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Haltungskennzeichnung

Staatliches Tierwohllabel kommt vorerst nicht

Das vom Landwirtschaftsministerium von langer Hand geplante Tierwohllabel wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommen. Bei der SPD bezeichnete man die entsprechenden Entwürfe als „absolut ungenügend“. Auch Bioland begrüßt das Label-Aus.

Dieser Artikel wurde am 21. Juni aktualisiert.

Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland hätte laut des aktuellen „Ernährungsreports“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gerne Angaben zur Tierhaltung auf der Wurst- oder Fleischverpackung. Doch das geplante staatliche Tierwohllabel, das eine bessere Haltung oberhalb des gesetzlichen Standards anzeigen soll, werden die Verbraucherinnen und Verbraucher dort erstmal nicht sehen.

Die Gesetzespläne von Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) für eine Kennzeichnung auf freiwilliger Basis werden einem Bericht der Nachrichtenagentur DPA zufolge in dieser Legislaturperiode nicht mehr im Bundestag behandelt. Kritik kam demnach vor allem aus den Reihen der SPD, wo die vorliegenden Entwürfe als „absolut ungenügend“ bezeichnet wurden. Die Sozialdemokraten fordern statt einer freiwilligen eine verpflichtende Kennzeichnung zum Tierwohl.

Klöckner rechtfertigt die Freiwilligkeit ihres Labels damit, dass eine verpflichtende Lösung ohne entsprechenden EU-Rechtsrahmen nicht möglich sei. Dem widerspricht die Umweltorganisation Greenpeace. Dort habe man bereits 2018 ein Gutachten erstellen lassen mit dem Ergebnis, dass ein solches Label mit EU-Recht vereinbar gewesen wäre, sagte eine Greenpeace-Sprecherin im Deutschlandfunk.

Auch Bioland begrüßte, dass die Tierwohl-Pläne in der aktuellen Fassung vom Tisch sind. „Klöckners Labelkonzept setzte auf Freiwilligkeit, bot wenig Tierwohl, grenzte Ökobetriebe aus und bezog sich vorerst nur auf Schweine“, kritisierte Gerald Wehde, der bei dem Anbauveraband den Bereich Agrarpolitik leitet. Er fordert ein Gesamtkonzept, dass den Blick nicht isoliert auf das Tierwohl richtet, sondern auch die Anforderungen einer umwelt- und klimagerechten Landwirtschaft von Anfang integriert. „Dazu gehört neben verschärften Auflagen, dass Fördergelder – also unsere Steuern – nur noch auf Betriebe mit flächengebundener Tierhaltung fließen", so Wehde. „Denn die Gülleflut und Überdüngung durch industrielle Tierhaltung muss eingeschränkt werden.“ Außerdem müsse Bio fester Bestandteil der Kennzeichnung sein.

Ob, beziehungsweise wann und in welcher Form ein staatliches Tierwohllabel kommt, ist mehr denn je ungewiss. Schon unter Klöckners Vorgänger Christian Schmidt (CSU) hatte das Agrarministerium an einer Kennzeichnung gearbeitet, bis zur Bundestagswahl 2017 aber nicht abschließen können.

Nach wie vor können sich Kundinnen und Kunden an dem Label „Haltungsform“ orientieren, das 2019 von der Initiative Tierwohl, einem Zusammenschluss der Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und des Lebensmitteleinzelhandels eingeführt wurde. Das Logo hat vier Stufen, beginnend mit Stufe 1 für den gesetzlichen Mindeststandard. Die Verbraucherzentrale bemängelte Ende 2020, dass das Angebot der Haltungsformen 3 und 4 viel zu gering sei. Demnach stammten lediglich 13 Prozent des gekennzeichneten Fleisches aus diesen Haltungsformen.

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