Schon seit 2002 veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Zahlen zum Pestizidabsatz in Deutschland, allerdings zusammengefasst in Wirkstoffklassen. So verschwand in den jährliche Berichten die verkaufte Menge an Glyphosat in der Wirkstoffklasse Organophosphor-Herbizide. Das laut Greenpeace nervengiftige Fungizid Cyprodinil versteckte sich unter „sonstige organische Fungizide“. Diese Zusammenfassungen begründete das BVL damit, „eventuelle Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zu wahren“.
Schluss mit Geschäftsgeheimnis
„Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 28. März 2019 sind die Verkaufsmengen individueller Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe in Deutschland jedoch als Umweltinformationen / Informationen über Emissionen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes (UIG) anzusehen“, erläuterte nun das BVL. „Eventuelle Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse können laut dem Urteil der Herausgabe von Umweltinformationen über Emissionen nicht entgegenstehen“. Warum es zwei Jahre dauerte, das Urteil des Gerichts in eine Excel-Tabelle umzusetzen, erklärte die Behörde nicht.
Zahlen für 430 Wirkstoffe
Diese Excel-Tabelle listet nun für 430 Wirkstoffe die in den Jahren 2002 bis 2019 jeweils verkauften Mengen auf, und das aufs Kilogramm genau. So zeigt sich beim verkauften Glyphosat von 2017 bis 2019 ein Rückgang von 4.693.677 Kilogramm auf 3.058.840 Kilogramm. Beim wahrscheinlich krebserregenden Fungizid Iprodion zeigt sich sehr schön, wie vor dem Auslaufen der Genehmigung im Jahr 2018 die Landwirte noch einmal ihre Lager füllten: Die verkaufte Menge stieg von 19.575 Kilogramm in 2016 auf 29.523 Kilogramm in 2017 und fiel dann 2018 auf Null. Der Tabelle lässt sich auch entnehmen, dass 2019 insgesamt 270.542 Kilogramm kupferhaltige Fungizide verkauft wurden. Ob sie alle von Bio-Landwirte gekauft wurden, sagt die Statistik nicht, da sie auf den Abgabezahlen der Hersteller an den Handel beruht.
Hochinteressant sind die Zahlen für Umweltwissenschaftler. Sie können nun über die Jahre hinweg anhand der Toxizitätsdaten und Aufwandsmengen der einzelnen Wirkstoffe berechnen, wie sich die Giftbelastung je Hektar verändert hat. Forscher der Universität Koblenz-Landau hatten kürzlich solche Trends beschrieben, allerdings mit Zahlen aus den USA – weil detaillierte deutsche Angaben bisher nicht zu haben waren. Jetzt sind sie da.
Weiterführende Links
Absatz an Pflanzenschutzmitteln in der Bundesrepublik Deutschland 2019, BVL
BVL veröffentlicht Absatzmengen von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen seit 2002
Höhere ausgebrachte Toxizität gefährdet Pflanzen und Insekten, Universität Koblenz-Landau
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