Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Erfrischungsgetränk

Warum Bio-Saftschorle einen hohen Mehrwert bietet

Kaum verarbeitet, wenige Zutaten. Schorle ist ein typisches Bioladen-Produkt. Wer Qualitätsunterschiede deutlich macht und sie richtig platziert, kann den Abverkauf steigern.

Eine gute Schorle braucht nicht viel: Fruchtsaft, Wasser, Kohlensäure – fertig ist das spritzige Getränk. Die meisten Bio-Schorlen enthalten tatsächlich nicht mehr. Und sie bieten Ladnern und Kundschaft einen Mehrwert im Vergleich zu anderen Erfrischungsgetränken.

Umsatz mit Saftschorle

Die schlechte Nach­richt: Schorle ist offenbar ein Coro­na-Verlierer. So gingen die Umsätze im Naturkostfachhandel im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 11,5 Prozent zurück. Für Fabian Ganz von Biovista liegt das zum einen daran, dass der Sommer 2020 im Vergleich zu 2019 kühler war. Vor allem aber ordnet er besonders die 0,33-Formate den Spontan­käufen zu. „Mit Corona wur­den die Einkäufe planvoller. Kunden machten Homeoffice und kauften nicht mehr im Vorbeigehen in der Mittags­pause ein.“ Spontankäufe fielen damit weg.

Umsatz mit Saftschorle steigern

Die gute Nachricht: Umsät­ze mit Erfrischungsgetränken lassen sich steigern. „Hun­dertprozentig“, sagt Manfred Mödinger, Fachberater für Mineralwasser und Biogeträn­ke, der in Zusammenarbeit mit Neumarkter Lammsbräu und Biovista 2016 eine ent­sprechende Studie erstellt hat. (siehe BioHandel 05/2016).) Das ist schon ein paar Jah­re her, doch die Ergebnisse gelten mit Sicherheit auch heute noch.

Erste Erkennt­nis: Viele Biokunden kaufen ihre Getränke woanders als im Biomarkt. Mödingers Schlussfolgerung: „Sie sind sich der Qualitätsunterschie­de nicht bewusst.“ Schon eine ordentliche Einordnung im Regal könne helfen: klar sor­tiert nach Produktgruppen, die Schorle zwischen Saft und Erfrischungsgetränken. „Die Botschaft heißt: Da ist viel Saft drin“, sagt Mödinger.

Kunden wollen Besonderes

Zum Kernsortiment gehöre an erster Stelle Apfelschorle, klar und trüb, darauffolgend rote Johannisbeere, Holun­der und Rhabarber. Dann kommen Mischungen mit Apfel als Grundlage und Zitrusmischungen. Mödinger vermutet, ein Problem bei Schorle sei, dass Kunden Geld sparen wollten und lieber selbst mischen. Sein Rezept dagegen: „Sorten anbieten, die sich nicht so einfach zu Hause mixen lassen.“

Tatsächlich stellt etwa Christine Frank bei Beutelsbacher fest, dass sich Apfelschorle besonders gut verkauft, wenn sie besonders, weil als regional ausgelobt ist, aber auch die Sorten Cas­sis, Quitte und Rhabarber. Und bei Mölletrinken hat die Mischung mit Ingwer die ein­fache Apfelschorle überholt, so die Erfahrung von Stefanie Mölle-Schröppel. Zum Kernsortiment gehö­ren selbstverständlich die Top-Hersteller, laut Biovista sind das bei Schorlen Adel­holzener und Voelkel. Markt­führer gelten als Zugpferde. Neben Flaschen, die im Regal Platz finden, soll, laut Mödinger, auf Kisten nicht verzichtet werden. Zumindest bei Apfelschorle.

Zweitplatzierungen und Trockenverkostungen nutzen

Spontan­käufer lassen sich über Zweit­platzierungen abholen. Ole Müggenburg, bei Voelkel zu­ständig fürs Marketing, emp­fiehlt für eine ausgewählte Sorte einen Platz im Kühlre­gal. Manfred Mödingers Tipp: Cross-Marketing. „Regionale Schorle mit regionalen Pro­dukten zu kombinieren ist der Hit!“ Beispielsweise Äpfel aus der Region im Korb neben den Flaschen mit der regionalen Apfelschorle.

Als aufwändig, aber sehr effektiv schätzt Mödinger sogenannte Trockenverkos­tungen ein, also kleine Probe­flaschen mitzugeben: „…die Kunden müssen nur das Pfand zahlen.“ Das funktio­niert auch in Coronazeiten. Für die Zeit nach Corona hofft er: „Das Interesse der Kunden an Direktverkostungen wird umso größer sein.“

Hersteller bieten Unterstützung

Hersteller bieten den Händ­lern vielerlei Unterstützung an. „Verkostungen, Verkaufs­aktionen am PoS sowie Infomaterialien, Newsletter und Kampagnen sind Teil unserer Vermarktungsaktivitäten“, wie Lamms­bräu-Inhaber und -Geschäfts­führer Johannes Ehrnsperger schreibt.

Beutelsbacher ent­wickelt mit den Kunden indi­viduelle Marketingkonzepte, von Verbraucherwerbung bis Verkostungen, unterstützt durch Poster, Kistenstecker, Broschüren und Probier­gläser. „Auch Gewinnspiele gab’s schon mal“, berichtet Christine Frank. Ostmost, die ihre Flaschenetiketten von Streetart-Künstlern ent­werfen ließen, schmücken mit diesem Design auch Infoschilder rund um den ökologischen Mehrwert und gestalten ihre Kühlschränke mit Streetart-Design.

Tipps von der Kollegin

Karin Hellweg, Filialleitung Biomarkt Wesel (770 Quadratmeter)

  • Wir führen Fruchtschorlen von Voelkel und von Adelholzener und versuchen, ein möglichst breites Spektrum an Obstvarianten abzude­cken. Damit füllen wir einen zwei Meter breiten Regalboden, etwas unter Augenhöhe.
  • Im Sommer stellen wir die kleinen Flaschen als Zweitplatzierung in einen blauen Wagen, den wir meist in die Nähe des Eingangs schieben. Gerade wenn es heiß ist, wird Schorle gerne im Vorbei­gehen mitgenommen. Außerdem haben wir eine Doppelplatzierung im Kühlregal.
  • Verkostungen in Zeiten von Corona sind ja leider nicht möglich. Zur Ver­kaufsförderung bleibt dann der Großaufbau: Pro Sorte stellen wir zehn Kisten auf, so, dass sie einfach nicht übersehen werden können, dazu hängen wir Plakate.
  • Pfandflaschen nehmen wir an der Kasse zurück – das klappt noch ganz gut, aber demnächst soll doch ein Leergutautomat kommen. Damit verbes­sern wir unseren Service.

Basiswissen

Schorle, das klingt eigentlich lustig. Ver­mutlich kommt das Wort von „Schorlemorle“, der alten Bezeichnung für ein Mischgetränk aus Wein und Mineralwasser. Wer heute Schorle in Flaschen kauft, bekommt eine Mischung aus Fruchtsaft und prickelndem Mineralwasser. Wie hoch der Fruchtanteil sein muss und was sonst noch reindarf, regelt eine Verord­nung, die abgekürzt „FrSaftEr­frischGetrTeeV“ heißt.

Leitsätze für Erfrischungsgetränke aus dem Deutschen Lebensmittel­buch geben weitere Orientie­rung, sind aber rechtlich nicht bindend. Letztere erlauben als Zutaten neben Fruchtsaft, Wasser und Kohlensäure auch natürliche Aromen. Frucht­schorle aus sehr sauren oder pur nicht genießbaren Früch­ten darf „mit Zuckerarten“ nachgesüßt werden, was aber generell selten praktiziert wird. Betroffen wären bei­spielsweise Johannisbeeren, Holunder oder Quitten.

Mindestens 50 Prozent Frucht

Am bekanntesten und be­liebtesten ist Apfelschorle. Sie muss mindestens 50 Prozent Frucht enthalten. Bei zu sau­ren oder zu herb-intensiven Säften reichen auch schon mal 25 Prozent Fruchtan­teil. Jeder Frucht ist ein Mindestgehalt in der Schorle zugeordnet. In Bio-Apfelschorle steckt tatsächlich bis zu 70 Prozent Apfelsaft. Der kann klar sein, dann wurden bei der Her­stellung die Trübstoffe raus­gefiltert. Die meisten Bio-Ap­felsäfte sind aber naturtrüb. Schwebstoffe – dazu gehören wertvolle sekundäre Pflan­zenstoffe oder Ballaststoffe, auch manche Aromen – dür­fen drinbleiben.

Bio-Saft ist meistens Direktsaft: Frische oder tiefgekühlte Früchte wer­den gemahlen und gepresst, der dabei aufgefangene Saft anschließend pasteurisiert, rückgekühlt und abgefüllt. Die Richtlinien der Ökover­bände lassen eine Herstellung aus Konzentrat nicht zu, die EU-Richtlinien dagegen schon. Viele konventionel­le Säfte, besonders die, aus denen Schorle gemacht wird, sind rückverdünnte Konzen­trate. Das spart Kosten bei Lagerung und Transport und ermöglicht preiswerte Im­porte.

Früchte oft von regionalen Streuobstwiesen

Obst, das in Bio-Schor­len einfließt, hat nicht nur Bio-Qualität, sondern stammt oft darüber hinaus von Streu­obstwiesen, auf denen eine große Vielfalt selten geworde­ner alter Obstsorten gepflegt wird. Einige Schorlen können auch mit Regionalität für sich werben: Sie wurden dann nicht nur in der Region herge­stellt sondern auch aus Früch­ten, die dort gereift sind.

Wer Abwechslung zur Ap­felschorle sucht, findet neben anderen Basisfrüchten wie Quitte, Johannisbeere, Kir­sche oder Birne auch Obstsor­ten, mit denen sich die Äpfel zu neuen Geschmacksvarian­ten zusammentun: Dazu ge­hören Exoten wie Granatapfel oder Grapefruit. Aronia, Ho­lunder oder Heidelbeeren ge­ben dem Gemisch eine kräf­tigere Farbe und einen Touch von Superfood. Ingwer- und Rote-Bete-Beimischungen heben die Schorle ebenfalls in die Superstarliga.

Alternative zu Limo

Damit aus Saft eine Schorle wird, muss er einfach mit Wasser und Kohlensäure ge­mischt werden. Entweder ist einfaches Trink- oder Tafel­wasser die Grundlage oder qualitativ höherwertiges natürliches Mineralwasser oder sogar Bio-Mineralwasser. Schorle gilt als natürliche Alternative zu Limonade. Im Vergleich zu Bio-Limonade liefert sie prinzipiell weniger Zucker und mehr Frucht und eher Frucht statt Auszüge und Aromen, also mehr Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.

Konventio­nelle Limo wird schon mal mit zehn Prozent Zucker pro­duziert, aber auch mit Süß­stoffen gesüßt. Ihnen werden zudem oft Zusatzstoffe wie Mineralstoffe, Vitamine und Farbstoffe beigemischt. Bei Bio-Limo liegt der Zu­ckergehalt zwischen 7 und 8, bei Schorle zwischen 2,4 und 8 Gewichtsprozent, das ent­spricht theoretisch zwischen einem und sieben Würfel­zucker in einer 250-Milli­liter-Portion. Praktisch ist das aber nicht dasselbe. Denn Limonade darf zusätzlich mit Haushaltszucker oder etwa Traubenkonzentrat ge­süßt werden, Schorle nur in Ausnahmen, bei sehr sauren oder intensiven Früchten.

Schorle enthält fast immer nur fruchteigene Süße. Das ist gut, weil sie im natürlichen Verbund mit anderen Inhalts­stoffen daherkommt. Zuviel davon verursacht jedoch bei Menschen mit Fruktoseunverträglichkeit Bauchschmer­zen und kann sich auf Dauer negativ auf die Gesundheit auswirken. Insbesondere in Kombination mit Säure birgt Frucht- genauso wie Kristall­zucker zudem eine Gefahr für den Zahnschmelz.

Mehrweg ist Trumpf

Schorle ist ein typisches Mitnahme-Getränk. Stan­dard ist im Biohandel die Mehrweg-Glasflasche. Aus Umwelt-Perspektive sind laut Naturschutzbund Mehr­weg-Glasflaschen, die nur re­gional unterwegs sind, derzeit eine der besten Lösungen. Das gilt auch für die ebenfalls im Naturkosthandel kursieren­den Mehrweg-PET-Flaschen, die bei längeren Transportwe­gen wegen ihres niedrigeren Gewichts Punkte sammeln.

Was Kunden über Saftschorle wissen wollen

Ist jede Schorle vegan?

Fruchtsaft ist dann nicht vegan, wenn er mit Ge­latine geklärt wurde, die aus tierischen Zutaten hergestellt ist. Das gilt auch für Produkte aus Konzentrat. Denn bevor ein Saft zu Konzentrat verarbeitet werden kann, muss er gefiltert werden. Dass zum Klä­ren Gelatine verwendet wurde, muss nicht auf dem Etikett angegeben werden. Bio-Schorle ent­hält meist naturtrüben Direktsaft.

Was ist eigent­lich Streuobst?

Eine traditionelle Form Obst anzubauen, sind Streuobstwiesen: mit reichlich Platz und alten Baumsorten, meist Ap­fel, Quitten oder Birnen. Weil Streuobstwiesen nicht intensiv bewirt­schaftet werden, haben sie sich zu Nischen für seltene Pflanzen- und Tierarten entwickelt.

Woher kommt der feine Satz in der Schorle?

In naturtrüben Schorlen kann sich ein kleiner Satz an Obststückchen oder Fruchtfasern am Boden sammeln. Das kommt daher, dass der Saft nicht gefiltert wur­de. Tipp: Lieber nicht schütteln, sonst schäumt die Schorle beim Öffnen über.

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