Ganz einfach formuliert, bedeutet Digitalisierung, dass analoge Daten in ein digital nutzbares Format umgewandelt werden. Und damit lassen sich dann wiederum neue Dinge entwickeln. So schreiben viele Kunden ihre Einkaufszettel nicht mehr auf ein Blatt Papier, sondern tippen sie mit Hilfe einer App in ihr Handy. Und vermutlich wird es gar nicht mehr lange dauern, dann ist diese App mit dem Kühlschrank zuhause vernetzt und schreibt von alleine auf, was fehlt. Oder bestellt es gleich selbst. Die Technik hierfür gibt es schon, die Nutzer ebenso: Die sogenannte Generation Y – heute zwischen 20 und Mitte 30 – ist weit weniger skeptisch im Umgang mit den neuen Medien als noch ihre Eltern.
Online-Handel wächst
Aber selbst die bewegen sich inzwischen recht selbstverständlich in der virtuellen Welt und tragen fleißig zum Wachstum des Online-Handels bei: Laut einer Verbraucherstudie des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel stieg der Handel im Netz im 3. Quartal 2018 in Deutschland um 11,6 Prozent auf 15,2 Milliarden Euro Umsatz an. Bei den Lebensmitteln ist der Anstieg mit einem Plus von 21 Prozent besonders stark, allerdings ist hier auch noch am meisten Luft nach oben.
Das liegt vor allem am logistischen Aufwand, den der Versand besonders von frischen Lebensmitteln erfordert, wie das Beispiel von Basic zeigt. Der Filialist gab seinen Online-Shop Ende des vergangenen Jahres wieder auf. Basic-Vorstand Stephan Paulke erklärte, dass trotz Kooperation mit Amazon Fresh und dem Lieferdienst Prime Now die Umsätze hinter den Erwartungen zurück blieben und der logistische Aufwand zu hoch gewesen sei.
Es gibt aber auch andere Beispiele: Alnatura etwa baut seinen E-Commerce beim Trockensortiment weiter aus und auch Dennree setzt auf den Handel im Netz, beliefert Großhändler über seinen Shop natur.com.
Viele neue Möglichkeiten
Doch Digitalisierung bedeutet viel mehr, als Lebensmittel über das Internet zu verkaufen, erklärt Prof. Dr. Daniela Wiehenbrauk. Sie ist Studiengangsleiterin BWL-Handel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHWB) in Heilbronn. Dort startete im Oktober vergangenen Jahres der neue Studienschwerpunkt „Digitaler Handel“. Mit den neuen digitalen Technologien könne der Handel dem Kunden das bieten, was er sich wünscht – bequem, einfach und schnell einzukaufen. Denn gerade die Zielgruppen mit hohem Budget und großen Warenkörben haben am wenigsten Zeit, nutzen also die digitalen Angebote am schnellsten, so die Professorin. Dazu gehört beispielsweise kontaktloses Bezahlen, das bald Standard sein wird, „allein schon deshalb, weil es eine coole Spielerei ist“.
SB-Kassen ausbaufähig
Der Self-Checkout an der Kasse ist für Wiehenbrauk noch nicht die beste Lösung. Amazon Go zeigt, dass sich auf diesem Gebiet noch einiges tun wird. Ob SB-Kassen von Bio-Kunden angenommen werden, testet zurzeit die Berliner LPG als erster Bio-Filialist. Geschäftsführer Ludwig Rieswick möchte damit „eiligen Kunden eine selbstbestimmte, schnelle Lösung anbieten“. Ob sie angenommen wird, kann er noch nicht sagen und will erst einmal die Testphase abwarten. Andere Bio-Filialisten hingegen wollen SB-Kassen nach eigener Aussage nicht einführen. Viellecht auch deshalb, weil Erfahrungen aus dem LEH Wiehenbrauks Einschätzung zu bestätigen scheinen.
Handy wird wichtiger
Die Professorin glaubt vielmehr, dass das Handy beim Einkauf eine immer größere Rolle spielen wird. So kann man schon jetzt beim Schweizer Unternehmen Migros über das Handy nicht nur erfahren, welche Inhaltsstoffe in einem Produkt enthalten sind, sondern wird mit Rezeptideen am POS inspiriert und so natürlich zum Einkaufen animiert.
Und was ist mit den Robotern, die seit einiger Zeit in manchen LEH-Filialen von sich Reden machen? Derzeit stellen sie noch keine wirkliche Einkaufserleichterung für den Kunden dar. Ganz im Gegenteil – wer sich von dem Kindchenschema von Pepper, Tory und ihren Kollegen einfangen lässt, verbringt am Ende eher mehr Zeit mit Spielerei als mit Einkaufen. Aber das ist erst der Anfang. Wird der Roboter mit einem Sprachassistenten ausgestattet, der den Kunden erklärt, wo sie gesuchte Produkte finden und was sie mit ihnen kochen können, sieht die Sache schon wieder anders aus. Metro etwa testet derzeit, wie die Kunden auf den Roboter Tory reagieren. Und Amazon baut ebenfalls auf die automatisierten Helfer, setzt Logistik-Roboter im Lager ein und beteiligt sich sogar am französischen Hersteller Balyo.
Künstliche Intelligenz
Eine Schlüsselrolle im Handel wird nach Auffassung von Daniela Wiehenbrauk die Künstliche Intelligenz (KI) spielen. Schon jetzt testen Händler deren Möglichkeiten beim Gestalten und Optimieren des Sortiments. Metro, Carrefour und Franprix setzen in diesem Jahr zum ersten Mal Kameras mit KI ein, um Lücken in den Regalen zu vermeiden.
Künstliche Intelligenz geht vorurteilsfrei und objektiv nach Daten vor – anders als ein Mitarbeiter, der hier und da auch seine persönlichen Vorlieben einbringt. Das sieht auch Zalando so und setzt konsequent auf die neue Technik. Der Online-Händler entließ über 200 Mitarbeiter im Marketing – und ersetzt sie nun durch Algorithmen. Diese erkennen die Vorlieben der Kunden deutlich besser und können Angebote so passgenauer zusammenstellen als ein Mensch aus Fleisch und Blut. Doch nicht nur große Unternehmen setzen auf Künstliche Intelligenz, um besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen zu können. Schon kleinere Firmen nutzen beispielsweise Chatbots – also textbasierte Dialogsysteme – auf ihren Internetseiten. Das ist etwa dann sinnvoll, wenn Kunden immer wieder dieselben Fragen stellen. Die Chatbots beantworten diese dann völlig eigenständig.
Viele Jobs fallen weg
Was die einen als Arbeitserleichterung begrüßen, ist für andere ein Horror-Szenario: Immer mehr Mitarbeiter werden durch digitale Technik und Künstliche Intelligenz ersetzt. Wiehenbrauk bestätigt: „Menschliche Tätigkeiten, die einem regelmäßigen Muster folgen – also sogenannte Routinejobs – werden automatisiert.“ Das betrifft den Lagerarbeiter ebenso wie die Kassiererin oder eben auch Mitarbeiter im Marketing. Verschiedene Studien legen jedoch nahe, dass durch die Digitalisierung eher mehr neue Jobs entstehen werden – viele davon gibt es heute noch gar nicht. „Schon in den vergangenen Jahren sind neue Berufe entstanden, wie beispielsweise Data Scientist, Social Media Manager, Content Marketer. All diese Berufsbezeichnungen waren vor fünf Jahren noch unbekannt“, so Wiehenbrauk. Eine aktuelle Studie des World Economic Forum geht davon aus, dass bis 2022 weltweit rund 60 Millionen Arbeitsplätze mehr entstehen als wegfallen. Natürlich werden diese dann ganz neue Aufgaben haben.
Kompetenzen der Zukunft
Die DHBW Heilbronn hat deshalb im vergangenen Jahr 87 Unternehmen befragt, welche Kompetenzen sie von ihren Mitarbeitern im Jahr 2025 erwarten. Das Ergebnis: Fachspezifisches Wissen wurde von 20 Kompetenzen erst an 13. Stelle genannt. Platz eins bis drei belegten: „Offen für Veränderungen“, „Kundenorientierung“ und „Lernbereitschaft“. Also: Am Ball bleiben und neues Wissen aufnehmen.
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Wie die Digitalisierung die Arbeit erleichtern kann
- Marketing: Sowohl über Social Media-Kanäle als auch per SMS oder E-Mail können Kunden direkt angesprochen und auf aktuelle Angebote oder spezielle Aktionen aufmerksam gemacht werden.
- Digitale Kassenlösungen: Sie sind inzwischen sogar vorgeschrieben und helfen nicht nur, Abrechnungen schnell und übersichtlich zu gestalten, sondern auch, den Überblick über die Finanzen zu behalten.
- Präsenz im Netz: Mit einer für Mobilgeräte optimierten Homepage erhöht sich die Wahrschenlichkeit, dass man vom Kunden gefunden wird, wenn er ein Angebot über Google sucht.
- Arbeitszeiten planen: Mit Hilfe digitaler Lösungen lässt sich schnell und einfach eine Übersicht über die Arbeits- und Urlaubszeiten der Mitarbeiter erstellen – und auch von unterwegs abrufen.
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