Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Allos Hof-Manufaktur

Eigenen Werten treu bleiben

Allos heißt auf Griechisch anders und das war das Unternehmen in der Tat schon immer. Als Bio-Pionier Walter Lang 1974 ein Selbstversorger-Projekt startete, konnte er nicht ahnen, dass seine Vision über die Jahrzehnte so an Kraft gewinnen würde.

Wer auf der BioFach-Messe den Allos Hof-Manufaktur-Stand gesehen hat, der weiß, wie urig das alte Bauernhaus mit Spitzgiebel am Produktionsstandort Drebber aussieht. Vor Ort, wenn man sich vorstellt, wie Walter Lang in seiner Diele die ersten Fruchtschnitten in Handarbeit herstellte, ist alles noch beeindruckender. Überschaubar und idyllisch ist das grüne Gelände mit seinen im gleichen Fachwerkstil gehaltenen Gebäuden heute noch. Es ist schwer zu glauben, dass hier die Geburtsstätte aller Müsli- und Riegelsorten von Allos ist, die nicht nur auf dem gesamten deutschen Markt vertrieben werden, sondern auch in anderen Ländern.

Unsere Führung startet in der Versuchsküche, wo gerne an neuen Rezepturen gefeilt wird. Die Leiterin der Produktentwicklung Katrin Klöker und ihr Kollege Kai Huntemann überraschen uns mit einem spontan kreierten Mango-Himbeere Müsli, dessen Duft Urlaubsgefühle wachruft. Experimentiert und verkostet wird hier regelmäßig, aber nur die besten Kreationen dürfen den Hof verlassen. Danach führt uns Produktionsleiter Mathias Sander direkt in den Kühlraum im Nebengebäude und zeigt uns die 400 kg schweren Big Bags mit frisch geröstetem Granola. „Nach dem Rösten müssen die Cerealien unbedingt gekühlt werden, damit sie schön knusprig bleiben. Diese hier sind für den französischen Markt“, sagt Sander.

Moderner Bio-Pionier

So ursprünglich alles auf den ersten Blick zu sein scheint, so modern und international ist die Allos Hof-Manufaktur mit den Jahren geworden. Das Unternehmen gehört seit 2001 zur Wessanen-Gruppe mit Hauptsitz in Amsterdam. Diese Übernahme wurde in der Branche von einigen als Aufgabe der herkömmlichen Werte des Bio-Pioniers kritisiert. Geschäftsführer Eike Mehlhop hält dagegen: „Wir passen mit der Wessanen-Gruppe gut zusammen, der Kern ist der gleiche“, so Mehlhop. „Es ist sehr wichtig, nicht nur auf die Struktur zu schauen, sondern auch hinter die Kulissen. Zwischen Wessanen und den riesigen Weltkonzernen, die jedem ein Begriff sind, liegt ein großer Unterschied. Konzern ist eben nicht gleich Konzern“, betont er. Wessanen verstehe sich als ein grünes, der Nachhaltigkeit verpflichtetes Unternehmen. Allos will als moderner Bio-Pionier zwar von den Traditionen schöpfen, jedoch nicht in der Vergangenheit leben. Das sieht man an den Produkten – sie sind innovativ, stecken aber voller Erfahrung.

Wir laufen weiter durch die Lagerhalle und nähern uns einer etwas in die Jahre gekommenen Anlage für Fruchtschnitten und Schokoriegel. Hier werden die Zutaten noch manuell gemischt und in einen Ausformer gebracht, der die Masse anschließend flach auf das Förderband bringt. Die fertig geformten Riegel werden durch den Netzbandofen befördert und verpackt. Anschließend werden sie manuell einer Qualitätskontrolle unterzogen und in Kartonboxen geschichtet.

Genauso wie es Gründer Walter Lang schon zu Beginn wichtig war, naturbelassene Lebensmittel herzustellen, lautet der Anspruch der heutigen Allos Hof-Manufaktur immer mehr Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich gesünder zu ernähren und somit sich selbst und der Umwelt Gutes zu tun. So werden die Riegel in Drebber ganz bewusst ohne Zucker hergestellt. Stattdessen werden Agavendicksaft beziehungsweise Honig eingesetzt.

Frühstück auf dem Hof

Vorbei an der neuen Müsli-Portionierungs- und Verpackungsanlage geht es in einen herrlich duftenden Raum, in dem das Crunchy produziert wird. Auch hier ist ein Mitarbeiter damit beschäftigt, die Zutaten für den Teig in den großen Mischbehälter zu geben, bevor er die Masse aufs Band legt. Dort wird sie durchgebacken, um ihre typische knusprige Konsistenz und Cluster-Form zu erhalten.

Mathias Sander lässt uns ein paar warme Crunchys kosten. „Das ist der beliebteste Teil der Führung bei den Kindern, die wir regelmäßig zum „Frühstück auf dem Hof“ einladen“, erklärt er. Die Warteliste für das nächste Schuljahr sei schon lang – es hat sich schnell herumgesprochen, dass es auf dem Hof nicht nur Leckeres zum Essen gibt, sondern die Kinder spielerisch über gesunde Ernährung und ökologischen Landbau aufgeklärt werden. „Damit sich möglichst viele Menschen für eine natürlichere Ernährung entscheiden, sollte das richtige Essverhalten schon von klein auf Thema sein“, erklärtKirsten Michels, Referentin Kommunikation und Nachhaltigkeit bei Allos.

Im letzten Teil der Produktion wird Amaranth gepufft. Immer auf der Suche nach Produkt-Innovationen entdeckte Walter Lang in den 1980er-Jahren auf einer Südamerikareise das glutenfreie Kraftkorn und brachte es als einer der ersten in Bio-Qualität nach Deutschland. Das Unternehmen entwickelte eine eigene Methode, das Wunderkorn der Inka zu verarbeiten. Das Pseudogetreide ist aus dem Allos-Sortiment nicht mehr wegzudenken.

Flexibilität als Stärke

Eike Mehlhop arbeitet seit zehn Jahren im Unternehmen, drei davon als Geschäftsführer. Der 36-jährige dreifache Familienvater mag es nach eigenen Worten gar nicht, „Chef“ genannt zu werden. Sein Ziel sei es, den Dreiklang, bestehend aus wirtschaftlichem Erfolg, Nachhaltigkeit und dem Ruf eines guten Arbeitgebers beizubehalten. „Essentiell ist es, wie wir mit Veränderungen umgehen. Positive Einstellung ist hier alles. Wir sehen es als Stärke, flexibel auf neue Situationen einzugehen“, ist Mehlhop überzeugt. Enno Wehausen, einer der Außendienstmitarbei ter, der seit 30 Jahren bei Allos ist, sei ein gutes Beispiel dafür, wie man Veränderungen angeht. „Er ist ein echtes Allos-Bio-Original, weil er für die Sache brennt. Solche Mitarbeiter sind nicht mit Geld zu bezahlen.“

Diversität ist wichtig

In der Hof-Manufaktur werden die Marken Allos, Tartex, Cupper, de Rit und Abbot Kinneys gebündelt, die alle eine unterschiedliche Historie haben aber jeweils einzigartig zur Bio-Bewegung beigetragen haben. Diese Diversität zieht sich auch über die Mitarbeiter bis in die Führungsebene. 2018 waren 45 Prozent Frauen im Management der Hof-Manufaktur tätig, Tendenz steigend. Flache Hierarchien und Gemeinschaftsgefühl werden auf allen Ebenen gelebt. „Und das nicht nur beim Sommerfest“, versichert Olga de Gast, Leiterin Kommunikation und Nachhaltigkeit bei Allos. „Wir sind ein großes Team und pflegen ein respektvolles Miteinander. Spaß inklusive.“ Und: „Wir versuchen, ein gewisses „Mehr“ zu leisten.“ De Gast erzählt von der B Corp- Zertifizierung, die Allos Ende 2018 erhalten hat. Die Non-Profit-Organisation B Lab hat dabei geprüft, ob das Unternehmen ein zusätzliches soziales Engagement aufbringt. „Wir sind auch Mitbegründer der Initiative für enkeltaugliche Landwirtschaft und haben eigene Projekte ins Leben gerufen, wie „Biene sucht Blüte““, fährt sie fort. Ganz neu sei die Initiative Corporate Volunteering, bei dem das private soziale Engagement der Mitarbeiter finanziell gefördert wird. Als Unterstützer der Kampagne „Ackergifte? Nein danke!“ setzt sich Allos dafür ein, die ökologische Landwirtschaft zur Norm zu machen. Mehlhop ergänzt: „Unsere Mitarbeiter sind vom Bio-Gedanken überzeugt und bringen sich mit Begeisterung ein. Das sieht man an unseren in Freiburg produzierten Hof-Gemüse- Aufstrichen, bei denen für jede Sorte ein anderer Mit arbeiter Pate steht“.

Zum Schluss zeigen uns Mehlhop und de Gast noch die Baustelle der neuen Lagerhalle. Allos war 2017 in die Schlagzeilen geraten, als ein Teil der Produktion aus wirtschaftlichen Gründen ausgelagert wurde. Damit gingen Stellen in Drebber verloren.

Produktion verdoppelt

Doch dann investierte der Hersteller hier zwei Millionen Euro und konnte das Produktionsvolumen im vergangenen Jahr verdoppeln – unter anderem, weil das Werk in Drebber jetzt in der Lage ist, Aufträge der Schwestergesellschaften zu übernehmen. „Ist doch gut, wenn die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln steigt – so kommen wir unserer Vision näher, dass nachhaltige Lebensweise zur Selbstverständlichkeit wird“, sagt Mehlhop zufrieden.

Drei Fragen an Eike Mehlhop

Was sind die besonderen Herausforderungen, denen sich Allos jetzt und in der Zukunft stellen muss?

Da der Wettbewerb größer wird, ist es wichtig zu agieren und nicht zu reagieren. Dazu muss man positiv mit Veränderungen umgehen können. Das tun wir.

Wie eigenständig ist Allos als Teil der Wessanen-Gruppe?

Allos ist lokal für das Geschäft verantwortlich. Wie in einer Mutter-Tochter-Beziehung ist es auch hier ein gleichzeitiges Fördern und Fordern. Es ist gut, Teil einer starken Familie zu sein und zu wissen, dass man sich aufeinander verlassen kann.

Wie wirkt sich die Zugehörigkeit zu Wessanen auf Allos aus – gibt es größere finanzielle Spielräume?

Wenn wir für eine Idee brennen, freuen wir uns, wenn die Begeisterung nach Amsterdam überspringt. Das passiert immer wieder.

Zahlen – Daten – Fakten

1974: Walter Lang gründet den Allos-Selbstversorger-Hof
Standorte: Bremen – Verwaltungssitz: Geschäftsführung, Vertrieb, Marketing, Finanzen, Personalabteilung; Drebber– Produktion: Cerealien, Riegel; Freiburg – Produktion: Herzhafte und süße Brotaufstriche, Senf.
Sortiment: Frühstückscerealien, Riegel, pikante Brotaufstriche, Fruchtaufstriche, pflanzliche Drinks und Tee
Mitarbeiter: 200, davon 45 in Drebber
Auslandsanteil: 13 Prozent
Umsatz: 59 Mio. Euro
Geschäftsführung: Eike Mehlhop, Ralf Hoppe
Geschäftsleitung: Eike Mehlhop (Gesamt), Ralf Hoppe (Vertrieb), Christopher Hawkings (Personal), Wolfgang Schey (Operations), Sandra Spremberg (Marketing), Karsten Schiemann (Finanzen)
Webseite: www.allos.de

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