Biohandel

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Frühkartoffel-Importe

Bio-Bauern protestieren vor Denns-Filiale

Ägyptische Frühkartoffeln haben einmal mehr den Unmut von heimischen Bio-Bauern hervorgerufen: Sie verschenkten ihre Lagerware aus Protest an Lüneburger Denns-Kunden. Dennree verteidigt den Verkauf der Wüsten-Knollen.

Mit ihrer Protestaktion wollen die Bio-Bauern darauf aufmerksam machen, dass ihre Kartoffellager noch ausreichend mit regionaler Bio-Ware für den heimischen Markt voll sind, während Dennree seiner Kundschaft erneut Importkartoffeln aus der ägyptischen Wüste anbietet. Bereits vor zwei Jahren hatte die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) diese Praxis von Dennree kritisiert und auf die, aus ihrer Sicht, unangemessen niedrigen Preise der Importware verwiesen.

Claudia Schievelbein, Mitglied im AbL-Bundesvorstand, kritisiert, dass die heimischen Erzeuger auf ihrer zum Teil aufwendig in Kühllagern gelagerten Qualitätsware sitzen bleiben. „Das ist kein fairer Umgang unter Marktpartnern, weshalb die Aktion der Kolleginnen und Kollegen bei uns auf vollstes Verständnis stößt“, so Schievelbein. Während ein Zusammenschluss von Bio-Kartoffelerzeugern bereits erfolgreich gegen eine solche Behandlung im konventionellen Handel kämpfe, stoße er bei Dennree auf Granit.

„Wir haben in unseren Scheunen noch so viele schöne Bio-Kartoffeln“, sagte Landwirt Carsten Niemann. Was Denns da tue, sei einfach ein Affront. „Wir sind entsetzt“, so Niemann. Mit dem Verschenken der Bio-Knollen an Kunden vor dem Denns-Markt wollten die Landwirte auf die in ihren Augen verquere Politik der Bio-Kette aufmerksam machen.

Dennree setzt auf beste Qualität und Auswahl

Petra Renner, bei Denns Leitung Wareneinkauf für Obst und Gemüse, führt dazu Folgendes aus: „Wir bei Denns BioMarkt haben den Anspruch, unseren Kundinnen und Kunden Bio-Lebensmittel immer in der besten verfügbaren Qualität anzubieten. Grundlage unseres Anspruchs ist die enge Zusammenarbeit mit langjährigen und verlässlichen landwirtschaftlichen Bio-Betrieben. Bei der Auswahl unserer Lieferanten und Hersteller sind für uns sowohl die hundertprozentige Bio-Qualität als auch der persönliche Kontakt von entscheidender Bedeutung. Gemeinsam setzen wir uns aus Überzeugung für die Zukunft des Ökolandbaus ein.“

Fester Bestandteil des breiten Obst- und Gemüsesortiments seien deutsche Bio-Kartoffeln, die in den eigenen Naturkostfachmärkten ganzjährig angeboten werden. „Aktuell sind das Lagerkartoffeln aus der Ernte des vorherigen Jahres. Auch in unserem Markt in Lüneburg bieten wir das ganze Jahr Bio-Kartoffeln aus deutschem Anbau an, unter anderem von einem regionalen Erzeuger aus der Region“, so Petra Renner.

Deutsche Frühkartoffeln gebe es im Lebensmittelhandel grundsätzlich erst ab etwa Juni. „Im Frühjahr ergänzen wir das heimische Angebot an Lagerkartoffeln um frische Bio-Frühkartoffeln unseres langjährigen Partners aus Ägypten. Sie stammen ebenfalls zu 100 Prozent aus ökologischem Anbau und erfüllen die strengen Richtlinien der EU-Ökoverordnung. Mit diesem ergänzenden Angebot an Kartoffeln bieten wir in unseren Denns Bio-Märkten die Möglichkeit, zwischen heimischen und auswärtigen Bio-Kartoffeln zu wählen.“

10.000 Tonnen aus Ägypten

Die Agrarmarkt Informationsgesellschaft hat kürzlich Zahlen zum Import von Bio-Frühkartoffeln veröffentlicht: Vom Frühjahr 2019 bis zum Start der neuen Saison in Deutschland seien insgesamt 29.000 Tonnen Bio-Speisefrühkartoffeln eingeführt worden. Damit stammten 2018/19 zwei Drittel der Bio-Frühkartoffeln aus dem Ausland. 10.000 Tonnen davon kamen aus Ägypten und eine ebenso große Menge aus Spanien.

Protest auch in Österreich

Der Verein Land schafft Leben“, der über die österreichische Lebensmittelproduktion und Themen wie Lebensmittelverschwendung und Gentechnik aufklärt, hat kritisiert, dass Kartoffeln aus Nordafrika bereits Mitte März in den österreichischen Supermärkten landen. „Mitten in der Sahara in Ägypten erstrecken sich über hunderte Quadratkilometer grüne Felder, auf denen Ackerbau betrieben und unter anderem Kartoffeln angebaut werden. Möglich ist das durch aufwendige künstliche Bewässerung in einer Region, in der Wasser ein knappes und hart umkämpftes Gut ist“, zitiert das Online-Magazin Dolomitenstadt den Verein.

Die Lösung sei, die überschüssigen heimischen Erdäpfel zu essen, statt Frühkartoffeln aus Ägypten zu importieren. „Doch die typische Gastronomie-Kartoffel ist für die Konsumentinnen und Konsumenten aufgrund ihrer Größe unattraktiv. Sie wollen lieber die feine und kleine Frühkartoffel und das am besten schon Ende Februar. Durch die Lagerfähigkeit haben wir das ganze Jahr über österreichische Kartoffeln zur Verfügung und müssen nicht zu Importware aus Ländern wie Ägypten und Israel greifen.“

Frühkartoffeln waren Spätkartoffeln

Ein Store-Check der Landwirtschaftskammer Steiermark hat eine Entdeckung bei bereits im März dieses Jahres in Österreich angebotenen Frühkartoffeln gemacht: Die in vielen Supermarktregalen angebotenen Frühkartoffeln waren in Wirklichkeit gängige Spätkartoffeln und kamen aus Ägypten. Die Landwirtschaftskammer ersucht die Bevölkerung, heimische Erdäpfel zu bevorzugen und genau auf die Herkunft zu achten.

Kammerdirektor Werner Brugner: „Es ist unverständlich, warum Wüstenkartoffeln aus Ägypten klimaschädlich importiert werden, obwohl ausreichend heimische Erdäpfel derselben Sorte Ditta, die übrigens in Österreich gezüchtet wurde, vorhanden sind.“ Zudem würden in diesem Herkunftsland deutlich niedrigere Umwelt- und Sozialstandards gelten als in der österreichischen Landwirtschaft, „die Kartoffeln werden unnatürlich in Wüstensand mit aufwendiger künstlicher Bewässerung kultiviert“.

Weiterführende Links:

NDR: Bio-Kartoffeln aus Ägypten: Bauern protestieren vor Denn's

Store-Check der Landwirtschaftskammer Steiermark

Online Magazin dolomitenstadt.at: Importierte Frühkartoffeln kommen aus der Wüste

Webseite des Vereins „Land schafft Leben“

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