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„Ein Sieg für die Meinungsfreiheit“

Südtiroler Pestizidprozess endet mit Freispruch

Das Landgericht Bozen hat auch den letzten Anklagepunkt gegen den Umweltaktivisten und derzeitigen grünen Bundestagsabgeordneten Karl Bär fallen lassen. Damit ist dieser Versuch, Pestizidkritiker mit juristischen Mitteln mundtot zu machen, endgültig gescheitert.

Im Südtiroler Pestizidprozess hat das Bozener Landesgericht am Freitag Karl Bär auch vom letzten noch verbliebenen Anklagepunkt freigesprochen. Bär hatte 2017 als Mitarbeiter des Umweltinstituts München in einer Plakataktion den hohen Pestizideinsatz beim Apfelanbau in Südtirol angeprangert. Dazu verfremdete er ein Plakat der Südtiroler Tourismuswerbung mit dem Begriff „Pestizidtirol“. Die Staatsanwaltschaft sah darin eine Markenfälschung, die von Amts wegen verfolgt werden muss und klagte Bär deshalb an.

Am letzten Verhandlungstag beantragte die Staatsanwaltschaft jedoch eine Änderung der Anklage in üble Nachrede. Allerdings hatten bereits im Laufe des Prozesses der Südtiroler Landesrat Arnold Schuler und weitere 1375 Kläger ihre Strafanträge zurückgezogen, mit denen sie Bärs Pestizidkritik als üble Nachrede verurteilt sehen wollten. Wo kein Kläger, da kein Richter – und so sprach das Gericht Bär endgültig frei.

Freispruch nach 20 Monaten Prozess

Mit diesem eleganten juristischen Manöver der Staatsanwaltschaft endete nach über zweijähriger Ermittlungsdauer und 20 Monaten Verfahren eine der aufsehenerregendsten Klagen gegen eine Umweltorganisation in Europa mit einem kompletten Freispruch. Karl Bär und das Umweltinstitut werteten das Urteil als bedeutenden Sieg für die Meinungsfreiheit. „Der Versuch der Landesregierung, Kritik am Pestizideinsatz juristisch zu unterbinden, ist gescheitert. Dieses Urteil ist wegweisend für alle in Europa, die sich für eine gesunde Umwelt und Natur einsetzen", kommentierte Karl Bär.

Der Prozess hatte von Beginn an für große Aufmerksamkeit gesorgt und brachte Südtirol schlechte Presse. Nicht nur Umweltschützer werteten das Verfahren als Versuch, Kritiker mit juristischen Mitteln mundtot zu machen. Denn bei einer Verurteilung hätten Bär und dem anfangs mitangeklagten Autor Alexander Schiebel (Das Wunder von Mals) Haft und millionenschwere Schadensersatzforderung gedroht. „Im Oktober 2020 hatte der Europarat die Klagen gegen meinen Mandanten in Südtirol als strategische Klage und damit als Angriff auf die Meinungsfreiheit eingestuft”, sagte Bärs Rechtsanwalt Nicola Canestrini.

EU will solche Prozesse künftig erschweren

Der Prozess lenkte die öffentliche Aufmerksamkeit auf solche strategischen Klagen, die auch als SLAPP bezeichnet werden. Das steht für Strategic Lawsuits against Public Participation – zu Deutsch strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung. Solchen Einschüchterungsklagen will die EU-Kommission jetzt mit einer Anti-SLAPP-Initiative einen Riegel vorschieben. Sie hat dazu eine eigene Richtlinie vorgelegt, die Parlament und Europarat beraten und beschließen müssen. (leo)

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