Dass zurzeit Getreide generell fehlt, kann die Bohlsener Mühle nicht bestätigen. Allerdings führe die außerordentlich gestiegene Nachfrage zu Lieferschwierigkeiten, weil die (Roh-)Ware kaum schnell genug vom Lager zum Hersteller beziehungsweise Handelslager transportiert werden könne. Kapazitätsaus- und -überreizungen in der Produktion seien weitere Faktoren, die dazu führten, dass nicht genug Getreide für den Handel verfügbar sei.
Schnelldreher haben Vorrang
Um dem massiven Bedarf an Getreideprodukten gerecht zu werden, müssen bei der Bohlsener Mühle Produktionsabläufe angepasst, Prioritäten überdacht und neu justiert werden: „Kleinere Chargen von Nischenprodukten werden zugunsten hochfrequentierter Schnelldreher im Produktionsplan nach hinten geschoben, um nicht durch Rüstzeiten wertvolle Produktionszeiten zu verlieren.“ Die Verweildauer der produzierten Waren im eigenen Lager sei deutlich gesunken. Was vom Band laufe, werde in den allermeisten Fällen direkt ausgeliefert. Dennoch bleibe die Nachfrage weiterhin auf einem bemerkenswert hohen Niveau.
Lücken in den Ernteübergängen möglich
Der Einkauf bei der Bohlsener Mühle sei jedoch entspannt. Denn noch sei der Markt stabil, noch sei genügend Rohware erhältlich. Spürbare generelle Versorgungsengpässe seien nicht in Sicht. Es könne bei vereinzelten Getreidearten Lücken in den Ernteübergängen geben. „Nackthafer, aber auch Dinkel werden langsam knapp.“ Der Nackthafer aus der Ernte 2019 habe verstärkt mit Aberkennungen aufgrund eines bitteren/muffigen Geschmacks zu kämpfen. Zudem sei Nackthafermarkt sehr klein, die Anbau- und Erntemenge dementsprechend gering. „Wenn einige Tonnen in Deutschland aufgrund der genannten Qualitätsmängel ausfallen, folgen unweigerlich Lieferengpässe oder -ausfälle und der Ernteübergang zum Ertrag von 2020 vergrößert sich“, so die Erläuterungen aus Bohlsen.
Wie groß die Lieferengpässe und –ausfälle sein werden, lasse sich bei der Unübersichtlichkeit der Situation nicht voraussagen. Angst vor wochenlang leeren Getreideprodukteregalen sei aus Sicht der Bohlsener Mühle jedoch unbegründet.
Spielberger Mühle arbeitet im 3-Schicht-Betrieb
Bei der Spielberger Mühle ist die Situation nicht viel anders: „Die Corona-Pandemie führt für uns alle zu einer bisher nie gekannten Ausnahmesituation. Auch bei uns kommt es derzeit vermehrt zu Lieferverzögerungen und Lieferengpässen.“ Der Grund dafür liege in erster Linie in der sprunghaft angestiegenen Nachfrage nach Produkten für die Grundversorgung, wie Mehl und Flocken: Mühlen und Packereien laufen auf Hochtouren im 3-Schicht-Betrieb. Wer im Onlineshop der Mühle bestellt, muss derzeit ca. 14 Tage warten.
Bislang keine dauerhaften Engpässe
Trotzdem könnten derzeit nicht immer die gewünschten Mengen produziert werden. Aus diesem Grund komme es auch bei Spielberger immer wieder zu Priorisierungen. Manche Produkte würden in der Abpackung zu Gunsten der am meisten nachgefragten Produkte nach hinten geschoben. Dies könne z.B. auch beim Nackthafer der Fall gewesen sein. In der vergangenen Woche sei bei aber wieder Nackthafer abgepackt worden. „Auch die Rohstoffbeschaffung in diesen ungewohnten Mengen und die Logistik stellen uns vor große Herausforderungen. Doch es gibt bislang keine dauerhaften Engpässe“, heißt es aus Brackenheim.
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