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Initiative gegen Lobby-Blockaden

Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft startet Kampagne für transparentes Wirtschaften

2023 kommt das neue Lieferkettengesetz. Doch während der aktuelle Gesetzesentwurf für viele Unternehmen zu lasch ist, wollen Lobby-Verbände die Vereinbarungen weiter einschränken. Deshalb startet der BNW nun eine Aktion für ein wirkungsvolles Lieferkettengesetz.

Der vor kurzem umbenannte Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW) startet eine Kampagne, in der sich Unternehmen öffentlich unter dem Hashtag „#transparenteswirtschaften“ für mehr Ambition beim Lieferkettengesetz aussprechen können. Der BNW begründet die Initiative unter anderem damit, dass der Entwurf zum Lieferkettengesetz zu wenig ambitioniert sei – etwa bei den Standards zum Umweltschutz. Außerdem gebe es dem Verband zufolge anhaltende Bestrebungen verschiedener Lobby-Verbände, das Lieferkettengesetz abzuschwächen.

In einer Pressemitteilung des BNW kritisiert Geschäftsführerin Katharina Reuter in dem Zusammenhang den kürzlich veröffentlichten BDI-Verbändebrief als „rückschrittlich“. Jahrelang habe man dort versucht, das Thema auszusitzen und zu behindern.

So gehe etwa der mehrheitlich durch das EU-Parlament befürwortete „Legislativbericht über menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen“ laut Reuter inhaltlich weit über den deutschen Gesetzentwurf hinaus, da er mehr Unternehmen einbezieht, mehr Umweltfragen aufgreift und Bestimmungen zur zivilrechtlichen Haftung umfasst. „Allesamt Punkte, die auf Druck von BDI, BDA und DIHK aus dem deutschen Gesetzesentwurf gestrichen wurden”, so Reuter. „Unglaublich, dass der BDI jetzt seine massive Lobby-Blockade gegen das Lieferkettengesetz fortsetzt.“

Begrenztes Potenzial durch Ausschluss kleinerer Unternehmen

Das ab 2023 geltende Lieferkettengesetz richtet sich laut Entwurf zunächst an Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten, ab 2024 dann an Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Zur Einordnung: In Deutschland gibt es nur 600 Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden und nur 2.900 Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden. Das Potenzial für eine positive Transformation der gesamten Wirtschaft wäre also begrenzt.

„Die künstliche Beschränkung auf die großen Unternehmen trägt aktiv dazu bei, dass KMU (Kleine und Mittlere Unternehmen, Anm. d. Red.) sich nicht das notwendige Lieferkettenmanagement als moderne Business-Disziplin aneignen“, macht Antje von Dewitz, Geschäftsführerin des Outdoorsport-Ausrüsters Vaude, deutlich. Dabei müsse laut Reuter auch das deutsche Lieferkettengesetz „dafür sorgen, dass die unternehmerische Verantwortung künftig nicht mehr auf dem Betriebsgelände endet, sondern die ganze Wertschöpfungskette umfasst.”

Erste Stimmen zur Kampagne

Erste Unternehmen, Vertreter aus der Wissenschaft sowie Bürger haben sich der Kampagne für ein ambitionierteres Lieferkettengesetz bereits angeschlossen und sich zum aktuellen Gesetzesentwurf und er Kritik seitens der Wirtschaftsverbände geäußert.

Kerstin Stromberg, Sodasan: „Nachhaltigkeit darf kein weichgespültes Lippenbekenntnis sein. Nach jahrelangen Absichtserklärungen von Politik und Großindustrie brauchen wir jetzt Taten, die zu einem Wandel in der gesamten Gesellschaft führt. Durch unsere CSE-Zertifizierung ist die Prüfung unserer Lieferketten bereits heute gelebte Praxis.“

Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von Vaude: „Wir haben aktuell Wettbewerbsnachteile, da wir freiwillig in Entwicklung und Herstellung von umweltfreundlichen Produkten investieren, die unter fairen Bedingungen produziert werden. Ein Lieferkettengesetz könnte ein Schritt sein, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu schaffen. Mit rund 500 Mitarbeiter:innen würde der aktuelle Entwurf jedoch gar nicht für uns und die hauptsächlich mittelständisch geprägte Textilindustrie greifen.“

Michael Brenner, CFO Weleda: „Ein wirklich ambitioniertes Lieferkettengesetz sollte ein wichtiges Bollwerk gegen die ökologische Verarmung sein. Freiwillige Initiativen sind auch unverzichtbar, aber sie reichen leider nicht aus.

Professor Dr. Laura Marie Edinger-Schons, Wirtschaftswissenschaftlerin und Universitätsprofessorin für Corporate Social Responsibility an der Universität Mannheim: „Die Veränderung der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung muss durch die Politik mit passenden Instrumenten unterstützt und geleitet werden. Entscheidend bleibt also weiterhin der gesellschaftliche und vor allem politische Wille, damit es zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft kommen kann.”

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