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Immer mehr Bio-Hafer kommt aus Deutschland

Heute wird deutschlandweit fast doppelt so viel Bio-Hafer angebaut wie noch vor sechs Jahren. Wie kam es dazu – und was sind die Perspektiven?

Im gerade zu Ende gegangene August war Erntezeit für Hafer – und dieser wird neuerdings auch wieder vermehrt in Deutschland angebaut. Höchste Zeit, denn nach Angaben des Verbandes der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS ist die gesamte Haferverarbeitungsmenge (bio und konventionell) zwischen 2008 und 2018 zwar um 70 Prozent gestiegen, die deutschen Erntemengen sind im gleichen Zeitraum jedoch um 27 Prozent gesunken. Nun macht sich eine Kehrtwende bemerkbar – und Bio-Hafer zieht dabei kräftig mit.

Milchalternative Haferdrink kurbelt Nachfrage an

Der steigende Bedarf nach heimischem Hafer lässt sich unter anderem durch das immer beliebtere Trendprodukt Hafermilch* erklären. Kein Wunder: Sie ist vegan, frei von Laktose und Milcheiweiß, lässt sich gut aufschäumen und ist im Vergleich zu Soja- oder Mandelmilch* nicht nur neutraler im Geschmack, sondern meist auch umwelt- und klimaschonender in der Herstellung.

Besonders gefragt ist Hafermilch in Bio-Qualität. Vielen Verbrauchern ist jedoch die Herkunft des Hafers ein Dorn im Auge: Obwohl bei Anbau und Produktion von Hafermilch nachweislich weniger CO2 freigesetzt wird als zum Beispiel bei Kuhmilch, wird das Getreide oft aus dem Ausland, insbesondere aus Skandinavien und dem Baltikum, importiert – dabei kann man Hafer auch in Deutschland anbauen.

Inzwischen hat der Markt hat auf die Skepsis der Konsumenten reagiert: Bei einem Test der Stiftung Warentest im Frühjahr waren 14 von insgesamt 18 Produkten biozertifiziert, bei der Hälfte davon stammte der Hafer aus Deutschland (Bio-Produkte der Eigenmarken von Alnatura, Rewe, dm und Rossmann sowie der Marken Kölln und Berief).

Das zeigt einmal mehr: bei Bio-Produkten spielt für Verbraucher und Hersteller Regionalität eine besonders wichtige Rolle.

Der meiste Bio-Hafer kommt aus Bayern

Von den Verbraucherwünschen nach mehr Regionalität profitieren auch die deutschen Bio-Landwirte, die laut BÖLW Branchenreport 2020 inzwischen 55 Prozent der Hafer-Verkaufserlöse erwirtschaften. 2019 wurde nach Angaben der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI deutschlandweit auf 42.000 Hektar Bio-Hafer angebaut, was einem ungewöhnlich hohen Bio-Anteil von 27 Prozent entspricht. Seit 2014 hat sich die Fläche damit fast verdoppelt. Im bundesweiten Vergleich kommt der meiste Bio-Hafer aus Bayern – allein dort ist gegenüber dem Vorjahr die Fläche um 15 Prozent gewachsen.

Ist noch mehr Wachstum möglich? Theoretisch schon, denn Hafer ist im Anbau eher unkompliziert und auch in Bio-Qualität sehr ertragreich. Während beim Bio-Getreideanbau die Erträge üblicherweise um bis zu 50 Prozent geringer ausfallen als im konventionellen Anbau, ernten Bio-Landwirte beim Hafer nur rund ein Viertel weniger als ihre konventionellen Kollegen. Darüber hinaus gilt das Getreide auf dem Acker als Gesundungsfrucht: weil sich viele Schädlinge in den Rispen nicht vermehren können, unterbricht Haferanbau die Übertragung von Krankheiten, während er gleichzeitig die Bodengesundheit fördert.

Ausblick: Noch mehr deutscher Bio-Hafer trotz Klimawandel?

Hafer mag es im Anbau eigentlich eher feucht und kühl, was die hohen Importe aus Nordeuropa erklärt. Ist es zu trocken und zu heiß, reicht die Qualität für die Lebensmittelverarbeitung oft nicht aus und die Ware kann höchstens als Futtermittel vermarktet werden.

Könnte der Klimawandel mit immer längeren Hitzeperioden und weniger Niederschlägen die Rückkehr des Bio-Hafers nach Deutschland also langfristig vereiteln? Dr. Johann Bachinger vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung gibt Entwarnung.

Auf seinen eher sandigen und trockenen Versuchsflächen im brandenburgischen Müncheberg untersucht Bachinger seit 2003 Ertrag und Wachstum von Bio-Hafer in verschiedenen Fruchtfolgekonstellationen. „Wir haben festgestellt, dass Hafer nach guter Vorfrucht auch auf Trockenstandorten gute Erträge erzielen kann“, so Bachinger.

Gute Voraussetzungen also für noch mehr Regionalität bei biologisch erzeugten Haferprodukten.

Anm.d.Red.: Hafer-, Soja- und Mandelmilch dürfen auf der Verpackung aufgrund EU-rechtlicher ­Vorgaben nicht als „Milch“ ausgewiesen werden. Üblich ist die Bezeichnung „Drink“.

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