Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Johannes Ehrnsperger

„Zur Biobranche gehört alles – vom Bioladen bis hin zum Discounter“

Der Geschäftsführer der Neumarkter Lammsbräu über den Begriff „Bio-Branche“, große Visionen und den Fachhandel als „Stachel im Fleisch“.

BioHandel: Herr Ehrnsperger: Gibt es bei Neumarkter Lammsbräu ein Erfolgsrezept, an das Sie anknüpfen können, oder müssen sie etwas Neues (er)finden?
Johannes Ehrnsperger: Die Grundeinstellung ist die gleiche wie damals: Die Bereitschaft, auch dicke Bretter zu bohren und auch mal Dinge in Frage zu stellen, die „schon immer so waren“ und warum kann man‘s nicht vielleicht anders machen.

Was würden Sie gerade gern anders machen?
Warum trauen wir uns als Bio-Branche nicht, ein Produkt nicht nur mit dem „normalen“, sondern zusätzlich auch mit dem wahren Preis auszuzeichnen? Also, dem Preis, den ein Bio-Produkt eigentlich kosten müsste, wenn man alle Leistungen der ökologischen Lebensmittelerzeugung für Umwelt- und Gesellschaft miteinrechnen würde. Das ginge natürlich nur, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher dann auf der allgemeinen Abgabenseite entlastet würden. Das kann der Fachhandel allein nicht umsetzen, aber er kann der Stachel im Fleisch sein und auf das Thema hinweisen.

Sie vergeben Preise, machen einen Nachhaltigkeitsbericht – wie wir das wahrgenommen, als Marketingtool?
Was bei mir ankommt, ist eher Respekt, was wir alles tun außer Getränke herzustellen. Wir vergeben den Preis nicht, um damit Werbung zu machen. Uns geht es vielmehr darum zu zeigen, dass es viele Menschen gibt, die an einer ökologischen und nachhaltigen Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft arbeiten – und darum Mut zu machen. Mit diesem Preis bieten wir eine Plattform für andere nachhaltige Unternehmen und Projekte. Das ist ein Baustein unseres Selbstverständnisses und unserer Glaubwürdigkeit.

„Für alle, die überzeugt sind, dass wir den Planeten so bewirtschaften müssen, dass er auch für die künftigen Generationen noch lebenswert ist, können 30 Prozent nur ein Zwischenziel sein.“

Johannes Ehrnsperger

Manche wünschen sich, dass die Branche zu einer Gemeinschaft wird – sind Sie dabei?
Dafür muss man erstmal klären: Wer ist denn die Branche? Selbst die alten Bio-Pioniere sind früher oft sehr eigene Wege gegangen. Bei meinem letzten Treffen der jungen AöL in Legau sagte ein Teilnehmer: „Es gibt nicht mehr die zwei Welten – Fachhandel und konventioneller LEH.“ Dem stimme ich absolut zu. Wir bewegen uns heute in einer Bio-Welt. Zur Biobranche heute gehört alles – vom Bioladen, der seit 50 Jahren besteht, bis hin zum Discounter. Dieser Realität muss man ins Auge schauen.

Das sehen nicht alle so.
Aber unser Ziel lautet doch 100 Prozent Ökolandbau – das geht nur so. Für alle, die überzeugt sind, dass wir den Planeten so bewirtschaften müssen, dass er auch für die künftigen Generationen noch lebenswert ist, können 30 Prozent nur ein Zwischenziel sein.

Sportlich – oder?
Es beschreibt vielleicht, was einen Pionier ausmacht. Eben auch große Visionen zu haben und langfristig in die Zukunft zu denken. Und nicht nur bis 2030. Wir werden in fünf Jahren 400 Jahre alt – und das ist vielleicht mein Vorteil. Dass ich weiß, ich trete hier in der siebten Generation an und darf die Lammsbräu auf einem Etappenstück begleiten und mitprägen. Und es wird jemanden nach mir geben, dem ich den Staffelstab werde übergeben können.

Was wird den Fachhandel in die Zukunft tragen?
Fundierte, fachkundige Beratung mit Herzblut und neue Bio-Einkaufs-Erlebniswelten. Die neue „Rapunzel-Welt“ geht in diese Richtung und hat mich sehr inspiriert. Ich fände einen Laden spannend, der unsere Bio-Themen mit unterschiedlichsten Medien interaktiv greifbar macht und zum Beispiel das lebendige Summen und Brummen eines Bio-Ackers erlebbar macht. So könnte am Point of Sale das Thema Bio als leicht verständliches, emotionales Erlebnis aufgegriffen werden. Für eine solche Ladengestaltung könnte man etwa jemanden engagieren, der moderne Ausstellungskonzepte plant. Das wäre auch im Interesse der Hersteller. Daran könnten sie sich dann beteiligen – so hat es für alle einen Mehrwert.

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