Die Welt retten, nichts weniger wollten die Biopioniere. Diesen Spirit gilt es aufzuladen, will der Fachhandel die Transformation von Ernährungs- und Landwirtschaft mit seinen Kunden vorantreiben. Gleichzeitig muss er sich gegen den LEH mit deren Old School-Preispolitik und wachsendem Biosortiment behaupten.
Die Chancen, die in dieser Konstellation auch liegen, aufzuzeigen und so den Fachhandel zu unterstützen, war Ziel des 12. Marktgesprächs. Dafür hat der BioHandel eine Kundenbefragung beim Rheingold-Forschungsinstitut in Auftrag gegeben und Patrick Müller-Sarmiento, Partner bei Roland Berger, sowie die Verbände um ihre Einschätzungen gebeten. Eine gute Kombi, die derart vielfältige Anregungen und Impulse brachte, dass ein vertiefender Blick lohnt.
Die Rheingold-Studie
Zunächst nochmal kurz zur Studie „Kunden für die Transformation der Lebensmittelwirtschaft gewinnen“: Durch tiefenpsychologische Befragung und Einkaufsbegleitung von Kunden im Fachhandel wurde ein praxisbezogener Ist-Stand herausgearbeitet. Positiv bewertete die Kundschaft etwa eine überzeugende Verbindung des Ladens mit der Region oder ein plastikfreies Angebot an gut sortierten Frischetheken.
Eher abschreckend wirkten Eindrücke wie aufgerissene, herumstehende Kartons „wie beim Discounter“. Die Ergebnisse legen nahe, dass der LEH vielfach als niedrigschwelliges Einstiegstor für Bio fungiert. Mit der Zeit werde die Kundschaft dann bewusster und skeptischer und hinterfrage Preis- und Handels-Zusammenhänge.
Je bewusster die Kundschaft, desto mehr ziehe es sie in den Bioladen, der als „das Original“ empfunden wird. An diesem Punkt angelangt, rangiere dann sogar bei weniger kaufkräftigen Kunden Wertekanon vor Preis.
Kathrin Jäckel, BNN
Mit unseren Produkten und der nachhaltigen Wertschöpfungskette stehen wir für globale Perspektiven, wie dem Engagement für Klima und Umweltschutz. Zu uns kommen gut informierte Kunden, weil sie bei uns Antworten erwarten auf Fragen wie „Woraus besteht diese Verpackungsfolie genau?“, „Kann ich sie recyclen?“ Und sie erwarten bei uns auch, dass sich etwas verändert, wenn sie etwa sagen, „Warum gibt es dieses Produkt nicht in einer Mehrwegverpackung?“.
Die aktuellen Herausforderungen sind in jeder Hinsicht komplex. Die Ergebnisse der Rheingold-Studie sind für mich das genaue Abbild davon. Dazu kommt das Spannungsfeld zwischen Wert und Preis, das im Fachhandel präsenter ist als im LEH. Andererseits spielen auch Erwartungen eine Rolle – die Kunden kommen, weil sie eine andere Form des Handels wollen – und genau das können wir bieten.
Dazu gehört eine gute Beziehungsqualität – Nähe zu den Menschen, die bei uns einkaufen, aber auch Nähe zu den Produkten, die wir jeden Tag berühren und in die Regale räumen.
Über den Bioteller hinaus
Ein Ergebnis, das laut Patrick Müller-Sarmiento die Stärke des Fachhandels gut spiegelt. Die Differenzierung zum LEH indes sei schwierig. Bioqualität, persönliche Ansprache oder pfiffige Eventideen seien keine Alleinstellungsmerkmale mehr.
Andererseits steige das Bewusstsein der Menschen für Umwelt und Klimazusammenhänge gerade stark an, von daher, so seine Anregung, müsse der Fachhandel sich Fragen wie diese stellen: „Wie schaffe ich es, dass sich das neue Bewusstsein der Menschen auch im Umsatz niederschlägt? Wie kommuniziere ich die Aspekte meiner Produkte, die über Bio hinaus gehen? Wie bilde ich mein Personal so aus, das es diese Geschichten an den Endkonsumenten weitergeben kann?“
Solche Geschichten „über Bio hinaus“, können Produkte – und die gesamte Ladenaktivität – in einen Rahmen globaler Entwicklungen einbetten. Hier beispielhaft fünf davon, jeweils von Müller-Sarmiento einführend erläutert:
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