- Branche Juni 2001
Elkershausen und Naturkost West stellen Eigenmarke green vor
Nach Dennree kommen nun auch zwei Regionalgroßhändler mit einer Eigenmarke auf den Markt: Naturkost Elkershausen und Naturkost West stellten im Mai die "Hausmarke" green bei ihren Hausmessen vor. Weitere Großhändler können sich daran beteiligen. Die Mehrheit der vom SPECIAL befragten Regionalgroßhändler äußerte sich allerdings zurückhaltend bis kritisch. /Peter Gutting
Zur Zeit umfasst green 15 Produkte - vom Brotaufstrich über Olivenöl bis zum Weizenmehl. Vierteljährlich soll die Handelsmarke um 15 bis 20 Produkte aufgestockt werden. Auf eine Obergrenze legt sich Hermann Heldberg, Geschäftsführer von Naturkost Elkershausen und Naturkost West, derzeit nicht fest: "Wir müssen uns am allgemeinen Markt orientieren und uns mit ihm verändern, sprich flexibel sein und auf aufkommende Bedürfnisse reagieren können."
Im Prinzip funktioniert das Konzept ganz ähnlich wie bei Dennree (siehe SPECIAL 4/2001), auch die Begründungen gehen in dieselbe Richtung. "Bio-Lebensmittel müssen nicht teuer sein", sagt Hermann Heldberg. Durch direkten Einkauf beim Produzenten, Mengenbündelung und Wegfall der Marketingkosten könne man Bio auch den sozial Schwächeren zugänglich machen. Die Spanne für den Einzelhändler entspreche dem Üblichen und bedeute keine Einbuße. Mit dem Preiseinstiegsangebot, bei dem der Großhändler auf einen Teil seiner Spanne verzichte, will man darüber hinaus eine "clevere, aber kostengünstige Marketingunterstützung" für den Einzelhändler leisten und eine größere Kundenbindung schaffen.
Die beiden Regionalgroßhändler haben sich zum Ziel gesetzt, mit der Hausmarke einen Preisvorteil von mindestens 20 Prozent für den Endverbraucher zu erreichen. Dies lasse sich derzeit zwar nicht bei allen Produkten einhalten. Dafür seien bei anderen die Preisvorteile größer.
Das Nachsehen haben - wie bei anderen Handelsmarken auch - die Markenhersteller. Elkershausen und Naturkost West kaufen direkt bei den Produzenten, die sie nach gebündelten Produktgruppen auswählen. Die Mühlenprodukte zum Beispiel werden von einem deutschen Produzenten herstellt, der bereits erfolgreiche Naturkost-Marken beliefere. Für die in Arbeit befindliche Produktgruppe Pasta hat man den Direktbezug von den "italienischen Fachleuten" ins Auge gefasst. Kriterien für die Auswahl der Lieferanten sind: Qualität der Produkte, realistisches Preis-Leistungs-Verhältnis, Lieferfähigkeit und Seriosität. "Die Qualität ist uns sehr wichtig", sagt Lisa Schwarz, die bei Naturkost Elkershausen für den Trockeneinkauf zuständig ist. Ein günstiger Preis bedeute keinen Verzicht auf Qualität. Dies werde zwar von manchen behauptet, sei aber ein Missverständnis.
Vor allem ein Bedürfnis von größeren Läden
Offensichtlich stößt das Eigenmarkenkonzept auf Bedürfnisse von Teilen des Naturkost-Einzelhandels. Insbesondere Läden mit größeren Flächen und Supermarkt-Charakter möchten sich auch über den Preis profilieren. Je nachdem, welche Einzelhändler ein Regionalgroßhändler als Kunden hat, stellt sich für ihn die Frage der Eigenmarke unterschiedlich. So denkt zum Beispiel der Frischdienst Naturkost Nord derzeit nicht konkret über das Thema nach, weil man eher eine qualitätsbezogene Kundschaft beliefert und das Thema noch nicht an den Großhändler herangetragen wurde.
Auch die strategischen Überlegungen der übrigen befragten Regionalgroßhändler gehen nicht in Richtung Niedrigpreis. Zwar käme eine Eigenmarken-Range besonders bei Eckpreisartikeln wie zum Beispiel Mehl grundsätzlich in Frage, sagt Fritz Huber von der Chiemgauer Naturkosthandel GmbH. Gegenwärtig habe das Thema aber keine Priorität. Denn die intensive Kooperation mit Naturkost-Herstellern, deren Marken dem Fachhandel vorbehalten sind, dürfe nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Zumal der Fachhandel im Gegensatz zum LEH über glaubwürdige Marken verfüge, auch wenn man sie als "Beinahe oder Noch-nicht-Marken" bezeichnen müsse. Denn sie haben Nachholbedarf sowohl beim Bekanntheitsgrad wie bei der emotionalen Verankerung. "Das Thema Niedrigpreismarke ist in der gegenwärtigen Situation von Noch-nicht-Marken wenig förderlich", warnt Fritz Huber, Denn die Handelsmarke benötige den festen Gegenpol einer echten Marke (Kompetenz, Qualität, etc.), der aber erst noch aufgebaut werden müsse.
Nach Ansicht von Michael Beer (Bodan) leistet die verführerisch scheinende Werbung, dass es "Bio auch für billig" gibt, falschen Illusionen Vorschub. Zunächst einmal sei es eine "Milchmädchenrechnung", wenn beispielsweise der Verarbeiter bei der Preiskalkulation für eine Handelsmarke nur mit Grenzkosten rechnet, bei seiner Herstellermarke jedoch die notwendige Vollkostenkalkulation anlegt. Auf diesem Wege bezahle letztlich der Käufer des Markenartikels den Preisvorteil der Handelsmarke.
Noch gravierender sei jedoch, dass die Qualität austauschbar werde und nicht mehr transparent sei. Ein Eigenmarken-Mehl etwa werde heute von einem deutschen Hersteller geliefert, zu dem persönliche Beziehungen bestehen, morgen aber vielleicht von irgendeinem, jedoch vor allem billigeren Anbieter. Das Beispiel der im Öko-Test abgewerteten Passata von denree zeige, dass eine Niedrigpreis-Strategie zwangsläufig zu Lasten der Qualität gehe. "Wenn der Fachhandel die Qualität drückt," so Michael Beer, sägt er den Ast ab, auf dem er sitzt." Die Eigenmarkenstrategie sei ein klassisches Instrument des LEH zur Kundenbindung. Und für Bodan ist es doch sehr die Frage, ob man sehenden Auges die Konsequenzen in Kauf nehmen will, vor denen man heute als Folge von 40 Jahren LEH-Preispolitik stehe: Ruin der Landwirtschaft und selbstmörderischer Wertevernichtung im Handel. Eine Gruppe von süddeutschen Großhändlern, mit denen Bodan regelmäßig im Gespräch ist, denkt deshalb lieber über Qualitätskonzepte nach. Dabei setzt man auf die Transparenz und Glaubwürdigkeit von leistungsfähigen und authentischen Herstellermarken sowie auf die Umsetzung des Demeter- Fachhandelsbeschlusses.
Keinen Sinn in einer Großhandelsmarke sieht man bei Weiling. "Unsere Marke heißt bioladen, wir wollen im Marketing die Bioläden in den Mittelpunkt stellen, sagt Pressesprecher Hanjörg Bahmann. Deshalb habe man die Wort-Bild-Marke für bioladen schützen lassen, ebenso wie die für Greenbag. Weil sich im Bioladen Menschen mit ihrem persönlichen Engagement für Naturkost einsetzen, werden die Fachgeschäfte nach Ansicht von Weiling "Sauerteig" für ein hohes Qualitätsniveau bleiben. Dies gelte auch für Erzeuger und Hersteller. Hanjörg Bahmann: "Marken der Naturkosthersteller passen besser in unser Konzept als Eigenmarken."
Von positiven Erfahrungen berichtet dagegen die Firma Grell. "Wir haben inzwischen rund 160 Abpackungen für unsere Eigenmarke", sagt Andreas Ritter-Ratjen. Der Absatz in diesen Produktgruppen - Getreide, Trockenfrüchte und Nusskerne - sei genauso hoch wie der mit den entsprechenden Markenartikeln. Bei Grell hat die Eigenmarke eine lange Tradition, da man bis vor wenigen Jahren aufgrund der Gebietsabsprachen viele Markenartikel gar nicht ins Sortiment aufnehmen konnte. Außerdem liegen die Anfänge der Firma im Mühlenbetrieb, so dass das Unternehmen sozusagen durch die Eigenmarke groß geworden ist. Derzeit sei keine Erweiterung auf andere Produktgruppen geplant, sagt Andreas Ritter-Ratjen. Auch eine Beteiligung an green ist im Moment kein Thema. Denn für den Großhändler ist es wichtig, dass Grell auf den Produkten steht.
Bei der Hausmesse von Elkershausen hat Lisa Schwarz eine überwiegend positive Resonanz auf die Hausmarke wahrgenommen. Viele Läden - sowohl größere wie kleinere - würden es begrüßen, dass dadurch konventionell eingestellte Endverbraucher nicht abgeschreckt würden und eine wichtige Hemmschwelle für Neukunden wegfalle.
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