Biohandel

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Mobile Payment

Kontaktlos Kunden gewinnen

Dranhalten und fertig: Kontaktloses Bezahlen per Geldkarte und Smartphone erfreut sich wachsender Beliebtheit. Es ist unkomplizert, sicher – und geht schnell. Nicht nur deswegen sollte sich der Biohandel mit dem Thema näher befassen.

Wenn Markus Schweiger im Bio-Laden einkauft, kommt es schon mal vor, dass er das ohne Geldbeutel tut. An der Kasse hält er dann einfach sein iPhone über ein Terminal. Das Telefon übermittelt binnen Sekunden die Daten seiner dort digital hinterlegten Geldkarte und die Lebensmittel sind bezahlt.

Schweiger gehört zu einer Gruppe von Konsumenten, die ihr Smartphone – neben vielen anderen Dingen – auch zum Einkaufen im stationären Handel nutzt. Derzeit liegt die Anzahl der Verbraucher in Deutschland, die schon einmal an einer Kasse mit dem Telefon bezahlt haben, je nach Studie zwischen 20 und 30 Prozent. Marktforscher rechnen jedoch damit, dass diese Zahl deutlich steigen wird.

Kontaktlos ist Standard

Bei dem Beratungshaus PwC geht man davon aus, dass in fünf Jahren 57 Prozent aller Deutschen ihre Zahlungen mobil abwickeln werden. „41 Prozent der Bundesbürger können sich sogar vorstellen, künftig ausschließlich per Smartphone zu zahlen“, heißt es in einer PwC-Studie.

Die technischen Voraussetzungen für das sogenannte „Mobile Payment“ sind größtenteils gegeben: „Mehr als 90 Prozent der Bezahlterminals im LEH sind NFC-fähig“, sagt Horst Rüter, Leiter des Forschungsbereichs
Zahlungssysteme beim EHI Retail Institute. NFC steht für Near Field Communication (Nahfeld-Kommunikation) und ermöglicht via Funk das kontaktlose Bezahlen mit entsprechenden Geld- und Kreditkarten. Sie werden dazu einfach an das Gerät gehalten und sind erkennbar an dem aufgedruckten Wellensysmbol.

Bezahlen mit dem Smartphone ist sicher

Mit den NFC-Terminals können Händler ohne technisches Zutun auch Handy-Zahlungen akzeptieren. Dabei spielt es keine Rolle, welches Smartphone die Kunden besitzen. Egal ist auch, ob sie darauf die App von Apple, Google, der Sparkasse, Genossenschaftsbanken oder die von anderen Geldhäusern gespeichert haben. Beim Funkkontakt des Geräts oder der Smartwatch mit dem Terminal tauscht die dort digital hinterlegte Giro- oder Kreditkarte in Sekundenbruchteilen die Bezahldaten mit dem Kassenterminal aus.

Kartendetails sind auf dem Telefon oder der Uhr nicht gespeichert und auch dem Händler werden Kartennummer oder persönliche Daten des Kunden zu keinem Zeitpunkt übermittelt, heißt es bei der Deutschen Kreditbank. Stattdessen kommt ein sogenannter „Token“ zum Einsatz, eine Art virtuelle Kartennummer. Laut Stiftung Warentest ist das Bezahlen per App häufig sicherer als die Zahlung mit Kreditkarte. Auch eine aktive Verbindung zum Internet ist für Mobile Payment nicht zwangsläufig erforderlich.

NFC-Terminals stehen auch in vielen Bio-Läden

Alnatura und Denn’s haben ihre Filialen bereits flächendeckend mit NFC-Terminals ausgestattet. Auch in vielen kleineren, inhabergeführten Geschäften gehören die Geräte inzwischen zum Inventar. Beim Grüneburger Bioladen in Frankfurt sind zwei der insgesamt drei Kassen mit NFC- Terminals ausgestattet. Kosten für die Umstellung habe es keine gegeben, weil die Geräte gemietet sind und regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht werden, sagt Mitinhaber Sebastian Paust.

Bargeld bekommt ernste Konkurrenz

Zwar sind Münzen und Scheine nach wie vor der Deutschen liebstes Zahlungsmittel – in drei von vier Fällen kommt es an den Kassen zum Einsatz, heißt es in einer aktuellen Studie der Bundesbank. Doch die digitale Wachablösung könnte bald kommen. Denn das kontaktlose Bezahlen hat einen entscheidenden Vorteil: Es dauert für Beträge unter 25 Euro, bei denen keine PIN erforderlich ist, durchschnittlich elf Sekunden, hat die GfK ermittelt. Zahlungen mit Bargeld, das bevorzugt bei kleineren Beträgen zum Einsatz kommt, dauern demnach rund doppelt so lange.

Schnelligkeit an der Ladenkasse ist nicht nur für Bio- Käufer Markus Schweiger ein wichtiger Aspekt, der für die digitale Geldbörse spricht. Sie ist auch ein entscheidender Grund dafür, dass das kontaktlose Bezahlen bundesweit auf immer größere Akzeptanz stößt. Ende 2019 gingen laut EHI 35,7 Prozent aller Transaktionen auf das Konto der kontaktlosen Girocard. Zwölf Monate zuvor lag dieser Wert demnach noch bei 19 Prozent. Das Allensbach-Institut hat ermittelt, dass knapp jeder Zweite der unter 30-Jährigen bereits per Kontaktlos-Karte bezahlt. Gesamtgesellschaftlich ist es fast jeder Dritte.

Der Kassenzettel kommt aufs Smartphone

Die Digitalisierung an der Kasse endet nicht beim Bezahlen. Inzwischen können sich Kunden ihren Kassenbon auch aufs Smartphone schicken lassen. Dafür wird per App entweder ein QR-Code erzeugt, der vom Ladenpersonal abgescannt wird oder der Kunde scannt einen Code an der Kasse. In beiden Fällen erscheint der Bon kurz darauf auf dem Smartphone. Bon-Online und Der Grüne Bon sind zwei Anbieter. Mit Epap (Bild) geht demnächst ein weiteres Unternehmen an den Start.

Alternative für Bio-Ladner

Mitgründer Gerd Trang hält die papierlose Alternative nicht zuletzt auch wegen der Bonpflicht besonders für die Bio-Branche für interessant, weil dort „Kundschaft und Händler um eine nachhaltige Lebensweise bemüht“ sind. Mit einem überregionalen Bio-Händler stehe Epap bereits in Verhandlungen. Auch Alnatura und Denn’s prüfen die Einführung des digitalen Kassenzettels.

Eine Entwicklung, die auch Denn’s-Geschäftsführer Joseph Nossol beobachtet: „Grundsätzlich wird der Service des kontaktlosen Zahlens von unseren Kundinnen und Kunden immer mehr angenommen.“

Rüter zufolge ist diese Entwicklung vor allem für den LEH interessant. „Beträge unter 25 Euro kommen hier sehr häufig vor“, sagt er. Das gilt auch für den Naturkostfachhandel. Laut bioVista lag der durchschnittliche Bonwert dort 2019 bei 17,12 Euro.

Neben der Geschwindigkeit hat kontaktloses Bezahlen weitere Vorteile: Die Abnutzung der Terninals ist geringer, weil die Karten nicht mehr ein- und ausgesteckt werden müssen. Das ist dann interessant, wenn die Geräte gekauft sind. Außerdem ist es ein Marketinginstrument, sagt Rüter: „Man kann dem Kunden signalisieren, dass man ein moderner, innovativer Unternehmer ist, der auch diese neuen Bezahlarten akzeptiert.“

Beim Grüneburger Bioladen zählt man derzeit pro Woche eine Handvoll Käufe per Smartphone. Noch mag in vielen Bioläden Kundschaft im Alter ab 50 aufwärts überwiegen, die bevorzugt mit Bargeld bezahlt. Zwar gibt es auch hier schon „Smart-Zahler“ – der 55-jährige Markus Schweiger ist einer von ihnen. Die Kunden der Zukunft sind jedoch die Generationen, die mit dem Smartphone aufgewachsen sind. Im Zeitalter von Klimawandel und Fridays for Future achten sie außerdem sehr bewusst darauf, wie und wo ihre Nahrungsmittel produziert werden. Sich auf ihre Bedürfnisse auch beim Bezahlen einzustellen, kann kein Nachteil sein. Zum Mobile-Payment- Experten muss ein Händler dafür nicht werden. Schaden kann es freilich nicht, wenn er mehr weiß als nur, dass der Kunde sein Telefon an einen Scanner halten muss.

Vorsicht beim Bewerben von Handy-Zahlungen

Händler, die offensiv damit werben wollen, dass Kunden mit dem Smartphone bezahlen können, sollten sicherstellen, dass das auch uneingeschränkt möglich ist, sagt Rüter. Apple Pay etwa ermöglicht bislang nur das Bezahlen per Kreditkarte. Wenn ein Händler das aus Kostengründen ablehnt, sollte er das also ebenfalls kommunizieren. Andernfalls laufe er Gefahr, Kunden zu verärgern, sagt Rüter.

Händlern, die noch kein NFC-Terminal haben aber mit dem Gedanken spielen, sich eines anzuschaffen, rät der Zahlungsexperte sicherzustellen, dass es mit der Kasse kompatibel ist. Neben den bekannten Herstellern wie Rea, Ingenico oder Verifon gibt es weitere Anbieter, bei denen keine monatlichen Fixkosten anfallen. Für unter 100 Euro bekommen Händler bei Sumup oder iZettle einen Kartenleser. Abgerechnet wird pro Transaktion – je nach Karte zwischen 0,9 und 2,75 Prozent vom Umsatz. Interessant ist das für Läden, die wenig Kartenzahlungen haben, aber auf diesen Service nicht verzichten wollen. Selbst das eigene Smartphone kann zum kontaktlosen Bezahlterminal umfunktioniert werden. Eine Möglichkeit, die etwa Wochenmarktverkäufer nutzen.

QR-Code als Alternative zum NFC-Verfahren

Neben der funkbasierten NFC-Bezahlmethode gibt es auch optische Systeme. Händler benötigen hierfür einen Scanner, mit dem sie einen QR-Code einlesen können, der vom Smartphone des Kunden erzeugt wird. Noch einfacher ist es im Falle von Bluecode: Die App erzeugt einen Barcode, der von einem Warenscanner gelesen werden kann. Vorteil der optischen Verfahren: Sie funktionieren unabhängig von Karten, weil sie eine direkte Kontenanbindung haben. Netzbetreiber Payone bietet die Zahlungsabwicklung mit Bluecode an. Alnatura bietet neben NFC-Terminals seinen Kunden auch das mobile Bezahlen mit der optischen Lösung von Payback Pay an, das per QR-Code funktioniert.

Ein guter Mix an Bezahl­optionen erhöht die Kundenfreundlichkeit. Rund neun von zehn Deutschen erwarten laut einer GfK-Studie, dass sie im stationären Handel mit Karte bezahlen können. Bio- Ladner sollten sich daher genau überlegen, was für sie sinnvoll ist.

Sebastian Paust vom Grüneburger Bioladen hat viel internationales Publikum. Kreditkarten zu akzeptieren sind für ihn ein Muss. Einen Mindestumsatz von fünf Euro hat man sich dort vor ein paar Jahren geschenkt: „Wir haben zu viel Energie darauf verschwendet, das den Kunden zu erklären“, sagt Paust. Kostengründe, die gegen das Bezahlen mit einer (kontaktlosen) Geldkarte oder dem Smartphone sprechen, werden durch sinkende Gebühren sowie neue Gerätetypen und Geschäftsmodelle ohnehin immer mehr entkräftet.

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