Biohandel

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Mehrweg

Bio-Fachhandel setzt verstärkt auf Pfandgläser

In Mehrweggläsern wird inzwischen weit mehr verkauft, als nur Trockenware. Nicht nur Großhändler bauen das Angebot aus, auch die Läden selbst füllen Ware ins Glas. Der Mehrweg-Trend weckt Erinnerungen an einen gescheiterten Versuch in den 90er-Jahren.

Der Regionalgroßhändler Naturkost Erfurt stellte Mitte Februar seine Goldgläschen vor. 20 einheitliche Pfandgläser, gefüllt mit Nüssen, Trockenfrüchten, Saaten und Süßem. Der Großhändler kauft die Ware in Großgebinden und lässt sie in den Werkstätten der Stiftung Finneck von Menschen mit Handicap abfüllen und mit Hängeetiketten versehen.

Zusammen mit Naturkost Elkershausen setzt Naturkost Erfurt schon länger engagiert auf Mehrweg und füllt etwa auch die Suppe für ihre Regionalmarke VON in Pfandgläsern ab. Das Beispiel zeigt, dass in Mehrweggläsern inzwischen weit mehr verkauft wird, als nur Trockenware. Der Regionalgroßhändler Rinklin hat mit „Rinklins – clever verpackt“ seit November 2020 eine eigene Gläserlinie. Weiling bietet ausgewählte „Bioladen“-Produkte wie Kokosraspeln, gebrannte Mandeln oder Cashew-Nüsse im Mehrwegglas an.

Auch der LEH hat Pfandgläser für sich entdeckt

Ein Trendsetter in diesem Bereich ist das Freiburger Unternehmen Fairfood, das seit Jahren seine fairen Nüsse geröstet oder zu Mus verarbeitet in Pfandgläsern anbietet. Im Mai vergangenen Jahres listete Alnatura Fairfood-Produkte und ebenso Tees, die vom Berliner Karma-Kollektiv in Pfandgläsern abgefüllt werden. Weil die Produkte so gut ankamen, folgten im Sommer 2020 rote Linsen, Basmati-Reis, Rohrohrzucker, Passata und Ketchup in Pfandgläsern. Dafür hat Alnatura mit dem Unternehmen Bananeira eigens die Marke Pfandwerk entwickelt.

Junge Unverpackt-Unternehmen wie Bananeira gibt es mehrere. Unverpackt für Alle etwa beliefert nach eigenen Angaben inzwischen über 300 Läden darunter viele Hof- und Bioläden mit 75 verschiedenen Pfand-Produkten, von Aborio-Reis bis Xylit Birkenzucker. In Hamburg füllt Blattfrisch Feinkostsalate in Pfandgläser und Suppensohn macht das mit Suppen.

Bereits gut etabliert ist das Unternehmen Gutding, das mit Aufstrichen in Weckgläsern begann und inzwischen zusätzlich zahlreiche Trockenprodukte abfüllt. Auch der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel hat das Thema entdeckt: In Siegburg röstet ein Gastronom Bio-Kaffee und füllt die Bohnen in Flaschen ab. Cofi Loco heißt die Marke, die in 125 Edeka-Filialen in Nordrhein-Westfalen verkauft wird.

Die meisten Anbieter verwenden die bekannten Joghurt-Pfandgläser, die es in 500 Milliliter und 250 Milliliter gibt. Der Vorteil ist, dass es hier ein bestehendes Mehrwegsystem mit Behältern gibt. Allerding muss das Einsammeln und Waschen der Gläser eigens organisiert werden. Ökologisch ist das wegen des hohen Transportgewichts nur dann sinnvoll, wenn die Wege kurz sind und die Gläser oft wiederbefüllt werden.

Manche Bioläden füllen Trockenware selbst ab

Viele Abfüller binden betreuende Werkstätten mit ein, was das Produkt mit sozialem Mehrwert auflädt. Das braucht es auch, denn die Preise sind oft deutlich höher als die von Produkten in Einwegverpackungen

Nicht nur Start-ups und Großhändler füllen Trockenware in Pfandgläser, auch Läden. Am meisten Erfahrung damit hat vermutlich Raoul Schäfer-Gröbel im Bonner Bio-Markt Momo. Bereits 1983 hatte er damit begonnen, Produkte selbst abzufüllen. Nach einer längeren Unterbrechung tut er das nun seit 2018 wieder. Hierfür hat er einen Mitarbeiter angestellt, der damit 20 bis 25 Stunden in der Woche beschäftigt ist. Und auch im Hachinger Bio-Gwölb, einem Biomarkt bei München, wird umgefüllt: Dort kommen Gewürze in Pfandgläser.

Der Trend hin zu mehr Mehrweg weckt Erinnerungen: Aufstriche im Pfandglas waren einmal ein Alleinstellungsmerkmal des Biofachhandels. Die Hersteller der Branche hatten sich republikweit auf acht Gläsergrößen geeinigt. Arbeitsgemeinschaft für Abfallvermeidung (AfA) oder auch „Acht für Alle“ nannte sich dieser Pool.

Aufstriche, Honige, Saucen, Konserven und vieles mehr wurden in diesen Gläsern in den Bioläden verkauft. An drei Spülstellen im Norden, Süden und Westen Deutschlands wurden die Gläser gesammelt, gereinigt und wieder abgegeben. Von 1995 bis 1998 lief dieses Modell, bevor es scheiterte.

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