In Finnland gibt es über 5.000 biologisch bewirtschaftete Bauernhöfe, rund 297.000 Hektar werden zertifiziert betrieben. Beeindruckend ist, dass zusätzlich zwölf Millionen Hektar ökologisch zertifiziertes Wildsammelgebiet sind – weltweit das größte Areal. Heidelbeeren und Preiselbeeren sind die wichtigsten Sammelgüter. Das bedeutendste Exportprodukt im Biobereich ist jedoch der Hafer, Finnland führt den größten Teil davon nach Europa aus.
Hauptabnehmer sind Deutschland, Frankreich, Dänemark und Schweden. Auch Biobauer Juha Raininko baut Ökohafer auf gut 240 Hektar an. Seit 1995 wirtschaftet er ausschließlich organisch, heute auf insgesamt 620 Hektar. Gemeinsam mit seinem Bruder Kari hat er sich auf Getreide spezialisiert, neben Hafer baut er Roggen an, zusätzlich Ackerbohnen, Erbsen und Klee für die Düngung.
Und noch etwas ganz Besonderes: Bio-Quinoa. Was 2009 auf einem Hektar anfing und als Spinnerei belächelt wurde, ist heute ein Erfolgsprodukt. Bis zu zwei Tonnen pro Hektar kann er heute jährlich in der Spitze ernten. Dabei ist das Getreide anspruchslos, wässern muss Raininko nicht und mit Temperaturschwankungen kommt die Pflanze einigermaßen klar. Ebenso tut ihr die Mitternachtssonne gut.
Finnischer Quinoa für den deutschen Markt
Vermarktet wird der Quinoa über die Marke SunSpelt. Vertriebspartner Kari Kaipainen hat sie neben seinen Bio-Dinkelprodukten mit im Sortiment. Für beide ist Quinoa die Pflanze der Zukunft. „Die Menschen werden sich mehr und mehr pflanzenbasiert ernähren. Dabei spielen Eiweiß und glutenfreie Produkte eine große Rolle“, ist Juha Raininko überzeugt. Besonders vorteilhaft beim finnischen Quinoa ist auch, dass durch den Transport nach Europa weniger CO2 anfällt, als bei Einfuhr aus südamerikanischen Ländern.
Kari Kaipainen, Geschäftsführer von SunSpelt Oy aus Mikkeli, war es, der den finnischen Quinoa erstmals in Deutschland auf der Grünen Woche 2019 vorgestellt hat. Dabei stieß das Fuchsschwanzgewächs aus dem arktischen Klima durchaus auf Interesse. „Derzeit sind wir im Gespräch mit einem großen Bio-Großhändler und mit einem deutschen Markenhersteller“, lässt Kaipainen durchblicken. Näher dazu äußern möchte er sich aber nicht.
Neben Quinoa führt er rund 20 Dinkelprodukte im Sortiment, darunter gepuffter Dinkel, Müsli-Flocken, Knäckebrot mit Heidelbeeren, Dinkel-Lakritze und Kleie. 200 Tonnen Dinkel verkauft er innerhalb eines Jahres. Seine Produkte findet man in der Bio-Supermarktkette Ruohonjuuri, im großen Warenhaus Stockmann (ähnlich KaDeWe), in Regionalläden und bei Filialisten. In Deutschland ist der gepuffte Dinkel derzeit bei Globus und Edeka Nord erhältlich. Er wurde 2018 als „Organic Product of the year“ von der Finnish Organic Federation ausgezeichnet.
Juha Raininko vertreibt neben einem bunten Dinkelsortiment auch Quinoa-Produkte aus eigenem Anbau.
Kiefern- und veganes Eis
Direkt nach Deutschland hat es Jymy Bio-Eis aus Aura geschafft. Geschäftsführer Horst Neumann hat sich für den deutschen Export ausschließlich auf den Biofachhandel spezialisiert. Seit Frühjahr 2019 ist er mit fünf Sorten bei Dennree gelistet und bedient gut 300 der Denn’s-Filialen in Deutschland, zudem die Filialen von Aleco und Tjadens sowie 100 weitere Biofachgeschäfte. Die wohl eigenwilligste Sorte ist „Kiefer“. Die Kiefernspitzen, die für das Eis verwendet werden, stammen aus einem ökologisch-zertifizierten Wald in der Nähe. Geerntet wird am Boden, wenn die Bäume gerodet werden. Ein Produkt, das nebenbei abfällt sozusagen.
Die Milch für das Kieferneis ebenso wie für die „Wilde Blaubeere“ stammt von Kühen des hauseigenen Hofes. Das Eis hat einen Beerenanteil von 30 Prozent, ist fruchtig und weniger süß. Ebenso wie die vegane Variante „Zwei Beeren“, die statt mit Milch auf Vollkornhaferbasis hergestellt wird. Zwei weitere vegane Varianten sind „Minze-Schokolade“ und „Pistazie“. Diese Sorte verwendet als Basis die Ackerbohnen von Bauer Raininko – für Neumann eine echte Innovation.
„Die Aktionen in Deutschland sind gut gelaufen“, freut sich Neumann. Bei Denn’s wurde das Eis für fünf statt der regulären 6,99 Euro verkauft. „Wir haben viel Influencer-Marketing gemacht mit sehr starker Reichweite“, berichtet Neumann über die Einführung in Deutschland. Er wirkt zufrieden. Auch in Japan würden sie sein Eis lieben, es gibt in Tokyo sogar ein Jymy Ice Cream Café und er ist ständiger Lieferant von Finnair Business Class. Fast eine Million Liter Eis produziert er jährlich, gut 2,5 Millionen Umsatz machte er in 2018.
Horst Neumann liefert sein Jymy-Eis in Deutschland aus-schließlich an den Fachhandel.
Marmelade aus Rosen
Da sich die Bios in Finnland offenbar gut vernetzen, kennt Horst Neumann auch Matti und Tuuli Kotaja von Finnish Plant. Sie führen eine ökologische Rosenfarm in Vampula. Hier wird Rosenkonfitüre gemacht. „So gut die Marmelade auch schmeckt, im Eis hat es nicht funktioniert“, berichtet Neumann. Sie haben mehrere Tests für eine Kombination gemacht – aber der Rosengeschmack kam einfach nicht raus. Milch oder Wasser dimmen das Aroma zu stark ab.
So verkaufen die Kotajas ihre elegante „Rosenblüten-Konfitüre“ weiterhin im 120 g-Glas, auch nach Deutschland. Als Spezialität ist sie neben einem gehobenen Aufstrich auch an der Käse-Theke als Topping vorstellbar. Auf den Feldern von Vampula gedeiht die Sorte „Rosa Rugosa Hybrid“ prächtig. „Wir züchten weniger auf Parfum, denn auf Geschmack“, berichtet Farmer Matti Kotaja. Gut 20 Arten haben sie ausprobiert, bevor die magentafarbene Rose das Rennen machte, die nun als Kultur in großzügigen Reihen steht.
Es ist noch eine kleine Produktion. Rund 100.000 Gläser produzieren sie im Jahr, auf derzeit sechs Hektar. „Nach Bedarf können wir aber auf weitere 25 Hektar erhöhen“, erläutert Matti, der den Hof seines Vaters schon früh auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt hat. „Dann wären auch größere Mengen kein Problem“.
Ebenso wie SunSpelt und Jymy haben die Kotajas ihr Produkt erstmals auf der Grünen Woche vorgestellt, nach der BioNord folgt ein Gemeinschaftsstand auf der BioFach 2020. Derzeit ist die Rosenmarmelade in Deutschland bei Galleria Kaufhof und bei den Online-Händlern Bos Food und Lieferello erhältlich. 7,99 Euro kostet hier das Glas. Derzeit sei man in Deutschland mit der Gastronomie und mit weiteren Einzelhändlern im Gespräch, heißt es.
Verkaufsschlager Bio-Bier – „Öko ist das neue IPA“
Weiter geht es zu einer Craft-Beer-Brauerei, nämlich Mustan Virran Panimo in Savonlinna. Der 36-jährige Braumeister Santeri Vänttinen gründete die Firma 2015 zusammen mit seinem Bruder, einem Cousin und ein paar Uni-Freunden. Craft Beer ist seit einigen Jahren der große Renner in Finnland. „Wir reiten auf der Welle mit“, erzählt er. Seit Ende 2018 sind sie bio-zertifiziert und produzieren drei Biobiere: IPA (India Pale Ale), Pale Ale und ein Weizen Ale. Dieses ist umgelabelt auch das offizielle Bier auf dem Savonlinna-Opernfestival. Ein bedeutendes, gesellschaftliches Event in Finnland, zu dem jährlich mehr als 60.000 Menschen strömen.
„Öko ist das neue IPA“, sagt Vänttinen. Insgesamt haben sie 20 Craft-Biere im Sortiment und denken sich ständig neue aus. „Wir wachsen wie verrückt“, berichtet Vänttinen begeistert. Mit 28.000 Litern haben sie angefangen, mittlerweile sind es 400.000 Liter im Jahr. Das will er noch steigern. Knapp eine Million Umsatz haben sie 2018 gemacht, mit einem kleinen Gewinn von 16.000 Euro. Für 2019 erwartet er, dass sie mit 1,5 Millionen Euro Umsatz deutlicher in die Gewinnzone kommen. Ein starkes Marketing scheint diese Entwicklung zu tragen. Plus ein Design, welches vom finnischen Gestalter Ville Granroth erarbeitet wurde, der auch für große Marken wie Finnair arbeitet. Mit seinem mittelalterlichem Retro-Charme kommt es gut an.
Größter Bier-Abnehmer ist Lidl
Mehr als 38.000 Flaschen gehen in der Hochsaison pro Woche raus. Vertrieben wird über Gastronomie, auf Festivals, über Food-Trucks und als größter Abnehmer über Lidl mit 175 Filialen. Die Kette genießt in Finnland einen guten Ruf bei kleineren Produzenten. Mit einem deutschen Großhändler sei er ebenfalls im Gespräch, unterstreicht Vänttinen. Und ein Stand auf der Grünen Woche 2020 in Berlin sei ebenfalls gesetzt.
Kommentare
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Hallo! Kann sich bitte jemand bei mir dringend melden... Am Besten jemand von der Redaktion, Journalist/in dieses Artikels. Evtl. handelt sich es bei Norbert Michel um den Onkel meines Freundes! Infos bitte an: caroline.allgaeuer@gmx.de
Ganz lieben Dank im Voraus und viele Grüße aus Oberbayern,
Caro.... Falls Antwort auf FB: BITTE an mein Profil " Caro Renner" antworten!