Aspekte wie Umweltfreundlichkeit und soziale Verantwortung spielen für Verbraucher bei ihren Kaufentscheidungen eine immer stärkere Rolle. Bei Lebensmitteln geben bereits zahlreiche Labels darüber Aufschluss, unter welchen Bedingungen diese produziert werden. Offenbar reicht das vielen Menschen in Deutschland aber noch nicht. Laut einer aktuellen Nestlé-Studie etwa wünscht sich ein Drittel der Befragten eine Kennzeichnung zur Klimaverträglichkeit von Lebensmitteln auf den Verpackungen.
Kritiker warnen derweil vor einem Label-Dschungel, der statt einer größeren Transparenz nur mehr Verwirrung stifte. Der Discounter Netto wagt dennoch den Spagat und hat seit vergangener Woche einen sogenannten „Nachhaltigkeits-Kompass“ eingeführt, der den Kunden Aufschluss darüber geben soll, ob bei der Herstellung eines Artikels Kriterien für den Schutz der Artenvielfalt, von Ressourcen, Süßwasser und Klima erfüllt werden. Dafür hat die Edeka-Tochter ein Label entwickelt, das anhand von vier grünen Symbolen zeigen soll, welche Nachhaltigkeitsziele die jeweiligen Artikel erfüllen.
Netto „Nachhaltigkeits-Kompass“
Das bedeuten die Nachhaltigkeitssymbole des Discounters (v.l.n.r.):
- Für mehr Artenvielfalt: Produkte, die laut Netto zum Schutz und zur Förderung von natürlichen Lebensräumen beitragen und so die Artenvielfalt unterstützen, erhalten dieses Symbol.
- Für mehr Klimaschutz: Produkte, die dieses Zeichen tragen, helfen laut Netto dabei, den Anteil von klimaschädlichen Treibhausgasen zu reduzieren.
- Für mehr Ressourcenschutz: Artikel mit diesem Zeichen werden schonender produziert und tragen dem Discounter zufolge zum Schutz wertvoller und teils begrenzter Ressourcen bei.
- Für mehr Süßwasserschutz: Dieses Symbol kennzeichnet Artikel, die laut des Unternehmens zum Erhalt und zur Qualität von Süßwasser beitragen.
Basis für die vier Kriterien „für mehr Artenvielfalt“, „für mehr Ressourcenschutz“, „für mehr Süßwasserschutz“ sowie „für mehr Klimaschutz“ sind die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen. Ob ein Artikel den Nachhaltigkeits-Kompass erhält, ist laut Netto abhängig von den Zutaten beziehungsweise Inhaltsstoffen. Zu Bewertung der Produkte würden allgemein anerkannte Zertifikate und Siegel wie zum Beispiel das EU-Bio-Ssiegel, der Blaue Engel oder FSC herangezogen, teilte der Discounter mit.
Andere Discounter versuchen sich ebenfalls an der Nachhaltigkeitstransparenz: Netto-Konkurrent Lidl testet derzeit an ausgewählten Produkten den Eco-Score. Das in Frankreich entwickelte Label ordnet den Umwelteinfluss von Lebensmitteln ein. Ähnlich wie beim ebenfalls aus Frankreich stammenden Nutri-Score, der die Inhaltsstoffe eines Produkts bewertet, findet auch die Bewertung beim Eco-Score über eine fünfstufige Ampel statt, wobei ein dunkelgrünes A für die geringsten und ein rotes E für die größten Umwelteinwirkungen steht. Berücksichtigt werden unter anderem Kriterien wie der ökologische Fußabdruck eines Produkts, die Herkunft der Zutaten, Nachhaltigkeitslabels und die Verpackungsart.
Auch Netto sammelt erstmal Erfahrungen mit seinem Label. Bundesweit kennzeichnet der Discounter zunächst rund 200 Drogerie- und Tiernahrungsartikel mit dem Nachhaltigkeits-Kompass. „Perspektivisch soll die Kennzeichnung für verantwortungsvollere Artikel auf weitere Warenbereiche ausgeweitet werden“, teilte Netto mit. Welche Produkte das Label tragen, können die Kunden im Laden am Preisschild sowie im Web und in einer App des Discounters sehen.
Budni nutzt das gleiche Label wie Netto
Bei der Hamburger Drogeriemarktkette Budni ist die Testphase derweil abgeschlossen. Dort wurde der „Budni-Wegweiser“ für einen nachhaltigeren Einkauf nun in allen 190 Filialen des Edeka-Partners ausgerollt, teilte das Unternehmen vergangene Woche mit. Künftig geben dort die gleichen vier Symbole wie bei Netto (allerdings in blau und nicht in grün) an den Regalen, online und per App laut Budni darüber Auskunft, „in welchen Bereichen unsere Produkte bereits einen positiven Beitrag leisten“. Auch hier sind die Kriterien Erhalt der Artenvielfalt, schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen, Süßwasserschutz und Klimaschutz.
Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (STMLF) will den Verbrauchern künftig digital dabei helfen, sich beim Marktbesuch schneller eine Orientierung über die Nachhaltigkeit von Lebensmitteln zu verschaffen. Möglich machen soll das der „Nachhaltige Einkaufsassistent“, eine digitale Plattform, an der seit Ende Mai das Kompetenzzentrum für Ernährung (Kern) arbeitet und das Daten zur Klimawirkung, Landnutzung oder dem Wasserverbrauch verknüpfen soll.
Auch bei dem Projekt der bayerischen Regierung geht es darum, dem Verbraucher auf einen Blick einen möglichst umfassenden Eindruck davon zu vermitteln, wie nachhaltig ein Lebensmittel ist. „Ziel ist es, dass zukünftig beim Einkaufen direkt ersichtlich ist, wie viel Wasser ein Produkt verbraucht hat, wie lange der Transportweg war und wieviel CO2 verbraucht wurde“, teilte das STMLF mit. Der „Nachhaltige Einkaufsassistent“ soll im Jahr 2024 auch als Smartphone-App zur Verfügung stehen.
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