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Koalitionsvertrag: „Ein gutes Signal für Bio“

Bio-Verbände loben den Koalitionsvertrag der Ampel – und machen deutlich, dass sie jetzt auch Taten sehen wollen.

In ersten Stellungnahmen begrüßt die Bio-Branche das neue 30 Prozent-Ziel im Koalitionsvertrag, fordert aber auch entsprechende Anstrengungen ein, um es auch zu erreichen: „Mit 30 Prozent Bio bis 2030 wagt die Ampel mehr Fortschritt. Aus ,wagen’ muss jetzt ,machen’ werden!“ kommentierte Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bio-Dachverbandes BÖLW den Koalitionsvertrag. Wie das „machen“ aussehen sollte, ergänzte der geschäftsführende Vorstand Peter Roehrig: „30 Prozent Ökolandbau gelingen dann, wenn die Ampel jetzt auch mindestens 30 Prozent Umbaupower überall dort investiert, wo es nötig ist: 30 Prozent wo es um Investitionen in den Umbau von Höfen und Unternehmen geht, 30 Prozent Bio in der Gemeinschaftsverpflegung, 30 Prozent bei der Forschung und Ausbildung, 30 Prozent der Personalkapazität in den relevanten Ministerien und Behörden beispielsweise.“

Kathrin Jäckel, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren (BNN) nannte den Koalitionsvertrag „ein gutes Signal für Bio“. Vor allem die geplante Erweiterung der Zukunftsstrategie ökologischer Landbau um die gesamte Bio-Wertschöpfungskette sei ein wichtiger Schritt. Denn die Ökologisierung der Lebensmittelwirtschaft „hört nicht beim Anbau auf, sondern braucht Weitsicht über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg.“

Bioland-Präsident Jan Plagge sieht in der Vereinbarung ein gutes Potenzial für den notwendigen ökologischen Umbau der Land- und Lebensmittelwirtschaft. Doch damit die Bio-Fläche bis 2030 auf 30 Prozent anwachsen könne, „muss auch der Werkzeugkasten dafür auf 30 Prozent wachsen. Zentral dafür ist, dass ressortübergreifend an diesem gemeinsamen Ziel gearbeitet wird", kommentierte Plagge.

Demeter gratulierte der Ampel-Koalition und dem künftigen grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir zu ihrem klaren Bekenntnis zum Ökolandbau. Auch Demeter machte deutlich, das dieses Ziel nur erreichbar ist, wenn die 30 Prozent auch als Quote im Vollzug gelten, etwa 30 Prozent aller Investitionsbeihilfen oder 30 Prozent der Personalkapazität den zuständigen Ministerien. „30 Prozent Ökolandbau heißt viel mehr, als eine Zahl für die Statistik – denn mit dem Ökolandbau lassen sich wichtige Ziele für die biologische Vielfalt, für den Klimaschutz, für sauberes Grundwasser und für regionale Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze erreichen", betonte Demeter-Vorstand Alexander Gerber.

Plus 11,3 Prozent – jedes Jahr

Ende 2020 bewirtschafteten 35.400 Ökobetriebe 1,70 Millionen Hektar, 10,3 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche von 16,6 Millionen Hektar. Bei gleichbleibender Gesamtfläche würden 30 Prozent 4,98 Millionen Hektar entsprechen. Somit müssten in den nächsten zehn Jahren bis Ende 2030 noch 3,28 Millionen Hektar hinzukommen. Die Fläche würde sich fast verdreifachen. Das entspräche einer jährlichen Zuwachsrate von 11,3 Prozent. In den Jahren 2019 und 2020 wuchs der Flächenanteil um 6,1 und 5,5 Prozent.

Unklarheiten bemängelt

Die Koalitionäre hätten ein wichtiges Zeichen gesetzt, dass es ihnen ernst sei mit dem dringend notwendigen Umbau der Nutztierhaltung, kommentierte Naturland-Präsident Hubert Heigl und fügte hinzu: „Nun geht es darum, diese Pläne auch konsequent umzusetzen.“ Der Anbauverband Biopark schrieb, dem 30 Prozent-Ziel „müssen nun auch Taten folgen und ein Absatzmarkt mit bedacht und geschaffen werden. So sollten in der Außer-Haus-Verpflegung mindestens 30 Prozent der Komponenten aus möglichst regionalem ökologischen Anbau stammen.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) lobte zahlreiche Punkte des Vertrags, bemängelte aber auch, dass die Zukunftskommission Landwirtschaft und die Borchert-Kommission im Koalitionsvertrag nicht erwähnt werden. Die neue Bundesregierung dürfe nicht hinter deren Ergebnisse zurückfallen. Auch fehlt der AbL ein „klares Bekenntnis“ dazu, dass auch neue Gentechnik-Verfahren wie Crispr/Cas Gentechnik sind und entsprechend des EU-Vorsorgeprinzips reguliert bleiben müssen.

Slowfood Deutschland sieht im Koalitionsvertrag „zwölf Chancen für ein nachhaltiges und faires Ernährungssystem“ und lobt insbesondere die angekündigte Ernährungsstrategie. Allerdings denke die neue Regierung „sehr stark in Fleischersatzszenarien wie ‚alternative Proteinquellen‘ und Fleischersatzprodukte“.

Total-Verriss von Foodwatch

Die Verbraucherorganisation Foodwatch ließ am Landwirtschaftsteil des Koalitionsvertrages kein gutes Haar. Die Scheinkompromisse der Zukunftskommission Landwirtschaft und des neuen Ampel-Koalitionsvertrages seien nicht geeignet, ein zukunftsfähiges, klima- und tierfreundliches europäisches Agrarsystem zu schaffen, schrieb Foodwatch. Die Vorschläge führten lediglich zu einem Weiter-so in der hoch subventionierten Agrarpolitik. Stattdessen müssten die Tierbestände in Deutschland und der gesamten EU halbiert werden.

„Um den Konsum entsprechend zu senken, müssen EU-weite differenzierte CO2-Abgaben für Fleisch, Milch, Käse und Co. eingeführt und sukzessive erhöht werden“, schreibt Foodwatch. Bei den Haltungsbedingungen für Nutztiere müsste die EU-Ökoverordnung zum Mindeststandard für alle werden.

In eigener Sache:

Der bio verlag, zu dem BioHandel gehört, gratuliert den Koalitionspartnern zu einem Koalitionsvertrag, „der ungeachtet verschiedener politischer Grundhaltungen die dringlichen Herausforderungen in den Fokus nimmt“, teilt Geschäftsführerin Sabine Kauffmann mit. „Wir freuen uns auf tragfähige Veränderungen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Allgemeinen, Digitalisierung und zukunftsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen.“

Der bio verlag begrüßt insbesondere die Berücksichtigung der neuen Rechtsform „Unternehmen mit gebundenem Vermögen“. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass das Vermögen im Unternehmen gebunden bleibt und dauerhaft dem eigentlichen Unternehmenszweck zugutekommt. Neben dem bio verlag wird die neue Rechtsform auch von zahlreichen weiteren Unternehmen aus der Bio-Branche unterstützt, darunter Bio Company, Märkisches Landbrot, Lebensbaum, Super-Biomarkt, Alnatura, Sonett, Terra Naturkost und Demeter.

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