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Messetrends: Das kommt 2021 in die Regale

Marktexperte Michael Radau erklärt, welche Produkte dieses Jahr im Fachhandel angesagt sind: darunter Veganes aus der Region, Müslis mit weniger Zucker und Wein ohne Alkohol.

Michael Radau ist auf der Biofach einer der Ansprechpartner, wenn es um Trends geht. Bioladner, die wissen wollen, welche Produkte demnächst den Umsatz ankurbeln könnten, nehmen an seinen Rundgängen teil. Der Vorstandsvorsitzende der Superbiomarkt AG begleitet jedes Jahr Gruppen von Einzelhändlern, Herstellern oder Medienvertretern über den Neuheitenstand im Nürnberger Messezentrum.

Was angesagt ist, erklärt Radau an ausgewählten Produkten, und unterhält mit Anekdoten aus mehr als 30 Jahren Branchenerfahrung. Auch bei der digitalen Biofach gab Radau seine Prognosen ab, saß aber in seinem Büro im westfälischen Münster.

Per Video zugeschaltet waren Vertreter von Herstellern, deren Neuprodukte beispielhaft für einen Trend stehen: Verena Bauer von Berief, Sven Siegmund, von der Allos Hof-Manufaktur, Axel Frerks von Davert, Felix Riegel von Riegel Weinimporte und Ole Müggenburg von Voelkel. Laut Informationen des Messeveranstalters schlossen sich über 540 Zuschauer der digitalen Trendtour an.

Vegan und aus der Region

Pflanzenbasierte Produkte von Milchersatz bis Cashewkäse nehmen immer mehr Platz in den Regalen ein – sowohl beim Bio-Fachhändler als auch in den Filialen konventioneller Lebensmittelhändler. „Das beflügelt natürlich den Trend“, betont Marktexperte Radau. Erst im Januar rief die Initiative „Veganuary“ Verbraucher dazu auf, sich einen Monat lang vegan zu ernähren. Neben knapp einer Millionen Teilnehmer nutzen die Reichweite der Initiative in Deutschland auch mehr als hundert Unternehmen, darunter viele konventionelle.

Eine 2020 veröffentlichte Studie der Universität Kassel und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FIBL) hat ermittelt, dass der Öko-Marktanteil an veganen Produkten gesunken ist, weil auch der konventionelle Lebensmittelhandel den Trend bedient. Was die Bio-Branche tun kann, um Veganer aus dem LEH zurückzugewinnen, haben die Forscher ebenfalls untersucht.

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Ob Reis, Kokos, Nüsse oder Getreide – bei Milchalternativen gehen die Varianten schon lange über Soja hinaus. Hafer komme laut Radau mit am besten an. Selbst eine Molkerei hat vergangenes Jahr einen Haferdrink auf den Markt gebracht. Velike heißt die Marke, unter der die Schwarzwaldmilch GmbH regionalen Haferdrink über den Lebensmitteleinzelhandel verkauft. Dass die Rohstoffe für vegane Alternativen aus der Region kommen, werde den Verbrauchern laut Radau immer wichtiger.

Hersteller Berief aus Beckum verwendet in seinem Haferjoghurt, der 2020 auf den Markt kam, ebenfalls nur Hafer aus der Region. Neu ist ein Sojaghurt aus Sojabohnen, die im Nachbarland Österreich wachsen. Den Joghurt gibt es in den Geschmacksrichtungen Natur, Vanille und Heidelbeere, weitere sollen laut Verena Bauer dazukommen. Die Variante mit Heidelbeere schmeckt ein bisschen süß, ein bisschen säuerlich. Berief hofft, damit den Geschmack vieler Verbraucher getroffen zu haben. Außerdem habe man sich bei der Rezeptentwicklung für die dunkelblaue Strauchbeere entschieden, weil sie reich an Vitaminen, Folsäure, Eisen und Antioxidantien ist – und so gleich den Superfood-Trend mitbedient.

Gesund genießen

Geschlossene Restaurants, Mensen und Kantinen bringen Verbraucher dazu, in der Corona-Pandemie häufiger selbst zu kochen. Gesund und lecker soll es sein, im Lockdown will man sich beim Essen etwas Gutes tun. Hersteller reagieren mit allerhand Neuprodukten für die fantasievolle Küche, hat Radau beobachtet. „Gewürze im Frühstücksbrei, der dadurch zum geschmacklichen Highlight wird, Basics in überraschenden Variationen, proteinreiche Hülsenfrüchte, Pasta, Special Interest Products bei Ölen, oder Gewürzmischungen“, zählt er auf.

Davert will es Verbrauchern bequemer machen, Hülsenfrüchte zuzubereiten. Proteinreiche Ernährung ist weiter Trend. Bei Davert mache sich das unter anderem bemerkbar, weil der Hersteller zügig Listungen für Produkte mit Hülsenfrüchten bekomme. Ein Nachteil von Linsen, Bohnen und Erbsen: Im getrockneten Zustand gekauft, müssen sie erst eingeweicht, dann lange gekocht werden, bevor sie genießbar sind. Mit dem neuen Kichererbsenreis und dem neuen Erbsenpüree reduziert Davert die Kochzeit auf wenige Minuten, vorher einweichen ist nicht nötig.

Ingwer-Shots gehen durch die Decke

Ole Müggendorf, Voelkel

Bei den Nahrungsmitteln mit Zusatznutzen, wie Superfoods auch genannt werden, stehen Hanf, Ingwer und immer noch Kurkuma hoch im Kurs. Voelkel verwendet die immunstärkenden Knollen Ingwer und Kurkuma in seinen Shots, die von der Naturkostsafterei in immer größeren Flaschen abgefüllt werden: Zu den Fläschchen mit nur einer Portion für unterwegs, und der Flasche mit sechs „Shots“ kommt nun eine mit 15 Portionen.

Welche Hanfprodukte gibt es?

Hanföl liefert reichlich mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann.

Hanfmehl enthält viel Eiweiß, Fett und Ballaststoffe.

Hanftee kann bis zu zehn Minuten ziehen und wirkt beruhigend.

Hanfmus entsteht, wenn die Samen schonend vermahlen werden. Das Mus passt in Dips, Brotaufstriche, Pestos oder Smoothies.

Ungeschälte Hanfsaat enthält die meisten Ballaststoffe und hält sich länger.

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Verpackung sparen

Voelkels 750-Milliliter-Flasche für 15 Shots besteht aus braunem Glas und ist für den Mehrweg geeignet. Die Naturkostsafterei knüpft damit an das Konzept seines Haferdrinks in der Mehrwegflasche an, der 2020 auf der Biofach als Produkt des Jahres ausgezeichnet wurde und den Nerv der Zero-Waste-Bewegung trifft.

Um dem Verbraucherwunsch nach weniger Verpackungsmüll nachzukommen, hat der Waschmittel-Produzent Sodasan mit der „Bag in Box“ eine Abfüllstation für zuhause geschaffen. Radau ist gespannt wie die Idee am Markt ankommt, und hofft „dass das ein breiter Trend wird“.

Weniger Zucker, weniger Alkohol

Wer ein Müsli frühstückt, isst je nach Sorte eine Süßspeise anstelle einer gesunden Mahlzeit. Viele Verbraucher wollen weniger Zucker essen, manche ganz darauf verzichten. Sie kaufen Bücher, die zu einem zuckerfreien Lebensstil beraten. Sie informieren sich im Internet, wie sich Zucker beim Kochen und Backen ersetzen lässt. Sie schauen kritisch auf Zutatenlisten von Produkten – und lassen stehen, was zu viel Zucker enthält. Zum Beispiel ein gewöhnliches Müsli.

Immer mehr Hersteller von Frühstückscerealien bieten Varianten mit weniger oder ohne zusätzlichen Zucker an. Oder verwenden Fruchtsüße und Palmblütenzucker anstelle von Rohr- oder Rübenzucker, weiß Radau.

Bei Allos liefen laut Key-Account Manager Sven Siegmund manche zuckerreduzierten Müslis besser als die erfolgreichen Amaranthmüslis des Bio-Herstellers. Neu ins Sortiment kommt ein Schokomüsli, das mit nur 1,8 Gramm Zuckeranteil trotzdem „schokoladig genug“ schmecken soll. „Ich erinnere mich daran, dass am Anfang die Müslis komplett zuckerfrei waren“, berichtet Radau, der schon 38 Jahre Teil der Branche ist. Mittlerweile enthielten Schokomüslis im Bio-Bereich neun bis 15 Gramm Zucker, weiß Siegmund.

Alkoholreduzierte Weine: „eine eigene Produktkategorie"

Verbraucher wollen zunehmend auch den Alkohol weglassen, oder weniger davon trinken. Das zeigt sich in einer laut Weinimporteur Riegel gestiegenen Nachfrage an alkoholfreien Weinen. Radau ist skeptisch, er habe vor Jahren einmal einen alkoholfreien Wein probiert: „Ich dachte nach dem ersten Glas, da könnte ich vielleicht auch einen guten Traubensaft trinken.“ Es sei schwierig, einen authentischen Weingeschmack ohne Alkohol herzustellen, bestätigt Felix Riegel, stellvertretender Geschäftsführer beim Weinimporteur. Mit den neuen Sorten – ein Rosé mit reduziertem Alkoholgehalt von zehn Prozent und ein alkoholfreier Sekt – komme man möglichst nah an den authentischen Weingenuss. Trotzdem sieht er die Alternativen als „eine eigene Produktkategorie“.

Mehr Neuprodukte

In diesem Jahr wird es keinen Neuheitenstand auf der Biofach geben.

Die von Michael Radau auf der digitalen Biofach vorgestellten Produkte sind regional, gesund und umweltfreundlich verpackt – weitere Neuheiten, die diesen Trends begegnen hat BioHandel-Autorin Gudrun Ambros bereits vor dem Branchentreff ausfindig gemacht.

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Der Fantasie in den Rezeptküchen der Hersteller sind offenbar keine Grenzen gesetzt. „Innovationen waren schon immer eine stärke der Bio-Branche“, erklärt der Radau. Er selbst entdecke immer wieder Produkte, „bei denen man denkt, da wäre ich nie draufgekommen“, zum Beispiel „eine weiße Schokolade mit Earl Grey-Aroma“, die er persönlich sehr interessant finde.

Aus den über 500 eingereichten Neuheiten haben die Teilnehmer ihre Favoriten mit dem Best New Product Award ausgezeichnet.

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