Biohandel

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Coronakrise

Wie Bio-Hersteller von bewährten Partnerschaften profitieren

In der Krise profitieren die Bio-Hersteller von ihren gut funktionierenden Beziehungen zu Lieferanten. Aber auch Unabhängigkeit in bestimmten Bereichen zahlt sich aus.

Das Urteil der Bio-Hersteller ist eindeutig: Die Coronakrise hat sich wirtschaftlich bislang positiv auf das Geschäft ausgewirkt, heißt es dort unisono. „Das Corona-Jahr 2020 hat unsere bereits positiven Erwartungen in den ersten Monaten deutlich übertroffen“, sagt Bianca Spenner von Zwergenwiese. Ähnliches berichtet Hannes Öhler von Bauckhof, wo es ebenfalls zu einer „stark erhöhten Nachfrage“ in den vergangenen Wochen gekommen sei. Und auch die Produkte von Naturata wurden verstärkt gekauft: Nach einem guten Start ins aktuelle Jahr seien „die Umsatzzuwächse im März und April aufgrund von Corona nochmals deutlich angestiegen“, teilt Sissina Weber auf Anfrage mit.

Es sind nur drei von zahlreichen Beispielen, die die Situation bei den Herstellern von Fachhandelsmarken widerspiegeln und die auch von den starken Quartalszahlen des aktuellen BioHandel-Umsatzbarometers bestätigt werden. Etliche Produzenten stellt die erhöhte Nachfrage nach ihren Produkten auch noch Wochen nach den ersten Hamsterkäufen vor große Herausforderungen. Viele von ihnen mussten ihre Produktionabläufe kurzfristig an den abrupt gestiegenen Bedarf der Verbraucher anpassen. Rapunzel hatte auf dem Höhepunkt der Nachfrage Mitarbeiter, die sonst Betriebsführungen organisieren oder Events planen und derzeit weniger zu tun haben, aus ihren Bereichen abgezogen, damit sie die besonders belasteten Abteilungen unterstützen. Beim Zwieback- und Gebäckhersteller Sommer sprangen Kinder von Mitarbeitern ein, um Produktionsspitzen abzufangen. Vielerorts wurde vom Zwei- in den Dreischichtbetrieb geschaltet. Bei Sonett reichte selbst das nicht aus, um der Flut an Bestellungen bei Desinfektionsmitteln und Handseife nachzukommen. Vorübergehend sah sich der Naturkosmetikhersteller deshalb sogar gezwungen, seinen Online-Shop zu schließen.

Was kommt nach der Coronakrise?

Wie sich die Situation weiter entwickeln wird, lässt sich heute nur schwer einschätzen. Geht Bio nachhaltig gestärkt aus der Krise hervor, weil die Menschen während ihrer Isolation mehr Zeit haben, sich über ihre Ernährung Gedanken zu machen und ein stärkeres Bewusstsein entwickeln, was die Qualität ihrer Lebensmittel angeht? Oder wird eine Rezession, vor der immer mehr Ökonomen warnen, auch für den Naturkostfachhandel zu spürbaren Umsatzeinbußen führen, weil dessen Kunden nun mehr aufs Geld achten müssen und nach günstigeren Bio-Alternativen Ausschau halten? Auch viele Hersteller von Naturkost und Naturkosmetikprodukten haben darauf keine klare Antwort.

Zwischen Zuversicht und Zurückhaltung

In einer anonymen und nicht repräsentativen Ad-hoc-Umfrage von BioHandel Anfang April gingen neun von zehn befragten Herstellern davon aus, dass sich die starken Umsätze auch in den nächsten Wochen fortsetzen werden. Unabhängig davon rechnet Ökoland für 2020 mit einer Umsatzsteigerung im zweistelligen Bereich, auch wenn sich Geschäftsführer Patrick Müller darüber in so einer Zeit „nicht wirklich freuen“ könne, wie er sagt. Zwergenwiese sieht 2020 als ein weiteres „großes Erfolgsjahr“ für sich und die gesamte Bio-Bewegung. Andere Hersteller, darunter Bauckhof, Andechser oder Weleda halten sich hingegen trotz gut ausgelasteter Produktion zurück mit einer wirtschaftlichen Prognose für das restliche Jahr.

Relativ klar scheint hingegen, was sich in der Krise als Stärke erwiesen hat. Da wären zum einen direkte und gut funktionierende Beziehungen zu Lieferanten wie etwa Rohstoffproduzenten. „Langjährige, verlässliche Partnerschaften haben sich bewährt“, sagt Müller. Ähnlich sieht man das auch bei der Spielberger Mühle. Dort nennt Charlotte Ruck außerdem die starken regionalen Strukturen und die Konzentration auf den Bio-Fachhandel als Gründe für die Krisenresistenz des Mehlherstellers.

Direkte Partnerschaften als Garant für Bio-Qualität

Bei Rapunzel verweist man darauf, welchen Vorteil es hat, Rohstoffe direkt von Partnern aus den Ursprungsländern zu importieren statt diese über Spotmärkte oder Rohstoffbörsen zu beziehen. So könne man „auch in Zeiten wie diesen unseren hohen Bio-Qualitätsstandard aufrechterhalten“, sagt Pressesprecherin Eva Kiene. Neben verlässlichen Partnerschaften hat sich für manchen Hersteller auch Autarkie als hilfreich erwiesen. „Eine wichtige Entscheidung, die wir bereits im vergangenen Geschäftsjahr umgesetzt haben, war die Investition in eine Verpackungsmaschine“, sagt Marie Chaloupek von Sonnentor. In Kombination mit dem Zusammenspiel aus Technik und Handarbeit habe der Tee- und Kräuterhersteller so zuletzt auch große Bestellmengen bewältigen können. Bereits vor der Krise wurde zudem entschieden, weiter in den hauseigenen Online-Shop zu investieren. Daran wolle Sonnentor weiter festhalten, so Chaloupek. Denn neben dem Fachhandel und eigenen Geschäften sei das ein weiterer Vertriebskanal, der sich in der Krise bewährt habe.

Das Corona-Jahr 2020 hat unsere bereits positiven Erwartungen in den ersten Monaten deutlich übertroffen.

Bianca Spenner, Zwergenwiese

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