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Korbio – Was aus den großen Plänen für den Fachhandel bislang geworden ist

Die Hoffnung auf mehr Effizienz für den selbstständigen Naturkostfachhandel ist mit dem Großhandelsprojekt Korbio verbunden. Doch seit der Gründung vor zwei Jahren geht es nicht recht voran: Nur wenige Hersteller machen bislang mit. Und bezüglich der konkreten Umsetzung bleiben viele Fragen offen.

Der Ruf nach effektiver Zusammenarbeit in der Bio-Branche ist fast so alt wie die Branche selbst. Gescheitert ist sie an der Individualität der einzelnen Akteure, die lieber ihres eigenen Glückes Schmied sein wollten. Doch mit der Gründung der Korbio GmbH im Jahr 2021 durch acht Großhändler der Gruppe „Die Regionalen“ wuchs die Hoffnung auf mehr Effizienz in der Bio-Fachhandelslandschaft: Der selbstständige Naturkostfachhandel sollte auf vielfältige Weise gestärkt werden.

Die durch Krieg und Energiekrise ausgelöste Inflation hat der Branche inzwischen vor Augen geführt, dass sich Bio-Produkte in wirtschaftlich angespannten Zeiten im Fachhandel schlecht verkaufen lassen. Wesentlicher Faktor ist der Preis oder zumindest das Teuer-Image, das nie abgebaut werden konnte. Kritiker machen üppige Großhandelsaufschläge von 20 bis 25 Prozent für den Preisunterschied zu Wettbewerbern außerhalb des Fachhandels verantwortlich. Doch daran wird sich auch künftig wohl kaum etwas ändern, denn der Geschäftsbetrieb der beteiligten Großhändler bleibt unverändert: Ein zentraler Einkauf mit zentraler Vermarktung und zentralem Marketing ist nicht vorgesehen.

Drei Hersteller sind bislang „Entwicklungspartner“ bei Korbio

„Wer Neuprodukte im Naturkostfachhandel launchen will, wendet sich da lieber an Dennree, Alnatura oder die Bio Company“, sagt ein Hersteller, der nicht genannt werden will. Bei Korbio fehle der Durchgriff auf die einzelnen Vertriebspartner, so dass weiterhin jeder Einzelhändler besucht werden müsse, um ihn für die Produkte zu gewinnen. Vielleicht ist deshalb die Resonanz bislang so gering, denn nur drei Hersteller werden von der Korbio GmbH genannt, die bislang als „Entwicklungspartner“ unterschrieben haben: Allos, Taifun-Tofu und die Molkereigenossenschaft Hohenlohe-Franken (Schrozberger).

„Korbio ist mit dem Ziel angetreten, in einer ersten Phase fünfzehn gezielt ausgewählte Entwicklungspartner für die Zusammenarbeit zu gewinnen. Bisher haben wir mit den meisten sehr konstruktive und erfreuliche Gespräche geführt. Mit einigen gibt es Abschlüsse, mit anderen die schriftliche Absichtserklärung im Jahr 2023 eine Entwicklungspartnerschaft einzugehen“, schreibt Korbio auf Anfrage von BioHandel. Wie viele es tatsächlich sind, dazu wollte der Großhändlerverbund keine Angaben machen. Und auch die Zahl derer, die nicht unterschreiben wollen, wird nicht genannt.

Welche Anforderungen Korbio an die „Entwicklungspartner“ hat

Der Begriff „Entwicklungspartner“ lässt darauf schließen, dass mit dem Vertrag, den Hersteller unterzeichnen müssen, noch längst nicht alles geregelt ist, sondern erst entwickelt werden muss. Bei Korbio heißt es dazu: „Unsere Vertragspartner nennen wir nicht ohne Grund Entwicklungspartner. Wir begegnen uns auf Augenhöhe, machen uns gemeinsam für einen wettbewerbsfähigen, marktgerechten Biohandel stark und zielen dabei speziell auf die Unterstützung des selbstständigen Naturkostfachhandels ab.“

Die Voraussetzungen, bei Korbio mitzumachen, seien „zum einen die Offenheit für eine solche Entwicklungsarbeit, ein spürbares Engagement für den selbstständigen Bio-Einzelhandel als bevorzugten Vertriebsweg und die relative Konditionengleichstellung gegenüber anderen Wettbewerbern. Zum anderen ist die Zustimmung zu einem Vertrag mit Korbio, der Gültigkeit für alle acht Großhandelsunternehmen hat, als Voraussetzung zu nennen“, teilte Korbio mit.

Zum Thema faire, zukunftsorientierte Strukturen in der Bio-Branche hat Korbio folgendes Ziel: „Alle Partner auf den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen sollen von Preisen und Bedingungen profitieren, die den selbstständigen Naturkostfachhandel gegenüber dem LEH oder den Bio-Filialisten konkurrenz- und zukunftsfähig machen. Die Erhaltung unternehmerischer Vielfalt am Markt bei gleichzeitiger Effizienz in der Abwicklung der Prozesse bildet dabei einen wichtigen Gestaltungsfaktor.“

Für die Zukunft des Bio-Handels strebe Korbio „die Stärkung regionaler und lokaler Strukturen an auf Erzeuger- und Herstellerseite und gleichzeitig die Stärkung der Individualität im Einzelhandel. Dabei ist es unabdingbar, auf bundesweiter Ebene ressourcenschonend zu arbeiten und vorausschauend zu planen. Wir möchten in der Lebensmittelbranche mit unserer Stimme wegweisend sein.“

Es sind hehre Ziele, die sich Korbio gesetzt hat. Wie diese konkret umgesetzt werden sollen, bleibt jedoch offen. So haben wohl noch viele Hersteller Bedenken, sich auf das „Abenteuer“ Korbio einzulassen. Auch das grobe Konzept überzeugt nicht jeden.

Ein Hersteller, der lieber anonym bleiben will, hat Folgendes zu berichten: „Nach vielen Gesprächen mit den Korbio GmbH-Verantwortlichen haben wir keinen Mehrwert für uns und die Branche erkennen können, weshalb wir einer Partnerschaft nicht zugestimmt haben“. Er vergleicht die Gespräche mit einem Angebot über einen Hausbau: „Wenn Ihnen auf Bildern eine Villa gezeigt wird, aber nicht, wie man diese errichten will, dann werden die meisten dafür keine Investition freigeben.“ Das sei auch der Hauptgrund, warum einer Partnerschaft im Rahmen einer Vereinbarung bisher nicht zugestimmt wurde. „Wir haben die Zusammenarbeit mit der Korbio GmbH nicht abgelehnt, sondern nur nicht zugestimmt“, betont das Unternehmen.

„Als einer der ersten Entwicklungspartner versprechen wir uns Vorteile bei Neulistungen und steigender Distribution sowie bessere Platzierungen bei den selbstständigen Läden.“

Eike Mehlhop, Geschäftsführer bei Allos

BioHandel hat Allos und Taifun-Tofu gefragt, was sie von der bereits vertraglich besiegelten Partnerschaft mit Korbio erwarten. Allos will durch die Kooperation und partnerschaftliche Marktbearbeitung mit Korbio den Fachhandel fördern und unterstützen. Aber wie? „Als einer der ersten Entwicklungspartner versprechen wir uns Vorteile bei Neulistungen und steigender Distribution sowie bessere Platzierungen bei den selbstständigen Läden. Zudem erhoffen wir uns einen engen Austausch der Großhändler mit unserem eigenen Außendienst sowie den Aufbau eines gemeinsamen Category-Management-Prozesses“, sagt Geschäftsführer Eike Mehlhop.

Bei Taifun-Tofu erwartet Vertriebsleiter Jesús Bastante, dass der selbstständige Einzelhandel gestärkt werden und der regionale Großhändler kein Einzelkämpfer mehr sein soll. „Sinnvolle Projekte zur Ökologisierung der Logistik durch Bündelung von Bestellungen, Lieferungen und Läger sollen auch umgesetzt werden.“ Die gewünschte Wirkung sei eine nachhaltigere und effizientere Logistik. „Kaufmännische Vorgänge zwischen uns Herstellern und unseren regionalen Großhändlerkunden werden vereinfacht und gebündelter abgewickelt“, so Bastante.

Die Frage nach mutmaßlichen Effizienzgewinnen beantwortet Allos-Geschäftsführer Eike Mehlhop so: „Kurzfristig sehen wir vor allem in der Betreuung Vorteile, da Neulistungen und Sortimentsfragen zentral geklärt werden können: eine einfache Kommunikation, bei der Entscheidungen schneller getroffen werden können. Langfristig versprechen wir uns effizientere Prozesse, vor allem bei der Logistik und Rechnungsabwicklung, sowie größere Verbindlichkeit bei der Sortimentsentwicklung.“

Für Taifun-Tofu ist der zu erwartende Effizienzgewinn „eine Preisliste – eine Verhandlung – eine Vereinbarung – nicht acht verschiedene einzelne“. Hinzu komme „wirksames Category Management mit einer breiten Distribution des Basissortiments und zügige Markteinführung von Neuprodukten“.

„Langfristig möglicherweise auch monetäre Vorteile“

Bei der Frage, welche Verpflichtungen sie für die Zusammenarbeit mit Korbio eingehen mussten (zum Beispiel Rabatte gewähren) bleibt Allos vage: Wir haben eine gute Basis für eine zukunftsorientierte Zusammenarbeit gefunden, die allen Beteiligten Sicherheit, vor allem bei der Sortimentsentwicklung und Verkaufsförderung gibt. Taifun-Tofu ist da konkreter: „Ein Zentralrabatt, universell für die Gruppe und für alle geltend – kein Sammelsurium einzelner Vereinbarungen.“

Und welche Vorteile sehen Allos und Taifun-Tofu für den Facheinzelhandel? „Mit der Fokussierung auf die Marke Allos bekommt der Einzelhandel eine breite Produktpalette in bester Bio-Qualität“, sagt Mehlhop. Und weiter: „Kurzfristig sehen wir für den Einzelhandel vor allem im gemeinsamen Category-Management-Prozess bei der Sortimentsgestaltung Optimierungspotenzial – langfristig durch Optimierung der Logistik möglicherweise auch monetäre Vorteile.“

Taifun nennt als Vorteile eine Reduzierung der Kostenlast sowie gute Category-Management-Vorschläge zugunsten eines erfolgreichen, differenzierenden und ertragsbildenden Sortiments. Außerdem rechnet der Freiburger Tofu-Hersteller mit mehr Ressourcen für ein positives Image bei den Verbrauchern. Außerdem gehe es darum, „die Kraft des Gemeinsamen zu erleben, anstatt die Ermüdung durch Vereinzelung“.

Weiter Weg zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Die Aussagen der beiden bereits gewonnenen Partner lassen den Schluss zu, dass zwischen Wünschen und Wirklichkeit noch ein weiter Weg zu sein scheint. Wie die Umsetzung mit einer Vielzahl von „Entwicklungspartnern“ gelingen kann, erschließt sich nicht automatisch.

Klar ist: Korbio versteht sich nicht als reine Einkaufsgemeinschaft. „Wir sehen uns als Kooperation von Partnern mit einer gemeinsamen Zukunftsvision für den Biohandel. Zu dem Zweck, diese Vision aktiv zu gestalten, haben sich acht Bio-Großhandlungen zusammengeschlossen und gehen als Korbio GmbH Entwicklungspartnerschaften mit gleichgesinnten Unternehmen ein. Dabei handelt es sich nicht um reine Konditionsverträge, wie es in einer klassischen Einkaufsgemeinschaft üblich ist.“

Ein „Bio-Edeka“ mit zentralem Einkauf ist also nicht geplant. Auch die Marketing-Aktivitäten werden nicht gebündelt: „Unter dem Verbund ,Die Regionalen' kooperieren die Gesellschafter der Korbio und weitere Großhändler seit Jahren mit Erfolg im Bereich Marketing. Die Korbio GmbH wird hier nicht tangiert“, teilte der Zusammenschluss mit. Außerhalb der gemeinsamen „Echt Bio“-Aktionen im Rahmen von „Die Regionalen“ seien die Großhändler selbstständige, individuell agierende Unternehmen, was sich auch in individuellen Marketingaktivitäten ausdrücke, teilte Korbio mit.

Bleibt unter dem Strich: Hersteller müssen weiterhin die Einkäufer bei allen acht Großhändlern aufsuchen, um beispielsweise Konditionen für die Listung saisonaler Produkte oder anderer geschlossener Produktgruppen zu verhandeln.

Großhandelsaufschlag steht offenbar nicht zur Disposition

Dennoch will man ein „marktgerechtes Angebot“ machen: „Unter einem marktgerechten Angebot verstehen wir Bio-Qualität zu Preisen, die sich die Kundschaft leisten kann, die aber auch allen Beteiligten der Wertschöpfungskette ein auskömmliches Wirtschaften ermöglicht. Genau darum ist die Zusammenarbeit, für die Korbio steht, unabdingbar. Nur so kann der selbstständige Naturkostfachhandel wettbewerbs- und konkurrenzfähig sein.“ Die Frage nach einer Absenkung des Großhandelsaufschlags bleibt unbeantwortet.

Worin besteht denn nun der Effizienzgewinn für Hersteller und Einzelhändler aus Sicht der Korbio GmbH? Der Zusammenschluss nennt hier unter anderem Zeitersparnis. Denn grundsätzliche Absprachen und Aktivitäten müssten nicht mehr mit acht Großhandlungen getroffen beziehungsweise geplant werden, sondern nur noch mit Korbio.

Außerdem biete Korbio „zu marktspezifischen Themen“ den beteiligten Unternehmen „interne Arbeitsräume mit den Fachleuten aus den jeweiligen Unternehmen an". Dort könnten sich die Entwicklungspartner einbringen und abgestimmte Lösungen entwickelt werden. „So stehen den selbstständigen Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern Innovationen der Entwicklungspartner schneller zur Verfügung“, teilte Korbio mit. „Damit bleibt das Einkaufserlebnis für unsere Kundinnen und Kunden abwechslungsreich und spannend.“

Spekulationen darüber, dass sich der Großhandel mit diesem Projekt lediglich die Margen sichern will, werden durch die beabsichtigte Gemeinwohlorientierung zunächst nicht genährt: „Die Korbio GmbH verfolgt nicht den Zweck, die durch Konditionen gewonnenen Einkaufsvorteile als eigenen Gewinn zu verbuchen, sondern Effizienz- und Konditionsvorteile zu gemeinwohlorientierten Zwecken einzusetzen. Dies kann beispielsweise geschehen, indem günstigere Preise – über den Einzelhändler – an die Kundschaft des selbstständigen Naturkostfachhandels weitergegeben werden. Ebenso können Konditionsgewinne in Projekte der Infrastruktur oder Verkaufsflächen fließen.“

Kommentar: Ein fertiges Konzept muss her

Korbio beschreibt den zu entwickelnden (Rest-)Fachhandel wortgewaltig als Ponyhof, wo jeder sein Glück und Auskommen findet. Doch wie dieser Ponyhof – im besten Fall mit vielen „Entwicklungspartnern“ – realisiert werden soll, muss sich bislang jeder selbst ausmalen. Kein Wunder, dass nicht alle sofort Hurra! rufen, sondern genauer wissen wollen, auf was sie sich einlassen. Zudem ist ein langwieriger Prozess mit vielen „Entwicklungspartnern“ angesichts der Krise im Bio-Fachhandel kein erfolgversprechendes Vorgehen. Die Zeit drängt, denn sonst hat der letzte Laden schon geschlossen, bevor man sich auf die Projektmodalitäten geeinigt hat. Zwei Jahre sind bereits vergangen.

Deshalb muss schnell ein fertiges und überzeugendes Konzept präsentiert werden, das Aufgaben und Finanzierung klar adressiert. Blumige Beschreibungen überzeugen nicht jeden. Vor allem müssen die Korbio-Großhändler ihren Beitrag zum Gelingen des Projekts erweitern und verbindlich machen. Ein Fond zur Erhaltung von Einzelhandelsflächen wäre zum Beispiel ein vertrauensbildendes Signal. Und wo wollen die Großhändler konkret zur Kostensenkung beitragen? Was geschieht mit der Logistik? Nur Geld von Herstellern für administrative Zusatzaufgaben einsammeln und sonst im Prinzip so weitermachen wie bisher, ist keine Lösung. Horst Fiedler

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