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Bioladen Grünmeier: „Veränderung bringt Leute“

Das große Bio-Angebot im LEH vor Ort bereitete dem Bioladen Grünmeier im hessischen Groß-Umstadt große Probleme. Mit wechselnden Aktionen steuert Steffi Grünmeier erfolgreich dagegen.

Heute stehen die Leute Schlange im Bioladen Grünmeier. Es ist Donnerstag, eigentlich der umsatzschwächste Tag der Woche, aber die Kasse klingelt. Eine Ernährungsberaterin gibt Tipps zum Abnehmen. „10 Kilo in 100 Tagen“ lautet der Plan. Frisch motiviert starten viele sofort und kaufen die empfohlenen Lebensmittel direkt ein.

Nach Ladenschluss verbucht Steffi Grünmeier deutlich höhere Einnahmen als sonst. Es hat sich gelohnt. Die Aktion steht für einen erfolgreichen Wandel im Bioladen Grünmeier, der noch einige Monate zuvor rote Zahlen schrieb.

Bis dahin lief das Geschäft immer gut. Vier Jahre lang gab es sogar eine Filiale im benachbarten Dieburg, die Steffi Grünmeier 2012 aber an Dennree verkaufte. Ernste Konkurrenz sei der acht Kilometer entfernte Denn’s Biomarkt für sie nicht, genauso wenig die anderen Bioläden im Umkreis.

Probleme bereite ihr vielmehr der LEH, mit dem ihr Laden im Industriegebiet von Groß-Umstadt in direktem Wettbewerb steht. Bio-Produkte bekommt man hier auch bei Edeka, Rewe, Aldi, Lidl, Netto und dm – immer häufiger auch in Fachhandelsqualität. Steffi Grünmeier: „Als der Verlust schließlich bei zehn Prozent lag, habe ich eingesehen: Wir müssen etwas tun!“

Selbstgekochte Leckereien zum Mitnehmen

Der Neuanfang startete mit krankheitsbedingten Kündigungen. Keine gute Ausgangslage, doch Steffi Grünmeier nutzte die Situation und holte sich einen Koch und eine Online-Redakteurin ins Team. In der kleinen Ladenküche verwertet Mathias Mauritz Gemüsereste in Brotaufstrichen, Salaten oder Suppen zum Mitnehmen.

Dank der hohen Nachfrage sind seine 30 Wochenstunden damit meist voll ausgereizt. Das Bio-Catering, Kanapees auf Bestellung für 2,50 bis 3 Euro pro Stück, übernimmt Steffi Grünmeier deshalb selbst. Ellen Jöckel, die sonst als freiberufliche Journalistin arbeitet, hilft zwölf Stunden wöchentlich im Verkauf. Acht Stunden pro Woche hält sie Grünmeiers Facebook-Auftritt lebendig: Sie teilt Fotos, Videos und Texte, die aus dem Ladenalltag erzählen oder auf besondere Aktionen und Neuigkeiten hinweisen.

Der bislang erfolgreichste Clip zeigt Katzendame Nanuk vor der Schiebetür des Ladens. Die professionell betriebene Facebook-Seite soll potenzielle Neukunden ansprechen und bisherige Kunden binden, wünscht sich Steffi Grünmeier.

Sonderaktionen statt Rabattmarken

„Wir müssen uns anstrengen, sonst sind wir weg“, sagt Steffi Grünmeier. Damit meint sie: „Wir können nicht immer das Gleiche machen, Veränderung bringt Leute.“ Um dauerhaft neue Anreize zu schaffen, hat sie ihre Kundenkarte, die „Freundschaftskarte“, völlig überarbeitet.

Nach dem alten Konzept bekamen Kunden je zehn Euro Einkaufswert einen Sticker, den sie auf die Freundschaftskarte kleben konnten. Alle 64 vorgedruckten Felder mussten innerhalb eines Jahres voll sein, dann gewährte die Kassiererin acht Euro Rabatt. Doch als der Umsatz eingebrochen war, lohnte sich das Konzept nicht mehr, zu viel Gewinn ging verloren. Als neues Kundenbindungs-Konzept hat sich die gelernte Werbekauffrau abwechslungsreiche Aktionen, wie „10 Kilo in 100 Tagen“, ausgedacht.

Jeden Öffnungstag, also Montag bis Samstag, lockt der Bioladen Grünmeier mit einer anderen Besonderheit, etwa einer Kochbuchwerkstatt, Frühstücken für 2,50 Euro pro Person, Glutenfreie Kekse backen oder Geschenkgutscheine mit zehn Prozent Rabatt. Jeder Monat steht unter einem anderen Motto. Aus der Sammelkarte ist ein Flyer geworden, der die aktuellen Monatsaktionen bewirbt und den alle in die Hand gedrückt bekommen, die den Bioladen betreten.

Frische überzeugt auch Nicht-Bio-Käufer

Im Laden selbst teilt die Anordnung der Regale die Verkaufsfläche in thematisch passende Abteilungen: Zusammen präsentiert werden etwa Tee, Kaffee und Kleingebäck, sowie Erfrischungsgetränke und Wasser, oder Beilagen, Soßen und Gewürze. In der dem Eingang zugewandten Auslage mit Backwaren liegen hauptsächlich Dinkel-Erzeugnisse einer Bio-Bäckerei. Zudem backen die Grünmeier-Mitarbeiter im eigenen Ofen Brötchen, Brezeln und süße Teilchen auf.

An der fünf Meter langen Käsetheke haben Kunden eine Auswahl von über 150 Sorten. Das Pendant mit Wurst und Fleisch ist halb so lang, dafür umso üppiger gefüllt, unter anderem mit Waren einer regionaler Demeter-Metzgerei. Abgepackte Bio-Wurst gibt es in einer kleinen Kühltruhe. Die steht gegenüber der Mopro-Abteilung, in der auch Alternativen für Veganer und Produkte aus Frischteig Platz finden.

Stolz ist Steffi Grünmeier auf ihre Tiefkühlabteilung, die mit fünf Metern Länge für die Größe ihres Ladens recht groß ist, findet sie. Einige Nicht-Bio-Käufer habe die Obst- und Gemüse-Abteilung überzeugt. Ihren Großeinkauf machen diese Kunden woanders, aber wegen der exzellenten Qualität von Salaten, Äpfeln oder Kartoffeln, kämen sie extra in den Bioladen Grünmeier, wo Plakate darauf hinweisen, welche Erzeuger die Inhaberin persönlich kennt.

Zahlen – Daten – Fakten

Adresse: Bioladen Grünmeier, Werner-Heisenberg-Straße 19, 64823 Groß-Umstadt
Fläche:
290 qm
Mitarbeiter:
15
Produkte:
6.000 (inkl. Kosmetik und Waschmittel)
Großhändler: Weiling
Öffnungszeiten: Mo-Sa 8 - 20 Uhr
Webseite:
www.gruenmeier-biomarkt.de

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