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Erfolg für Bio-Bündnis

Ferntransport von Pestiziden – Behörde bereitet Monitoring vor

Bio-Unternehmen und Umweltschützer weisen seit Jahren darauf hin, dass viele Pestizide oft kilometerweit verfrachtet werden. Doch die Behörden packen das Problem nur zögerlich an. Jetzt haben sie wieder einen Schritt gemacht.

Dass es Ferntransport von Pestiziden gibt, ist schon lange bekannt. Wenn sich der Boden erwärmt, steigen Ackergifte zusammen mit Dunst und feinen Staubteilchen in höhere Luftschichten auf und werden mit dem Wind kilometerweit fortgetragen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat nun eine Vorstudie zur Auswahl geeigneter Standorte für ein Basis-Monitoring des Ferntransports von Pestiziden veröffentlicht.

Die beauftragten Wissenschaftler schlagen darin bundesweit fünf Gebiete vor, in denen jeweils zwei Anbauflächen dauerhaft in Hauptwindrichtung überwacht werden sollen. Für jede Ackerfläche sind dafür drei Stationen in unterschiedlicher Entfernung vorgesehen. Insgesamt also ganze 30 Messstationen für ein bundesweites Monitoring.

Verdienst von Bio-Bündnis

Dass das BVL überhaupt aktiv wurde ist ein Verdienst der im Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft zusammengeschlossenen Bio-Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie haben das Thema Ferntransporte von Pestiziden erfolgreich auf die politische Agenda gebracht.

Das Bündnis hatte Anfang 2019 eine erste Studie veröffentlicht, für die an 47 Standorten bundesweit die Pestizidbelastung in Baumrinden gemessen wurden. Denn diese reichern – wie sogenannte Passivsammler - über längere Zeiträume hinweg Pestizide aus der Luft an. Insgesamt fanden die Forscher damals 106 Pestizidwirkstoffe in unterschiedlichen Kombinationen. Und das auch an Standorten, die kilometerweit von jedem konventionellen Acker entfernt lagen.

Zwei Jahre später legte das Bündnis mit einer größer angelegten Studie nach. An 163 Standorten wurden Proben gezogen mit Hilfe von Passivsammlern, aus Filtermatten von Lüftungsanlagen oder Bienenbrot aus Bienenstöcken. 138 verschiedene Pestizidwirkstoffe konnten die Forscher analysieren. Selbst auf der Spitze des Brockens im Nationalpark Harz waren 12 Pestizide nachweisbar.

Behörde handelt zögerlich

Doch anstatt Pestizide aus dem Verkehr zu ziehen, die besonders leicht und besonders weit verfrachtet werden, kündigte das für Pestizidzulassung zuständige BVL lediglich ein Monitoring an, um selbst Daten zu sammeln. Dazu gab es zuerst 2020 eine Machbarkeitsanalyse in Auftrag. Als diese vorlag, folgte an dasselbe Unternehmen der Auftrag für die jetzt veröffentlichte Vorstudie.

Im nächsten Schritt müssen sich nun das BVL und die betroffenen Bundesländer über eine Zusammenarbeit einigen. Denn die Vorstudie hatte nach bestehenden Messstationen Ausschau gehalten, um sie in dieses Monitoring einzubinden. Und für diese Stationen sind die Bundesländer zuständig. Übrigens gibt es laut der Studie in einzelnen Bundesländern bereits „23 Stationen mit bereits eingerichtetem Pflanzenschutzmittel-Luftmonitoring“.

Bündnis: „Wir sind enttäuscht“

Julia Schumacher vom Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft dauert das ganze Prozedere viel zu lange. „Wir sind enttäuscht, dass immer noch keine Messungen stattgefunden haben und es gibt auch keinen konkreten Zeitplan, wann das Monitoring tatsächlich beginnt“ sagt sie. Zudem sei nur schwammig definiert, welche Wirkstoffe konkret untersucht werden sollen – genannt würden in der Vorstudie lediglich 45 Pestizid-Wirkstoffe. „Aus unserer Sicht muss nach einer möglichst breiten Palette von Wirkstoffen gesucht werden“, sagt Schumacher. Sie bietet dem BVL Gespräche an: „Gerne stellen wir zu dem Thema unsere Expertise zu Methoden und Vorgehen aus unserer Luft-Studie zur Verfügung.“

Mehr Informationen könnten dem BVL nicht schaden. Die Behörde hat parallel zur Veröffentlichung der Vorstudie auch eine Internetseite zum Thema Ferntransport von Pestizid-Wirkstoffen freigeschaltet. Sie „bündelt alle verfügbaren Informationen zum Thema Verfrachtung“, schrieb das BVL dazu. Doch auf der Seite finden sich weder die Studien des Bündnisses für enkeltaugliche Landwirtschaft noch die Daten des Luftmonitorings der 23 Länder-Messstationen. Sie enthält lediglich die wenigen Veröffentlichungen des BVL zu diesem Thema.

Was Bio-Unternehmen tun können

Pestizide sind eine Gefahr für die ganze Bio-Branche. Damit es gelingt, sie zu reduzieren, kommt es auf jeden einzelnen Bio-Betrieb an. Lesen Sie mehr dazu:

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