Landläufig wird unter Marmelade alles verstanden, was eine mit Zucker
eingekochte, eingedickte und streichfähige Fruchtmasse ist. Doch aus rechtlicher Sicht ist das anders: Die Europäische
Konfitürenverordnung sieht vor, dass die Bezeichnung Marmelade nur
Aufstrichen vorbehalten ist, die aus Zitrusfrüchten wie Orange oder
Limone hergestellt werden. Andere Fruchtsorten wie Erdbeere, Kirsche und
Aprikose bilden dagegen die Grundlage von Konfitüren und Gelees.
Ebenfalls schreibt die Konfitürenverordnung den Mindestfrucht- und
-zuckergehalt vor. Danach muss der Fruchtgehalt von Konfitüren und
Gelees bei den meisten Fruchtsorten mindestens 35 Prozent betragen.
Handelt es sich um „Extra“-Qualität, sind es immerhin 45 Prozent. Beim
Süßen dürfen ausschließlich Zucker und Honig zum Einsatz kommen. Was den
rechtlich festgelegten Gehalt an Gesamtzucker im Endprodukt angeht,
gilt für Marmelade, Konfitüre und Gelee ein Mindestwert von 55 Prozent.
Ganz schön süß!
Weit mehr als nur ein Aufstrich
Bio-Kunden und -Händler sind sich weitgehend einig: Zu viel Zucker
passt nicht mit Vollwert zusammen. Die Hersteller suchten deshalb
bereits vor Jahrzehnten nach Alternativen. Sie ersetzten den Zucker
durch andere Süßen, beispielsweise Agaven- und Apfeldicksaft. Oder sie
reduzierten den zugefügten Zucker, sodass der Gesamtzuckergehalt auf 45
Prozent und weniger sank.
Das Problem: Diese besondere „Marmelade“ entsprach nicht mehr den
gesetzlichen Vorgaben. Eine neue Verkehrsbezeichnung musste her. Die
Namenssuche mündete schließlich in den Begriff „Fruchtaufstriche“. Und
die machen ihrem Namen alle Ehre. Denn bei den meisten Aufstrichen liegt
der Anteil der sortenbestimmenden Frucht in der Zubereitung zwischen 55
bis 75 Prozent, bei manchen sogar darüber. Gerade deshalb sind sie weit
mehr als ein Brotbelag. Sie eignen sich zum Süßen von Speisen, zum
Backen, zum Kreieren von Desserts und Soßen. Und sie verfeinern Müsli
und Smoothies
Nur ausgewählte natürliche Zutaten
Mittlerweile gibt es Fruchtaufstriche auch im konventionellen Handel –
doch im Bio-Markt finden Kunden ein weitaus breiteres Sortiment. Und
wenngleich beim Fruchtaufstrich grundsätzlich mit Zutaten gespielt
werden darf und die Grenzen in der Zubereitung weit gefasst sind: Die
meisten Bio-Produzenten verfolgen ganz selbstverständlich den Grundsatz
„weniger ist mehr“. Fiordifruttavon Rigoni di Asiago etwa kommt mit nur drei Zutaten aus: Früchte,
Apfelsüße und Pektin – ein rein pflanzliches Geliermittel, das aus
Zitrusfrüchten oder Apfeltrester extrahiert wird. Weil der Säuregehalt
der Fruchtmischungen die Geliereigenschaften von Pektin beeinflusst,
setzen Anbieter wie Zwergenwiese, Sonnentor, die Beerenbauern und Dennree zur Verdickung zusätzlich
Zitronensaft oder -konzentrat ein. „Notfalls passen wir die Menge von
Pektin auch an die jeweilige Charge an“, erklärt Thomas Bertelshofer,
Geschäftsführer des Demeter-Betriebs die Beerenbauern. Bei Allos
setzt man auf die Zugabe von Calciumcitrat, das aus Zitronensäure
gewonnen wird. Damit werde ein stabiles Produktionsergebnis und eine
gleichbleibende Qualität erreicht, erklärt der Hersteller.
Konservierungsstoffe und Aromen sind tabu
Ein weiteres Plus der Fruchtaufstriche aus dem Naturkostfachhandel:
Die Auswahl und Qualität der Zutaten ist genauer definiert als bei
konventionellen Produkten. Deshalb verzichten die Hersteller auf
Zusatzstoffe. Konservierungsmittel wie Benzoe- oder Sorbinsäure, Aromen,
Farbstoffe – all dies findet man hier nicht. Denn es geht auch
anders.[nbsp]Zwergenwiese etwa arbeitet mit Holundersaft, um die Farbe im Erdbeer-Aufstrich zu stützen.
Zur Qualität der Aufstriche trägt maßgeblich die Herkunft der Früchte
bei. „Auf die achten wir sehr genau und investieren viel Arbeit in die
Rohstoffakquise“, sagt beispielsweise Thomas Bertelshofer. Immer mehr in
den Vordergrund rückt die regionale Beschaffung. Das betont auch
Melanie Raeder, Vertriebsleiterin bei Zwergenwiese mit Sitzin
Schleswig-Holstein: „Für viele Sorten beziehen wir unsere Früchte zu
hundert Prozent aus Norddeutschland.“ Um die Produktion qualitativ zu
sichern, binden die Hersteller viele Bauern langfristig und unterstützen
sie im Anbau. Das wiederum hilft, den Öko-Landbau vor Ort zu stärken.
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