anders funktioniert als der konventionelle Sonnenschutz. Die Kunden haben Fragen: über hormonelle Wirkungen, ob die Produkte Mikroplastik enthalten, ob es Korallen schädigt, welcher Lichtschutz der Richtige für sie ist und auch, ob Naturkosmetik tatsächlich schützt.
  • Laden Sie zum Testen ein, denn die Cremes haben ein anderes Hautgefühl als konventionelle und viele Kunden wollen sichergehen, dass sie tatsächlich nicht weißeln. Auch der Duft muss gefallen.
  • Platzieren Sie den Sonnenschutz ab Mai zusätzlich in Displays oder auf selbst gestalteten Tischen. Mit Sonnenschirm, etwas Sand und Muscheln können Sie Urlaubsfeeling zaubern. Bei uns hat es sich bewährt, bei Aufbauten für andere Sommerprodukte wie Erfrischungsgetränke auch etwas Sonnenschutz dazu zu stellen.

Alles im Angebot

Sonnenschutz gibt es in verschiedenen Stärken, von LSF 15 bis 50+ und in verschiedenen Darreichungsformen. Sprays lassen sich einfach und gleichmäßig auftragen und fühlen sich leicht an auf der Haut. Sonnenmilch ist das gängige leichtflüssige Standardprodukt, während die reichhaltigere Creme eher für herausgehobene Körperpartien etwa im Gesicht gedacht ist, die besonders viel Schutz brauchen. Als Sensitiv ausgelobter Sonennschutz wirbt mit besonders hautverträglichen Rezepturen, enthält jedoch meist ätherische Öle als Duft. Es gibt aber auch einzelne duftfreie Lotionen. After Sun-Produkte sollen die von der Sonne gestresste Haut mit Feuchtigkeit und Antioxidantien versorgen. Viele Serien bieten entsprechende Produkte, oft mit Aloe Vera als Leitpflanze. Am besten zusammen mit dem Sonennschutz präsentieren.

Von wegen wasserfest

Als „wasserfest“ gelten Sonnencremes, die nach zweimal 20 Minuten Aufenthalt im Wasser noch mindestens 50 Prozent ihres Lichtschutzfaktors haben. Zudem bleiben beim Abrubbeln mineralische Filter im Handtuch hängen. Nachcremem ist also nach dem Baden und Abtrocknen Pflicht. Auch bei „wasserfesten“ Produkten.

Anbieter von Naturkosmetik-Sonnenschutz

Hinweis: Angaben ohne Apres Sun – Produkte und Selbstbräuner

Acorelle 10 Produkte, LSF 30-50+ und reines Bio-Karanja-Öl Französische Marke

Alga Maris 10 Produkte, LSF 30-50+, darunter getönte Gesichtscreme Französische Marke mit Meeres-Nähe

BeOnMe 1 Produkt Extra für den Schutz von Tattoos

Bergland 1 Produkt, LSF 20

Biosolis 12 Produkte LSF 15 bis 50+ Marke des französischen Herstellers Provera

Boep 2 Produkte Marke speziell für Babies

Eco Cosmetics 32 Produkte, LSF 15-50+, zahlreiche Spezialitäten eigene Herstellung der Filter-Komponente

EQ 11 Produkte, LSF 15 bis 50+. Besonderheit: farbige Sticks Nähe zu Meer und Surfen

Eubiona 4 Produkte, LSF 15-30 Eine Marke des Großhändlers Claus

Ey! 5 Produkte, LSF 20-50+ Marke von Eco Cosmetics für juge Zielgruppe

I+m 2 Produkte, LSF 30

Lavera 2 Produkte, LSF 30 und 50

Madara 5 Produkte, LSF 15-30, darunter 2 CC-Cremes Lettische Marke

Pharmos Natur 1 Produkt, LSF 30

Santa Verde 2 Produkte, LSF 15 und 20

Speick 3 Produkte, LSF 20-50+

Weleda 4 Produkte, LSF 30-50

Whamisa 3 Produkte, 50, 50+, darunter zwei Make up-Puder Marke aus Südkorea

Die Sonnenschutzserien von Annemarie Börlind, Apivita, dadoSens, Korres und Nature’s sind keine zertifizierte Naturkosmetik und enthalten chemische UV-Filter. Sie werden dennoch von mehreren Naturkosmetik-Versendern vertrieben.

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