Biohandel

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Kolumne

Schrumpft sich der Bio-Fachhandel gesund?

Setzt sich die Krise fort, wird der Bio-Fachhandel kleiner werden. Dabei war er ohnehin nie für die Masse gemacht, erinnert Kolumnist Simon Döring.

Insbesondere inhabergeführte Fachgeschäfte sehen sich derzeit mit mehreren Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert: Nach einem Jahr mit negativem Wachstum liegen die Umsätze aktuell in etwa auf dem Niveau von 2019. Die Handelsspanne gerät durch Inflation und zunehmende Konkurrenz im LEH weiter unter Druck, während die Ausgaben anziehen. Die Lage ist noch nicht dramatisch, aber viele Händler blicken bereits skeptisch in die Zukunft.

All das ist per se nicht neu, aber unsere Branche sah sich noch nie mit nachhaltig sinkenden Erlösen konfrontiert. Bislang stiegen die Fachhandelsumsätze kontinuierlich. Bio wurde immer gefragter und die Vision von „Bio für alle“ gab allen ein erstrebenswertes Ziel ohne Limit.

An dieser Stelle sei jedoch daran erinnert, dass der „Fachhandel“ per Definition einen Nischenmarkt bedient: Die Strukturen und die strategische Ausrichtung sind nicht darauf ausgelegt, die Masse zu versorgen. Vielmehr geht es darum, eine qualitätsorientierte Zielgruppe mit starker Kaufkraft anzusprechen. Haben wir hier vielleicht unser Maximum erreicht?

„Unsere Nische wird es weiterhin geben.“

Simon Döring, Diplom-Betriebswirt

Setzt sich die aktuelle Entwicklung fort, rechne ich tatsächlich mit einer Art Marktbereinigung. Einige Bioläden werden aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben. Kleinere Läden sind davon strukturbedingt eher bedroht als größere, da sie weniger einsparen und finanzielle Rücklagen bilden können. Vor allem aber trifft es jene Fachhändler, die bislang kein eigenes, begeisterndes Profil entwickelt haben. Sie werden Argumente für ihre Daseinsberechtigung finden müssen.

Mit etwas Abstand wage ich die These, dass wir es nicht mit einer Krise zu tun haben, sondern mit einem „Gesundschrumpfen“ unserer Nische. Gleichzeitig bin ich optimistisch: Gelingt es, den Fachhändlern, die Rolle des Marktführers für Bio und Nachhaltigkeit konsequent zu leben und authentisch zu kommunizieren, wird es unsere Nische weiterhin geben, in der man durchaus wirtschaftlich erfolgreich arbeiten kann.

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Kommentare

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Andreas Schur

Grundsätzlich richtige Analyse. Relative Kleinheit (>250 qm VK-Fläche) erfahren wir aber nicht unbedingt als Nachteil. Im Kontext der angesprochenen Profilierung und den Aufgaben in der Nahversorgung liegen Potentiale, die in Partnerschaft der Marktpartner weiter ausgebaut werden können. Unternehmerische Vielfalt im Markt ist ein Resilienzfaktor, wenn sich die Akteure über Unternehmensgrenzen hinweg effektiv und effizient organisieren. Wir können und werden ANDERS HANDELN (müssen :-)). Gelingen kann dies nur gemeinsam!

Markus Maaß

Moin Philip,

es gibt sie tatsächlich, die ungesunden Teile unserer Branche. Läden, Onlineshops usw, die (noch) offen sind, weil die Kundschaft bio sucht, die LadnerInnen aber ihr Auskommen quersubventionieren, Läden, die Spenden für's Überleben sammeln. Und ja, es sind solche Geschäfte, die (nicht nur derzeit) die Preise 'kaputt' machen, weil sie eben nicht davon leben müssen und 'unser' Sortiment verramschen.
Da draußen sind jede Menge Flächen, wo sich keineR um VerbraucherInnenschutz schert, ohne HAACP Pläne, ohne Biokontrolle und meist auch keine Ideen zu Pflichten. Wie häufig höre ich ErzeugerInnen über diese stöhnen, weil sie es nicht nötig sehen, Partnerschaft zu leben oder schlicht rechtzeitig oder überhaupt zu zahlen.
Wer ein 'Urgestein' ist, hat hoffentlich noch -wie Simon schreibt- ein 'begeisterndes Profil'. Sonst ist es eben auch nur ein alter Zopf....

Philip Peters

Lieber Simon, ich finde deine Einschätzung zu möglichen Ladenschließungen recht zynisch. Es klingt, als sei vor allem die Existenz vieler kleiner Bioläden ein ungesunder Nebeneffekt der ehemals guten Konjunktur. Als stünde die Branche ohne die inhabergeführten Nahversorger in den Kleinstädten und Randlagen mit geringer Kaufkraft besser da.
Da würde ich deutlich widersprechen! Diese Läden sind sicher weniger resilient gegen Krisen als die Bio-Riesen in Top-Lagen, aber deren Aussterben als "Gesundung" zu bezeichnen, ist bitter und verletzt die Ehre dieser Händler, teils Urgesteine der Branche, die mit Charakter und Idealismus jahrzehntelang gegen wachsende Konkurrenz gekämpft haben.
Ich bin froh über die kleinstrukturierte deutsche Biobranche und möchte hier keine Konzern-Landschaft wie in Frankreich oder Holland.

Klaus Braun

Hallo lieber Philip,
ganz vielen Dank für deinen "Widerspruch"! Wenn es bei mir tatsächlich so klingt, als seien die kleinen Bioläden ein konjunkturbedingtes Phänomen, so möchte ich das unbedingt korrigieren: Nach meiner Erfahrung sind es gerade diese Standorte, die (wie du ja auch sagst) oftmals von "Überzeugungstätern" gegründet und unter hohem persönlichen Einsatz betrieben werden - und ich hoffe sehr, dass es auch vor allem diese Betriebe sind die zukünftig die "Fahne des Fachhandels" hochhalten werden.

Mir ging es um die Gesamtmenge an "Fachgeschäften", wobei man da ja schon diskutieren kann welche Konzepte (von kleinem Hofladen bis zum bundesweiten Filialisten) da tatsächlich darunter fallen. Ich habe bei einigen Einzelakteuren in der Vergangenheit durchaus den Eindruck gewonnen, dass die Wachstumszahlen (von 5-10 Prozent) als "selbstverständlich" und "neverending" wahrgenommen wurden. Kurz und provokant formuliert: Wer sein Geschäftsmodell einfach darin sieht, "Bio zu verkaufen", läuft Gefahr in der Masse der Anbieter unterzugehen und ist dann eben auch kein "Fachhandel" im eigentlichen Sinne mehr. Es gilt, "etwas mehr" zu bieten und dafür eine Zielgruppe zu finden - vielleicht haben hier ja gerade die von dir beschriebenen kleinstrukturierten Betriebe einen Vorteil?!

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