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Strafprozess in Bozen

Pestizidrebellen vor Gericht

Seit Jahren begleiten „Das Wunder von Mals“-Autor Alexander Schiebel und Agrarexperte Karl Bär die Südtiroler Gemeinde Mals bei ihrem Kampf gegen den Pestizid-Einsatz. Nun müssen sie sich vor Gericht verantworten. Ihr Verbrechen: Sie haben die Wahrheit gesagt.

In Bozen in Südtirol beginnt nächste Woche ein Strafprozess gegen den Agrarexperten Karl Bär vom Umweltinstitut München und Alexander Schiebel, Autor des Buchs und Films „Das Wunder von Mals“. Seit mehr als fünf Jahren unterstützen sie die Aktivisten des südtirolischen Mals bei der Entwicklung zu einer pestizidfreien Gemeinde.

Jeder zehnte Apfel Europas wächst in Südtirol und wird bis zu 20 mal im Jahr mit Pestiziden behandelt. Als der Südtiroler Ort Mals sich zur pestizidfreien Gemeinde erklärte, machte das Schlagzeilen und thematisierte gleichzeitig die Pestizidbelastung in den Tälern Südtirols. Das „Wunder von Mals“ wurde ein Öko-Bestseller und das Umweltinstitut nahm die Südtiroler Tourismus-Werbung auf die Schippe und warb für „Pestizidtirol“.

Anklage wegen übler Nachrede

Das war dem Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, zuviel. Er stellte im September 2017 zusammen mit über 1300 Landwirten Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft in Bozen erhob Anklage wegen übler Nachrede und so kommt es am 15. September zur ersten Verhandlung gegen Bär und Schiebel.

Im Oktober entscheidet sich dann, ob auch Jacob Radloff, der Geschäftsführer des oekom Verlags vor Gericht muss. Er hat Schiebels Buch herausgegeben. Auch der Vorstand des Umweltinstituts soll angeklagt werden. Den Betroffenen drohen bei einer Niederlage in dem Strafprozess nicht nur Geldstrafen, sondern auch mögliche Schadenssatzforderungen der mitklagenden Südtiroler Landwirte.

Kritiker zum Schweigen bringen

Die Beklagten werteten Anzeige und Anklage auf einer Pressekonferenz in Bozen als Angriff auf die Meinungsfreiheit. „Wie sich zeigt, hat Südtirol nicht nur ein Pestizidproblem, sondern auch ein Demokratieproblem“, sagte Karl Bär vor der Presse. „Die Anzeigen und Klagen gegen uns entbehren jeder sachlichen Grundlage und haben nur ein Ziel: KritikerInnen des gesundheits- und umweltschädlichen Pestizideinsatzes sollen in Südtirol zum Schweigen gebracht werden.“

Die Wahrheit zu sagen, sei in Italien nicht verboten, sagte Nicola Canestrini, Rechtsanwalt der beiden Beklagten, und erläuterte seine Strategie für die Gerichtsverhandlung: „Wir werden im Prozess beweisen, dass in Südtirol im Übermaß Pestizide ausgebracht werden und dass diese für Menschen, Tiere und die Umwelt gefährlich sind.“

Dafür will er über 30 Sachverständige als Zeugen aufrufen lassen. Damit wollen die Beklagten erreichen, was der Politiker Schuler und die Obstbauern verhindern wollten: Eine breite öffentliche Diskussion in Südtirol über den massiven Pestizideinsatz im Obstbau.

Mehr Information zum Gerichtsprozess beim Oekom Verlag und beim Umweltinstitut München e.V.

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