Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Kolumne

Bio braucht eine Wertschöpfungskette

Bio wird zu oft zu kurz gedacht – denn der Fokus der Branche liegt meist auf der Zukunft des Ökolandbaus, findet Markus Wewer vom BÖLW. Doch was passiert eigentlich, wenn wir künftig mehr Bio-Erzeugnisse haben?

Die Politik setzt Ziele: 20 Prozent Ökofläche nimmt sich die Bundesregierung vor, auf 25 Prozent will die EU, manche Bundesländer setzen Marken bis zu 40 Prozent (z.B. Baden-Württemberg). Stolze Vorgaben. Was passiert aber, wenn der Ökolandbau tatsächlich so unterstützt wird, dass sein Anteil 20 Prozent und mehr erreicht? Ist die Branche darauf vorbereitet? Wer soll die Rohwaren von den Biobauern aufnehmen? Wer wird daraus Lebensmittel herstellen? Wo werden die Menschen Bio einkaufen? Essen wir Bio auch in Kantinen, Restaurants und am Imbiss? Welches Verständnis haben unsere Kunden von Bio? Und welches haben wir – die Biobranche?

Bislang haben sich alle, die die Zukunft des Sektors gestalten wollen, sehr auf den ökologischen Landbau konzentriert. Zu Recht, denn er ist die Grundlage unseres Handelns. Wir brauchen mehr Bio-Landwirtschaft in Deutschland, um die seit Jahren steigende Nachfrage mit heimischem Angebot bedienen zu können. Dabei muss aber die Wertschöpfungskette zusammen entwickelt werden.

Bio von hier ist mehr als eine Frage der Erzeugung. Wir brauchen regionale Strukturen bei der Erfassung und Bündelung der landwirtschaftlichen Rohwaren und in der Lebensmittelherstellung, um die Transformation der gesamten Ernährungswirtschaft voran zu bringen. Die Förderprogramme der Wirtschaft und des ländlichen Raums müssen die nachhaltige Produktion und den nachhaltigen Handel von Bioprodukten in den Fokus stellen – aktuell spielt Nachhaltigkeit kaum eine Rolle in der Wirtschaftspolitik, trotz Corona, Klimakrise oder Insektensterben.

Was hilft? Angebote von Bioerzeugern bündeln, Handwerk und Mittelstand fördern, Gründer und Gründerinnen begleiten und innovative Formen des Handels unterstützen, analog wie digital oder am besten kombiniert. Bio muss entlang der ganzen Wertschöpfungskette gedacht werden, from farm to shop!

Über den Autor

Marcus Wewer ist seit Ende 2020 Handelsvorsitzender im Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und als Referent Ökologischer Landbau und Qualitätssicherung Bio-Eigenmarken bei der Rewe-Group beschäftigt.

Kommentare

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Stefan Mutter

Sehr gute Gedanken! Gerade die Veredelungswirtschaft steht vor riesigen Herausforderungen. Leider sind die Schlacht- und Zerlegestrukturen immer stärker konzentriert worden. Es gibt keine bis sehr wenige kleine oder mittelständische Unternehmen in den Regionen. Um es am Beispiel der Bio-Geflügelerzeugung zu verdeutlichen: Ich kann nur dort Betriebe auf die Mast umstellen wo im richtlinienkonformen Umfeld ein Schlachthaus dafür zur Verfügung steht! Wo ist das noch der Fall? Und von den Fahrzeiten einmal abgesehen - ich möchte meine Bio-Tiere nicht in einem vollautomatisierten Betrieb schlachten müssen, der normalerweise nur konv. Tiere am Haken hat. Wer die "Wertschöpfungskette Öko" fördern will, muss alle Ebenen davon im Blick haben. Neben dem Handel wird besonders Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung sehr stiefmütterlich behandelt.

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