Spätestens seitdem Anfang des Jahres zwei Händler wegen des Verkaufs von Hanftee verurteilt wurden, herrscht Unsicherheit am deutschen Markt. Denn das Landgericht in Braunschweig verfügte eine Bewährungsstrafe, obwohl der THC-Gehalt des konfiszierten Cannabiskrauts unter der allgemein für akzeptabel gehaltenen Marke von 0,2 Prozent lag.
Weil sie unverarbeitete Hanfblüten und Hanfblätter verkauft hatten, wurden die zwei Betreiber der Braunschweiger Hanfbar Ende Januar zu Bewährungsstrafen von neun und sieben Monaten verurteilt. Außerdem wurde die Einziehung des Hanftees und der Verkaufserlöse von 50.000 Euro angeordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; sowohl die Anwälte der Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft haben beim Bundesgerichtshof Revision eingelegt.
Händler, die Tee aus Bio-Cannabisblättern verkaufen, berichten, sie hätten jahrelang kaum Probleme gehabt. Doch seit einiger Zeit werden Nahrungsergänzungsmittel (NEM) intensiv beworben, die den Cannabis-Bestandteil Cannabidiol (CBD) enthalten. Die Rechtslage zum Handel mit CBD-haltigen NEM ist unklar und im Zuge dessen stehe nun auch der Handel mit Hanftee vermehrt unter Beobachtung.
Wann ist Cannabis-Handel legal?
Rechtsanwalt Konstantin Grubwinkler, dessen Kanzlei in Freilassing sich hauptsächlich mit Strafsachen im Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelgesetz befasst, berichtet von drei bis vier Fällen bundesweit seit Bekanntwerden des Braunschweiger Urteils, bei denen Läden durchsucht und Waren beschlagnahmt wurden: „Das waren Werte im fünf- bis sechsstelligen Bereich; es wurden auch Computer und Speichermedien beschlagnahmt.“
Der Handel mit Cannabis ist grundsätzlich strafbar und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Ausnahmen gelten laut Anhang I
- für Cannabisprodukte aus in der EU zugelassenem Nutzhanf
- oder für solche, die den Gehalt von 0,2 Prozent THC nicht übersteigen
- und wenn der Verkehr mit ihnen ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient,
- die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen.
Knackpunkt für das Landgericht Braunschweig waren der Ausschluss des Missbrauchs und der gewerbliche Handel. Das Gericht folgte den Aussagen von zwei Sachverständigen, die sich vorstellen konnten, dass sich bei entsprechender Anwendung ein Rauschzustand nicht ausschließen lässt. Außerdem ging das Gericht davon aus, dass die Abgabe von Hanftee an Endkunden kein ausschließlich gewerblicher Zweck sei. Nur den Verkauf von Samen und aus Samen hergestellten Produkten sah das Landgericht Braunschweig als legal an.
Bei Händlern herrscht Verunsicherung
Ob es tatsächlich möglich ist, mit Hanftee, der weniger als 0,2 Prozent THC enthält, einen Rausch zu erzielen, sei umstritten, sagt Rechtsanwalt Grubwinkler. Auch über die Definition der gewerblichen Zwecke lasse sich diskutieren.
In der März-Ausgabe der Deutschen Lebensmittel-Rundschau haben der Lebensmittelchemiker Dirk W. Lachenmeier und Kollegen die Diskussion darüber ausführlich dargestellt, ob und inwieweit Hanftee prinzipiell als Betäubungsmittel oder als Lebensmittel einzustufen ist. Demnach kommen Bundesbehörden, Gerichte und juristische Fachliteratur zu unterschiedlichen Einschätzungen.
Bei Händlern und Großhändlern, die Bio-Hanftee verkaufen, herrscht nun Verunsicherung. Sie lassen ihre Ware noch konsequenter analysieren und geben genaue Verzehrempfehlungen. Oder sie verzichten, so wie etwa der Biogroßhändler Biogarten, ganz auf den Verkauf.
THC-Richtwerte für Lebensmittel wurden schonmal aufgestellt
Fachanwalt Grubwinkler hält es momentan für sehr riskant, mit Hanftee zu handeln. „Viele Staatsanwälte in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen gehen davon aus, dass der Verkauf von Hanftee strafbar ist.“ Er rät Händlern, die Revision des Bundesgerichtshofs (BGH) abzuwarten. Seiner Einschätzung nach könnten bis dahin noch sechs bis zwölf Monate vergehen.
Im günstigsten Fall könnte der BGH laut Grubwinkler Klarheit schaffen, was den THC-Gehalt in Hanftee angeht. Dann hätten Händler einen eindeutigen Orientierungspunkt, auf den sie sich berufen könnten. „Es kann aber auch sein, dass der BGH das Urteil aufhebt und zurückverweist“, sagt der Fachanwalt für Strafrecht. Dann bliebe die Situation weiterhin unklar.
Den Händlern bliebe dann nur noch die Möglichkeit, darauf hinzuwirken, dass der Gesetzgeber einen klaren Grenzwert für den THC-Gehalt von Hanftee festlegt. Das fordern die Überwachungsämter schon seit Jahren.
So schwierig muss das gar nicht sein. Denn das ehemalige Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin hat im Jahr 2000 schon einmal THC-Richtwerte für Lebensmittel aufgestellt: fünf Mikrogramm pro Kilo für Getränke, 5000 Mikrogramm pro Kilo für Speiseöle und 150 Mikrogramm pro Kilo für alle anderen Lebensmittel, also auch für Hanftee.
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