Biohandel

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GmbH-gebV

Rückenwind für eine neue Unternehmensform

Die Stiftung Verantwortungseigentum macht mit einer Studie auf die Notwendigkeit einer neuen GmbH-Variante aufmerksam, bei der Verantwortung statt Rendite im Mittelpunkt steht. Führende Politiker begrüßen die Idee, es gibt aber auch Kritik.

Mit reichlich Polit-Prominenz hat die Stiftung Verantwortungseigentum am Mittwoch eine Studie vorgestellt, die das Bedürfnis deutscher Familienbetriebe nach einer neuen Rechtsform verdeutlicht. Eine von der Stiftung beim Allensbach-Institut in Auftrag gegebene repräsentative Befragung von 417 mittelständischen Betrieben kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass ein rechtlich institutionalisiertes Verantwortungseigentum bei der Mehrheit der befragten Familienunternehmer auf eine positive Resonanz stößt. 57 Prozent halten es für eine gute Option für Unternehmen, nur 18 Prozent für keine gute Lösung.

Die Stiftung Verantwortungseigentum, eine Initiative bestehend aus Ökonomen, Politikern, Start-up-Gründern und Mittelständlern, setzt sich für eine neue Rechtsform für Unternehmen ein, die soziale Verantwortung statt Rendite in den Mittelpunkt stellt. Die Idee ist eine „GmbH mit gebundenen Vermögen“ (GmbH-gebV), bei der Gewinne so investiert werden, dass sie dem eigentlichen Unternehmenszweck zugutekommen und die Kontrolle bei Personen bleibt, die dem Unternehmen langfristig verbunden sind. So soll sichergestellt werden, dass Firmen im Sinne ihrer Gründer dauerhaft fortgeführt werden.

57 Prozent der befragten Familienunternehmen „halten Verantwortungseigentum grundsätzlich für eine gute Lösung“, heißt es in der Allensbach-Studie. 80 Prozent begrüßen es demnach, dass in dieser Rechtsform Gewinne und Vermögen dem Zweck dienen und „nicht ohne Gegenleistung entnommen werden können“. 74 Prozent sehen zudem den Vorteil, dass eine Nachfolgeregelung im Sinne des Unternehmens unabhängig von der Familie getroffen werden könne.

GmbH-gebV soll die Nachfolge bei Familienunternehmen vereinfachen

Die Relevanz dieser Möglichkeit liefert die Studie direkt mit: 37 Prozent der befragten Unternehmen haben den Übergang in die nächste Generation noch nicht geregelt, obgleich in den kommenden Jahren dort die Nachfolgefrage akut wird. Nur zehn Prozent der Unternehmen halten einen Verkauf für ideal, für 33 Prozent wäre die Übergabe an einen führenden Mitarbeiter eine gute Lösung. „Für diese Unternehmen kann Verantwortungseigentum eine passende Option sein, auch weil immer seltener Nachfolgerinnen oder Nachfolger innerhalb der genetischen Familie gefunden werden“, wirbt die Stiftung für ihre Idee.

„Das Steuerrad soll weitergegeben werden können an Mitarbeiter, die das Unternehmen im ursprünglichen Geiste weiterführen wollen. Das müssen nicht unbedingt die Kinder sein“, sagte Armin Steuernagel, selbst Unternehmer und einer der Köpfe hinter der Initiative, bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse. Insgesamt 42 Prozent der Befragten können sich demnach grundsätzlich vorstellen, ihr eigenes Unternehmen in Verantwortungseigentum „fortzuführen bzw. zu übergeben“.

Im Oktober 2020 hatte die Stiftung Verantwortungseigentum ihre Pläne für eine neue Rechtsform der großen Koalition vorgestellt. Einen ersten Gesetzentwurf dazu überarbeitete die Initiative nach Kritik. Unter anderem änderten sie die Bezeichnung der Rechtsform. Aus „Gesellschaft in Verantwortungseigentum“, kurz VE-GmbH, wurde „Gesellschaft mbH mit gebundenem Vermögen“ (GmbH-gebV). Bemängelt wurde, dass andernfalls der Eindruck entstehen könnte, dass nur Unternehmen mit der neuen Rechtsform verantwortlich handeln.

Stiftung Familienunternehmen hält nichts von einer GmbH-gebV

Ein weiterer Vorwurf lautete, dass es sich bei der neuen Gesellschaftsform um ein Steuersparmodell handele. CDU-Wirtschaftsexperte Friedrich Merz griff das am Mittwoch auf und erteilte der GmbH-gebV eine Absage, „wenn mit ihr verbunden sein sollte, dass im bestehenden und durchaus kritikwürdigen System unserer Erbschaftssteuer nur die Erbschaftssteuer vermieden wird“. Steuernagel entgegnete: „Der Gesetzesentwurf sieht keine Änderungen am Erbschaftssteuerrecht vor“.

Gegenwind kommt auch von der Stiftung Familienunternehmen: „Man sollte eher über Entbürokratisierung des Stiftungsrechts nachdenken als über neue Rechtsformen“, sagte deren Vorstand Rainer Kirchdörfer dem Handelsblatt. Aktuell arbeitet die Bundesregierung an einer Reform des Stiftungsrechts.

Stiftungen bieten die Möglichkeit, langfristige Ziele für ein Unternehmen vorzugeben. Doch deren Konstruktion gilt als äußerst komplex, starr, bürokratisch und teuer. Das bestätigte auch Renate Köcher, Geschäftsführerin des Allensbach-Instituts, das sich selbst in einem Stiftungskonstrukt befindet und die Initiative für eine neue Rechtsform unterstützt, bei der Vorstellung der Studie. Sie nannte die Stiftungsform „eine langwierige und komplizierte Form“.

Viele Bio-Unternehmen unterstützen die neue Rechtsform

Für junge Unternehmen im Aufbau, die ihr Ziel nicht in einer Gewinnmaximierung sehen, sondern langfristig Verantwortung für sich und ihre Umwelt tragen und das auch institutionalisieren wollen, ist das Stiftungskonstrukt daher wenig geeignet. Eine GmbH-gebV hingegen schon, findet Verena Pausder, Gründerin und Familienunternehmerin. Sie bezeichnete die neue Rechtsform als „ein Signal an Start-ups“, mit der sie von Anfang an Werte festschreiben und zeigen könnten, dass sie langfristig am Markt bestehen bleiben wollen.

Start-ups wie der Suchmaschinenentwickler Ecosia oder Pfandbecheranbieter Recup gehören der Initiative bereits an. Neben Bosch, der Otto Group oder Zeiss wird die neue Rechtsform auch von zahlreichen Unternehmen aus der Bio-Branche unterstützt, darunter Bio Company, Lebensbaum, Super-Biomarkt, Alnatura, Sonett, Terra Naturkost, Demeter und der bio verlag, zum dem BioHandel gehört.

Lars Feld, Direktor des Walter Eucken Instituts, ehemaliger Vorsitzender des „Rat der Wirtschaftsweisen“ und Mitglied im Kuratorium der Stiftung Verantwortungseigentum, begrüßte in einer Videoschalte die neue Rechtsform als eine zusätzliche Möglichkeit, wie man ein Unternehmen ausgestalten könne. Die Grünen hätten die Forderung bereits in ihr Wahlprogramm aufgenommen, sagte deren Bundesvorsitzender Robert Habeck bei der Veranstaltung. „Wenn Unternehmen das wollen und andere Unternehmen dadurch keinen Schaden nehmen, warum sollte man das nicht ermöglichen?“, so Habeck. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz nannte die Idee des Verantwortungseigentums „ausgesprochen sympathisch“. Auch FDP-Chef Christian Lindner und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet bewerteten die Initiative grundsätzlich positiv.

Weiterführende Links

https://stiftung-verantwortungseigentum.de

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