Biohandel

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Herstellerportrait

Salus: Was möglich ist, wird selber gemacht

Der über 100 Jahre alte Naturarzneihersteller gehört zu den Pionieren der Bio-Branche. Auf dieser Erfahrung baut die nachfolgende Generation auf. BioHandel hat Salus am Standort in Bruckmühl besucht.

Manchmal riecht es in Bruckmühl wie in einem Gewürzschränkchen. Bruckmühl bei Rosenheim, das sind 17.000 Einwohner, vier Apotheken, ein Reformhaus und der Naturarznei-Pionier Salus. Otto Greither, einer der beiden Geschäftsführer, wirbt allein mit seiner Lebensausdauer für das Unternehmen und seine Produkte: Ende März feierte er seinen 99. Geburtstag. Bis vor wenigen Jahren kam er noch täglich ins Büro – seit 2015 steht sein Schwiegerenkel und Nachfolger Dr. Florian Block neben ihm.

Lange, sehr lange, hat Otto Greither alles alleine verantwortet. Mit 20 Jahren übernahm er das Unternehmen von seiner verstorbenen Mutter, die es nach dem Tod des Vaters weitergeführt hatte. Das war 1945, direkt nach dem Krieg, Großteile der Produktionsgebäude in München waren zerstört. Ein harter Anfang. Seither hat Greither Krisen durchstanden, Erfolge gefeiert, Werte gefestigt.

Von der eigenen Stromerzeugung zur ökologischen Pflanzenzüchtung

Zunächst mangelte es an vielem: Zement für den Wiederaufbau, Brennholz, Strom für die Produktion. Aber Tee und Gesundheitsprodukte waren gefragt. Und der junge Firmennachfolger konnte sich auf seine Mitarbeitenden verlassen. Sie seien sein Familienersatz geworden, heißt es auf der Website. Salus wuchs, zog Ende der 60er-Jahre von München nach Bruckmühl. Eine Lehre aus der entbehrungsreichen Zeit: Was möglich ist, wird selber gemacht.

Otto Greither wählte als Standort ein ehemaliges Sägewerk mit Kanal und Wasserkraftwerk für eine unabhängige Stromerzeugung. In der Zwischenzeit kam ein weiteres Wasserkraftwerk dazu, Photovoltaik belegt die Dächer und überall da, wo es die Statik der Gebäude zulässt, die Wände. Auf dem Firmengelände stehen eine eigene Schreinerei, Elektrowerkstatt, Schlosserei.

„Mit uns zusammenzuarbeiten, ist nicht so einfach.“

Florian Block, Salus-Geschäftsführer

Die Versuchsgärtnerei kultiviert Bergfrauenmantel in ökologischer Züchtung, wofür zehn Jahre Forschungsarbeit keine Seltenheit sind. Es ist mühsam, die Heilpflanze nachzuzüchten – eigentlich wächst sie nur wild und im Gebirge. Fruchtpulvergranulate, die beispielsweise den Abendstimmung-Tee aromatisieren, stammen aus eigener Produktion. „Wir halten möglichst alle Herstellungsschritte selbst in der Hand“, sagt Florian Block. Drei hauseigene Labore mit mehr als 50 Mitarbeitenden überwachen die Qualität der Rohstoffe und der fertiggestellten Produkte.

Qualität hat oberste Priorität

Um einen hohen Qualitätsstandard sicherzustellen, betreibt das Unternehmen viel Aufwand. „Prüfen, prüfen, prüfen“, nennt Florian Block einen Leitgedanken des Hauses. „Wir prüfen je nach Produktart Identität, Reinheit, Gehalt und Stabilität“, sagt Anna Holzammer, verantwortlich für Qualität und Analytik im Hause Salus.

Ist es tatsächlich Ackerschachtelhalm, der geliefert wurde? Enthält der Salbei, aus dem Arzneitee produziert werden soll, ausreichend ätherisches Öl? Haben sich mit dem Johanniskraut auch keine Giftstoffe aus dem Jakobskreuzkraut eingeschlichen? Wie steht es um Keime und Giftstoffe aus der Umwelt – Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle, Lösemittelreste?

Schon vor dem Kauf müssen Lieferanten Ankaufsmuster schicken, um zu belegen, dass ihre Ware den Qualitätsansprüchen von Salus genügt. „Mit uns zusammenzuarbeiten, ist nicht so einfach“, weiß Florian Block.

Anna Holzammer ergänzt mit Zahlen: 25 Prozent aller Proben, die die Salus-Labore kontrollieren, bestehen die strenge Prüfung nicht. Die Hälfte davon sind Ankaufsmuster. Florian Block ergänzt: „Wir sind stetig auf der Suche nach neuen Vertragsanbaupartnern. Das hilft, unsere Bedarfe in hoher Qualität auf Dauer abzusichern.“

Thema Bio gehört zur Firmenphilosophie

Nicht alle für Lebensmittel eingesetzten Rohstoffe und die daraus produzierten Fertigprodukte müssen nach den strengen Regeln des Europäischen Arzneibuchs kontrolliert werden. Doch auch den einfachen Kräuter-, Früchte- und Schwarztees kommt ein hoch angesetzter Prüfstandard zugute.

Übrigens: Auch wenn es nicht auf den Packungen steht – Salus-Arzneitees basieren, wann immer es möglich ist, auf Pflanzen aus ökologischem Anbau, versichert Florian Block. Weil die Öko-Regeln für Lebensmittel und nicht für Arzneimittel gelten, darf Arzneitee auf der Packung nicht als Bio ausgelobt werden.

Doch das Thema Bio gehört seit vielen Jahrzehnten zur Philosophie des Familienunternehmens. Lange bevor es dafür standardisierte Regelungen gab. Salus gehört zu den Gründungsmitgliedern der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Lebensmittelhersteller und hat in der Vergangenheit einen Medienpreis gestiftet, „um die Berichterstattung über Öko-Produkte aus der Nische zu holen“, berichtet Block.

Wichtige Vertriebswege und Unternehmenserweiterung

Zunächst war die Marke Salus ausschließlich in Reformhäusern zu finden. Der Firmengründer und Arzt Dr. Otto Greither hatte die Salus-Werke 1916 gegründet, nachdem er Gicht und eine schwere Darmerkrankung mit natürlicher Hilfe in den Griff bekommen hatte. Er war ein Kind der Lebensreformbewegung.

Sein Sohn übernahm Philosophie, Grundhaltung und den klassischen Vertriebsweg über die Reformhäuser, brach aber 2006 aus dem Verbund aus, um auch an Apotheken und Bio-Läden verkaufen zu können. Heute verdankt das Unternehmen zudem über 50 Prozent seines Umsatzes dem Vertrieb ins Ausland.

Salus steht für Naturarzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel, für Tonika und Tees aller Arten. Im Laufe der Jahre erwarb Otto Greither weitere Unternehmen, die das Sortiment passend ergänzen. Der Hersteller Herbaria mit seinen Bio-Kräutern und -Gewürzen agiert nach wie vor als eigenständige GmbH.

Doch die Anwesenheit des Herbaria-Geschäftsführers Erwin Winkler beim Pressetermin in Bruckmühl zeigt, dass hier eine enge Partnerschaft gepflegt wird. Man teilt sich Qualitätsstandards und -kontrollen. Herbaria, mit Standort im 30 Minuten entfernten Fischbachau, kümmert sich um den Vertrieb an die Naturkostläden für die gesamte Salus-Gruppe.

Und damit auch für das Pflanzensaftwerk Schoenenberger. Schoenenberger kam 1991 als Tochtergesellschaft zu Salus. Florian Block leitet die Geschäfte, produziert wird weiterhin in Magstadt bei Stuttgart. Zusammen bilden Salus, Herbaria und Schoenenberger die Salus-Gruppe.

Drei Fragen an Florian Block

Herr Block, wie geht es Salus heute?
Gut. Die Marken Salus und Schoenenberger wachsen und gewinnen in der Bio-Branche an Bedeutung.

Welche Rolle spielt Salus für den Naturkostfachhandel?
Salus, Schoenenberger und Herbaria sind starke Marken und bieten dem Bio-Fachhandel Differenzierungspotenzial gegenüber dem LEH. Und die Erkenntnis setzt sich durch, dass gesunde Ernährung allein nicht ausreicht. Das Interesse an Naturarznei und Nahrungsergänzungsmitteln wächst.

Sie bedienen bislang Reformhäuser, Apotheken und den Naturkosthandel. Wie steht es mit Ihrem Interesse, in den LEH zu expandieren?
Der Massenmarkt passt nicht zu Salus und Schoenenberger. Wir bleiben dem Fachhandel treu. Herbaria kann da eher Kompromisse eingehen – in Regionen, in denen Naturkostläden unterrepräsentiert sind. Aber auch Herbaria bedient zu 80 bis 85 Prozent Bio-Märkte. .

Weiterentwicklung im Sinne von Otto Greither

Viele Fäden hielt Otto Greither über 75 Jahre in der Hand und ließ sich Zeit, um eine für ihn akzeptable Nachfolge in die Wege zu leiten. Tatsächlich hat die Firmenleitung nun sogar eine Generation übersprungen. Offenbar ist der Übergang gut gelungen.

Der heute 44-jährige Florian Block, Betriebswirt und Jurist, präsentiert sich zurückhaltend, gerne auch im Trachtenjanker, wie der Senior. „Natürlich will ich einzelne Dinge anders machen, das verlangt schon die Entwicklung der Märkte. Aber immer im Sinne von Otto Greither“, betont er. Er wolle Gutes bewahren und zukunftsfähig machen.

Auf den ersten Blick ist vieles beim Alten geblieben. „Vor zwei Jahren haben wir die Verpackungen grafisch überarbeitet“, sagt der Nachfolger bescheiden. Tatsächlich hat sich aber einiges mehr bewegt, seitdem Florian Block 2015 sein Büro bezogen hat. Ein neues Produktionsgebäude sollte entstehen und wurde 2021 fertiggestellt – großzügig, mit Platz für Erweiterung.

Der Neubau wird zu 80 bis 90 Prozent mit Wärme aus der Produktion geheizt. Ein im Gebäude integriertes neues Kühlsystem gewann den Nachhaltigkeitspreis des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller. Die Kälteanlage kühlt Lager, Produktion, Labore und Büros. Flusswasser aus dem Kanal hilft dabei und wird mit nur 0,06 Grad mehr wieder eingeleitet, was keinen negativen Einfluss auf das Ökosystem im Wasser hat. Im nördlichen Teil des Geländes wächst ein Biomasseheizwerk, das aus regionalem Altholz gespeist werden soll. Das macht Salus unabhängig von Importgas und versorgt das Werk zu 100 Prozent mit regenerative Wärme.

Autarkie war und ist ein wichtiges Anliegen

Das Salus Auwald-Biotop, ein 27.000 Quadratmeter großes Waldstück, das Greither 1995 neben dem Firmengelände erwarb, wird bei der Berechnung zur CO2-Neutralität berücksichtigt. Autarkie und Nachhaltigkeit – damit führt Block eine Philosophie weiter, die seinem Schwieger-Großvater ein wichtiges Anliegen war. Seit über 25 Jahren hilft auch das EMAS-Programm dabei, die Nachhaltigkeit des Betriebs weiter zu verbessern.

Auch Krisen musste sich Block entgegenstemmen. Als nicht sicher war, ob künftig genügend Gas für Produktionen verfügbar sein würde, „haben wir extern in großem Stil Lager angemietet und die Lagerkapazität ausgebaut, um Zwischenprodukte vorzuproduzieren“, berichtet Block. Zugute kam dem Unternehmen, dass Otto Greither seit jeher Wert auf Lagerhaltung legte: für bis zu zweieinhalb Jahre müssen die Vorräte bei einzelnen Pflanzen reichen.

„Von den Umsätzen 2019 sind wir in einzelnen Bereichen immer noch entfernt.“

Florian Block

Auch die schwächelnde Wirtschaft, Inflation und das gestiegene Preisbewusstsein der Kunden lassen die Salus-Gruppe nicht unberührt. Florian Block: „Von den Umsätzen 2019 sind wir in einzelnen Bereichen immer noch entfernt.“ Herbaria hat reagiert und bietet neuerdings Gewürze nicht nur in edlen Weißblechdosen an, sondern auch in kleineren und preiswerteren Glasstreuern oder Sachets. Die Salus-Gruppe will bei ihrer Preispolitik bleiben: „Unserer Qualität ist ihr Geld wert“, befindet Florian Block. Er ist optimistisch: „Der Preisfokus wird zurückgehen. Das Bewusstsein der Kundschaft für die eigene Gesundheit ist nicht weg, nur überlagert.“

Zahlen – Daten – Fakten

  • Firmenstandort: Salus Haus, Bahnhofstr. 24, Bruckmühl
  • Gründung: 1916
  • Mitarbeitende: über 400
  • Sortiment: 500 Produkte im deutschen Markt: Tonika, Tees, Frischpflanzensäfte, Tropfen, Tabletten
  • Kunden: Naturkostfachhandel, Reformhäuser, Apotheken
  • Geschäftsführung: Dr. Florian Block, Otto Greither
  • Salus-Gruppe: Salus Haus, Schoenenberger, Herbaria
  • Umsatz Salus-Gruppe 2023: 130 Mio. Euro

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