Naturkosmetik wird immer gefragter. Dafür sprechen nicht zuletzt die kontinuierlich steigenden Umsatzzahlen. Im zurückliegenden Geschäftsjahr verzeichnete die Sparte in Deutschland ein Plus von 5,7 Prozent, wie Mirja Eckert bei der Vorstellung des Naturkosmetik Branchenmonitors 2020 bekannt gab. Auch 2019 lag das Marktvolumen laut Zahlen von IRI, GfK und Naturkosmetikkonzepte mit 1,38 Milliarden Euro neun Prozent höher als im Vorjahr.
Dass Kunden 2020 verstärkt zu Naturkosmetik gegriffen haben, bestätigt auch Anna Scheepers, Marketing Consult bei der Gesellschaft für Konsumforschung GfK: „Im Verbraucherpanel sehen wir trotz Corona ein starkes Wachstum von acht Prozent.“ Doch bei der Produktwahl haben es Verbraucher nicht immer leicht.
Im Regal fehlt der Überblick
Den Naturkosmetik-Trend haben auch konventionelle Hersteller längst für sich entdeckt und führen zunehmend Submarken ein, deren Produkte etwa als naturinspiriert oder natürlich gekennzeichnet sind. 2020 entwickelte sich naturnahe Kosmetik mit einem Zuwachs von 0,4 Prozent zwar schlechter als Naturkosmetik (5,7 Prozent). Trotzdem fehlt Verbrauchern offenbar oft der Überblick, welche Produkte echte Naturkosmetik sind, und wo es sich um Greenwashing handelt. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie, die der internationale Verband für Natur- und Biokosmetik Natrue für den deutschen und französischen Markt in Auftrag gegeben hat. Mehr als die Hälfte der Befragten in Deutschland (61 Prozent) gaben demnach an, dass Etiketten nicht ausreichend verdeutlichten, ob es sich bei einem Produkt um Natur- oder Biokosmetik handele. In Frankreich lag dieser Wert bei 71 Prozent.
Im Unterschied zu Lebensmitteln gibt es bei Kosmetik keine gesetzliche Regelung, was Bio- oder Naturkosmetik genannt werden darf. Orientierung geben Naturkosmetik-Siegel, die Hersteller dazu verpflichten, sich an Standards zu halten, die über die gesetzlichen Anforderungen an Kosmetik hinausgehen. Die häufigsten Naturkosmetik-Siegel in Deutschland sind das Natrue-Siegel und das BDIH-Siegel. Laut Verbandsangaben tragen mehr als 7.000 Produkte von mehr als 330 Marken in Europa das Natrue-Siegel.
„Natürlichkeit“ wichtig für die Kaufentscheidung
Bei der Online-Umfrage, die das Marktforschungsinstitut Mindline für Natrue durchgeführt hat, wurden Verbraucher laut Presseinformation auch zu den Kriterien befragt, nach denen sie Produkte auswählen. Den größten Einfluss auf die Kaufentscheidung hat den Ergebnissen zufolge „Natürlichkeit“ – auch wenn der Begriff nicht gesetzlich geschützt ist.
Ranking: Kriterien für die Produktwahl
1. Natürlichkeit
20 Prozent in Deutschland
24 Prozent in Frankreich
2. Hautverträglichkeit
19 Prozent in Deutschland
19 Prozent Frankreich
3. Wirkung des Produktes
17 Prozent in Deutschland
16 Prozent in Frankreich
Submarken großer Kosmetikkonzerne werden laut Natrue aufgrund von „Packaging, Marketingmaßnahmen und zahlreiche Siegel“ häufig als „natürlicher“ wahrgenommen als Natur- oder Biokosmetikprodukte mit Zertifikat. Teilweise könne Greenwashing einzelner Submarken dazu führen, dass Verbraucher das gesamte Angebot der konventionellen Marke als natürlich einstufen.
Unterschiedliche Erwartungen an „Natürlichkeit“
Bei der Frage wie die Teilnehmer „Natürlichkeit“ definieren, gingen die Antworten aus Deutschland und Frankreich auseinander. Den Studienergebnissen folgend, verbinden deutsche Befragte mit dem Begriff „Natürlichkeit“ die Eigenschaften:
- Tierschutz (8,4 von 10 Punkte),
- Verzicht auf Mikroplastik (7,9 von 10 Punkte),
- Natürlichkeit der Inhaltsstoffe (6,4 von 10 Punkte).
Die Befragten aus Frankreich hätten dagegen angegeben, „Natürlichkeit“ bedeute für sie:
- Natürlichkeit der Inhaltsstoffe (9,6 von 10 Punkte),
- Tierschutz (8,4 von 10 Punkte),
- Verzicht auf Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs (7,1 von 10 Punkten).
Deutsche Verbraucher würden naturinspirierte Produkte negativer einschätzen als französische und könnten diese klarer von echter Naturkosmetik unterscheiden. Natrue geht deshalb davon aus, dass deutsche Verbraucher sich eher der Gefahr von Greenwashing bewusst sind.
Verbraucher aus beiden Ländern suchen beim Kosmetikkauf offenbar nach Produkten, die Tierwohl garantieren. Dabei gibt es in der Europäischen Union bereits seit 2004 ein Gesetz, das Tierversuche für kosmetische Produkte verbietet. Seit 2009 gilt dieses Verbot auch für Inhaltsstoffe. Auch hier bestehe noch Aufklärungsbedarf.
Über die Studie
Die quantitative Online-Befragung führte das Marktforschungsinstitut Mindline im Auftrag des Siegelgebers Natrue zwischen Januar und Februar 2021 in Deutschland und Frankreich durch.
- 1.014 Personen wurden in Deutschland befragt, 1.022 in Frankreich.
70 Prozent der Befragten waren weiblich, 30 Prozent männlich. Die Teilnehmer waren zwischen 18 und 65 Jahre alt. - Rund 30 Kosmetikmarken wurden bewertet (konventionelle, natur-inspirierte und natürliche bzw. biologische).
- 4 von 10 deutschen Befragten haben in den vergangenen sechs Monaten Natur- oder Biokosmetik genutzt. In Frankreich sind es 3 von 10.
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