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Bio wächst langsamer

Mit einem Festakt hat das Bundeslandwirtschaftsministerium den 20. Geburtstag des deutschen Bio-Siegels gefeiert. Zuvor gab es Bio-Zahlen für 2020 bekannt. Sie zeigen: Bio muss weit schneller wachsen, wenn die geplanten Flächenanteile bis 2030 erreicht werden sollen.

Das deutsche Bio-Siegel feiert am 5. September 2021 sein 20-jähriges Bestehen. Bundeslandwirtschaftsmininsterin Julia Klöckner nahm das Jubiläum bereits gestern zum Anlass für eine Festrede zu dieser „Erfolgsgeschichte für Wirtschaft und Gesellschaft“. Zuvor veröffentlichte ihre Behörde aktuelle Daten zur Entwicklung des ökologischen Landbaus in Deutschland.

Wie das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) verkündete, ist die Zahl der Bio-Bauern in Deutschland bis 31.12.2020 um 3,6 Prozent auf 35.396 gestiegen. Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche wuchs um 5,5 Prozent auf 1.702.240 Hektar. Damit liegt die Bio-Bauernquote bei 13,5 Prozent, der Bio-Anteil an der landwirtschaftlichen Fläche macht 10,5 Prozent aus.

Den Zahlen zufolge hat sich das Bio-Wachstum gegenüber den Vorjahren somit verlangsamt, obwohl der Bio-Anteil bei den Lebensmitteln sprunghaft angestiegen ist. Soll der Flächenanteil, wie von der Bundesregierung geplant, bis Ende 2030 auf 20 Prozent steigen, bräuchte es einen konstanten jährlichen Zuwachs von 6,9 Prozent. Um die von der EU geplanten 25 Prozent Bio-Anteil bis 2030 zu erreichen, müsste die Wachstumsrate jedes Jahr 9,3 Prozent betragen.

Die Zahl der verarbeitenden Bio-Betriebe legte 2020 um 6,3 Prozent auf 12.613 zu. Ebenso stark wuchs die Zahl der zertifizierten Handelsunternehmen. Insgesamt gab es in Deutschland Ende des vergangenen Jahres 52.185 bio-zertifizierte Betriebe. Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium veröffentlichten Zahlen basieren auf den Jahresmeldungen der Bundesländer, bei denen die Öko-Kontrollstellen ihre jährlichen Berichte abliefern.

Die meisten Bio-Bauern wirtschaften in Baden-Württemberg und Bayern. Die beiden Bundesländer stellen zusammen gut 60 Prozent aller Bio-Höfe, allerdings nur gut ein Drittel der Fläche, denn die Betriebe sind dort weitaus kleiner als im Norden und Osten der Republik. In Baden-Württemberg wirtschaftet inzwischen gut jeder vierte Landwirt biologisch. Die höchsten Bio-Anteile bei der Fläche weisen dagegen das Saarland und Hessen mit 19 und 16 Prozent auf. Schlusslichter sind hier Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Bioland kritisiert Klöckner

Die konstant positive Entwicklung im Bio-Bereich hängt entscheidend mit der Einführung des deutschen Bio-Siegels zusammen. 2001 hatte die damalige Landwirtschaftsministerin Renate Künast (B90/Die Grünen) das sechseckige Zeichen mit dem schwarz-grünen „Bio“-Schriftzug auf den Weg gebracht. Das inzwischen obligatorische Bio-Blatt der EU kam erst elf Jahre später dazu und hat bis heute nicht die Bekanntheit des Bio-Siegels erreicht.

Das deutsche Bio-Label ist eines der bekanntesten Logos auf Lebensmittel in Deutschland. Derzeit ziert die freiwillige Kennzeichnung 93.143 Produkte von 6.238 Unternehmen. Das Siegel signalisiert den Verbrauchern gut sichtbar, dass dieses Lebensmittel die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung einhält.

Im Januar dieses Jahres sprach Ministerin Klöckner in einer Mitteilung von „unserem Bio-Siegel“ und erntete damit viel Widerspruch in der Bio-Branche. Zum von ihr veranstalteten Festakt am Dienstag teilte Bioland mit, die Ministerin habe „herzlich wenig zum Bio-Erfolg beigetragen, sondern sich eher als Verhinderin des Bio-Umbaus gezeigt“. Bio habe sich die letzten fünf Jahre nicht wegen sondern trotz Klöckner positiv entwickelt.

„In den vergangenen 15 Jahren unionsgeführter Agrarpolitik seit dem Abtritt von Renate Künast wurde der Umbau der Landwirtschaft nicht vorangetrieben, sondern blockiert“, kommentierte Bioland. Die Union „wollte es schließlich den mächtigen Playern um Bauernverband und Agrarindustrie so bequem wie möglich machen“. Zahlreiche, mahnende Gutachten des eigenen wissenschaftlichen Beirats hätten Klöckner und ihre Vorgänger ignoriert.

Felix Prinz zu Löwenstein, scheidender Vorsitzender des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), war einer der Gäste bei den Feierlichkeiten des BMEL. Er sieht in dem Siegel ein Beispiel dafür, „wie Politik wirksam Öko stärken kann“. Ihm zufolge habe das Sechseck dabei geholfen, Bio aus der Nische zu holen. „Aber das gelang nur im Konzert mit den anderen wirksamen Maßnahmen, die damals getroffen wurden“, wie zum Beispiel Infokampagnen oder das Bundesprogramm Ökologischer Landbau.

Kommentare

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Ursula Stübner

Wir gratulieren hiermit explizit nochmal Renate Künast.

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