Biohandel

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Schrot&Korn-Leserwahl

Das sind die Besten Bio-Läden

Auch im Corona-Jahr haben Zehntausende Leser der Schrot&Korn ihre Bio-Läden bewertet. Im Vergleich zu den Vorjahren gab es dieses Mal einige Änderungen rund um die Wahl und Preisverleihung. Keine Neulinge sind hingegen die vier Gesamtgold-Gewinner.

Es war ein verrücktes Jahr: Lockdown, Abstandsregeln, Hamsterkäufe, Maskenpflicht, wieder Lockdown. Keiner ist 2020 von den Auswirkungen der Corona-Pandemie unberührt geblieben – auch nicht die Naturkostfachgeschäfte, die von den Lesern der Schrot&Korn zu den Besten Bio-Läden 2021 gewählt wurden.

Bezeichnend für die aktuelle Situation, wurden die Gewinner dieses Mal nicht auf großer Bühne der Nürnberg-Messe vor hunderten Zuschauern prämiert. Stattdessen fand die Gala digital statt, moderiert von Helge Weichmann aus dem Hofgarten in Aschaffenburg.

„Bewegte Bilder auf flachen Bildschirmen sind keine wirklichen Begegnungen“, sagte Sabine Kauffmann, Geschäftsführerin des bio verlags, zum Auftakt der virtuellen Preisverleihung. Dennoch gelang es den Veranstaltern, mit Einspielern und Laudatien von Paten für die Gewinnerläden so etwas wie Gala-Stimmung aufkommen zu lassen. „Alle Läden haben 2020 Unglaubliches geleistet“, sagte Kauffmann. Schrot&Korn-Chefredakteurin Stephanie Silber sah das ähnlich und bezeichnete die Läden als Ort der Zuflucht und des Zuspruchs in diesen Zeiten.

Insgesamt 57.000 Bewertungen von Bio-Kunden gingen bei der 18. Auflage der Bioladen-Wahl ein, bei der dieses Mal neben der Gala noch einiges mehr anders war als in den Jahren zuvor.

Erstmals auch Feedback von Gelegenheitskäufern

Erstmals bewerteten die Leser nicht nur ihren Lieblingsladen, sondern alle Bio-Geschäfte, in denen sie einkaufen. „Damit konnte etwa auch das Feedback von Gelegenheitskäufern eingeholt werden“, so Janis Vogel, Projektmanager beim bio verlag und verantwortlich für die Wahl.

Für die Ladner bedeutet die Neuerung einerseits eine kritischere Bewertung ihrer Arbeit. Gleichzeitig sollen sie so aber auch aussagekräftigere Ergebnisse erhalten, die ihnen helfen können, ihr Geschäft weiter zu optimieren. Manche Bioläden nutzten außerdem die erstmalige Möglichkeit, ihren Kunden eigene Fragen zu stellen – etwa ob sich diese eine Unverpackt-Station wünschen.

Ein weiteres Novum war die Zusatzfrage, über die die Ladner im Vorfeld abstimmen konnten und die jährlich wechseln soll. Zum Start bewerteten die Leser, wie nachhaltig das verpackte Sortiment in ihren Läden ist. Im Durchschnitt vergaben sie hier 3,99 von fünf möglichen Sternen. Am besten schnitten die Hofläden ab, am meisten Luft nach oben sehen die Kunden bei den Supermärkten. Ebenfalls neu: Die Leser konnten dieses Mal ausschließlich online bewerten, nicht mehr über Teilnehmerkarten.

Am Ende konnten sich vier Bioläden über Gesamtgold freuen. Sie alle eint nicht nur, dass sie flexibel und innovativ auf die Krise reagiert haben, um ihren Kunden auch unter erschwerten Bedingungen den gewohnten Service zu bieten; die vier Gesamtsieger sind auch Wiederholungstäter: Sie stehen nicht zum ersten Mal ganz oben auf dem Siegertreppchen.

Einen Überblick über alle ausgezeichneten Bio-Läden finden Sie hier.

Gesamtgewinner, Kategorie Hofladen: Marienhof Gerlfangen

Als im Frühjahr die erste Corona-Welle über Deutschland rollt, spielen Karin und Stefan Zenner mit dem Gedanken, ihren Bio-Hofladen zwei Wochen zu schließen. Daraufhin protestieren jedoch die beiden Töchter und bieten stattdessen auf Facebook „Bio to go“ an. „Das wurde so gut angenommen, dass wir zurückrudern mussten“, sagt Karin Zenner. Die fertig gepackten Einkaufskisten zum Abholen habe es dann nur noch für Kunden gegeben, die zu einer Risikogruppe gehören.

Es sind Aktionen wie diese, die auch dafür gesorgt haben dürften, dass der Marienhof Gerlfangen nach 2018 zum zweiten Mal zum Besten Bio-Laden Deutschlands in der Kategorie „Hofladen“ gewählt wurde. Etliche Kunden lobten bei der Abstimmung Service und Hilfsbereitschaft der Zenners und ihres Teams.

Ursprünglich wollten die beiden Ladner „Landwirtschaftsprodukte für den Weltmarkt“ produzieren, sagt Stefan Zenner. Doch während seiner Suche nach einem passenden Hof in Ostdeutschland nach der Wende stellt er fest, dass die konventionelle Landwirtschaft nichts für ihn und seine Frau ist. „Der Bauer fährt in der Giftwolke, die Industrie macht das Geschäft“, sagt er. „Bio ist der sympathische Weg“. Also bleiben die Zenners in Gerlfangen mit seinen 750 Einwohnern, wo Stefan Zenner bereits 1984 den Hof seiner Eltern übernommen hat. 1992 stellen die Zenners auf Bio um, seit 2008 arbeiten sie nach Bioland-Richtlinien.

,Bio ist der sympathischere Weg' beschreibt wie Hofläden Bio mit viel Herzlichkeit ein besonderes Gesicht geben. Der zweite Gewinn ist kurz erklärt: Der Marienhof ist einfach sympathisch!

Gewinnerpate Sven Siegmund, Key-Account-Manager bei Allos

Zenners Geschäft sind die Vieh- und Getreidewirtschaft; Fleisch sowie Backwaren sind der Renner in ihrem Hofladen, der sich zu Beginn in einer Garage befand, 2007 durch einen Anbau erweitert wurde und seitdem auch über ein Lager und eine Backstube verfügt. Pro Woche verbackt Karin Zenner dort 400 Kilogramm selbst angebauten Einkorn, Dinkel, Roggen und Weizen zu Brot und Gebäck.

Alle zwei Wochen wird auf dem Hof geschlachtet. Es gibt zwar nicht 500 Wurstsorten, dafür aber die Klassiker. Und wenn jemand mal einen Sonderwunsch hat und zum Beispiel ein Brot mit Chiasamen möchte, dann wird dieser von Karin Zenner erfüllt. Eier und Milchprodukte kauft der Hofladen zu, Kartoffeln, Gemüse und Obst kommen von Höfen in der Umgebung. Den Rest liefert der Großhändler.

Biologisch Ackern, artgerechte Tierhaltung, Backen und Wursten, alles auf einem Hof. Das schafft Transparenz und bringt das Vertrauen der Kundinnen und Kunden.

Gewinnerpatin Stephanie Strotdrees, Vizepräsidentin Bioland

Zwei Tage pro Woche ist der Marienhof Gerlfangen geöffnet, die restliche Zeit ist für andere Arbeiten nötig. Die Kunden kommen aus dem gesamten Saarland und dem angrenzenden Frankreich, um Bio bei den Zenners zu kaufen.

2021 hat für den Marienhof mit dem Gold-Gesamtsieg bereits gut begonnen. Doch Karin Zenner wünscht sich vor allem eines für dieses Jahr: „Wieder etwas normalere Zeiten“.

Gesamtgewinner, Kategorie Bio-Laden: Naturkostladen Hollerbirl

Elf Jahre ist es her, dass der Naturkostladen Hollerbirl erstmals zum Gesamtsieger in der Kategorie „Bioladen“ gekürt worden ist. „Seitdem hat sich nicht allzuviel verändert“, sagt Inhaberin Monika Baeck. Den Grund dafür, dass es trotzdem zum zweiten Mal zu Gesamtgold gereicht hat, vermutet sie beinahe bescheiden in der Ausnahmesituation des vergangenen Jahres. „Womöglich ist unseren Kunden bewusst geworden, was sie in der Coronazeit vermisst haben.“ Sie meint damit Verkostungen und Aktionen, die Hollerbirl in virusfreien Zeiten regelmäßig für seine Kunden organisiert.

Für 2020 hatten Monika Baeck und ihre 15 Mitarbeiter besonders viel geplant. Zum 25-jährigen Jubiläum des Ladens sollten Hersteller besucht werden, größere Verkostungen waren geplant. Highlight des Festjahres hätte eine Fahrt zur Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall werden sollen, mit anschließendem Theaterbesuch und Stadtführung am nächsten Tag. Das Meiste soll nun 2022 nachgeholt werden.

Die Hollerbirls machen ihr Geschäft mit ganz viel Liebe.

Gewinnerpatin Eva Kiene, Pressesprecherin Rapunzel Naturkost

Wenn das Corona-Jahr etwas Gutes hatte, dann, „dass es manche Stammkunden womöglich noch stärker an uns geschweißt hat, weil sie gesehen haben, wie sehr wir uns bemühen“, sagt Monika Baeck. „Generell schätzen es unsere Kunden sehr, dass Sie von uns auch im Lockdown gut versorgt werden.“

Dafür hat sich das Hollerbirl-Team einiges ausgedacht: Kunden können Bestellungen per Mail und telefonisch aufgeben und die Ware am Laden abholen. Wer sich in Quarantäne befindet und in der Umgebung wohnt, den beliefert Familie Baeck mit einem 2017 gekauften Elektrofahrzeug.

Menschen jeglicher Couleur kaufen im Naturkostladen Hollerbirl ein: vom Single bis zur Familie, vom Normalverdiener bis zum Wohlhabenderen. 90 Prozent sind laut Monika Baeck Stammkunden, mit denen es einen sehr interessanten Informationsaustausch gebe. „Wir profitieren vom Wissen unserer Kunden und umgekehrt.“

Euer genauso sympathischer wie kompetenter Laden repräsentiert Bio in seiner allerbesten Form.

Gewinnerpate Stefan Voelkel, Geschäftsführer Voelkel

Deren Meinung war Hollerbirl auch vor acht Jahren wichtig, als der Laden von seinen Kunden wissen wollte, ob sie nicht nur bei Fleisch und Käse, sondern auch bei Obst und Gemüse bedient werden wollen. Die große Mehrheit sagte ja – auch um unnötige Druckstellen an der Ware zu vermeiden.

Den hohen Personaleinsatz, mit dem im Naturkostladen Hollerbirl gearbeitet wird, sieht Monika Baeck nicht als Nachteil, ganz im Gegenteil: „Der Sinn unseres Ladens ist auch, dass wir uns Zeit nehmen wollen für unsere Kunden, um sie zu beraten.“ Denn es gibt eines, das die Ladnerin niemals von ihren Kunden hören möchte: „Ich wollte dich das schon lange mal fragen, aber es war ja nie Zeit.“

Gesamtgewinner, Kategorie Bio-Fachgeschäft: Bogners Bio

Dreimal Gold-Gesamtsieger in neun Jahren – das ist die Bilanz von Bogners Bio. Nach 2013 und 2016 hat der im April 2012 gegründete Laden auch bei der jüngsten Abstimmung wieder Gesamtgold gewonnen. Für Inhaberin Ulrike Bogner eine kleine Überraschung. Offensiv darum geworben, für ihren Laden abzustimmen, habe sie nicht, sagt sie. Außerdem seien unter ihren Kunden auch viele ältere, die bei der Online-Wahl nicht mitmachen konnten oder wollten.

Dass es am Ende dennoch gereicht hat, begründet Bogner mit der täglichen Arbeit ihres Teams, zu dem auch Ehemann Franz gehört, der ihr mit Rat und Tat zur Seite steht. „Wir bemühen uns stets, dass es für unsere Kunden zu 100 Prozent passt“, sagt Bogner. Und manchmal zwinge sie diese auch zu kleineren Verhaltensänderungen: „Wir versuchen Plastik so gut es geht zu vermeiden und setzen auf Pfandgläser statt Becher.“ Da könne es schon mal sein, dass es Sauerrahm nur von einer Marke gebe, eben von der, die es im Glas gebe.

Die Kunden scheinen sich dadurch nicht bevormundet zu fühlen – im Gegenteil: In der Zusatzkategorie „Nachhaltige Verpackung“ gab es Gold für Bogners Bio. Dass seit dem ersten Lockdown das Bistro zu ist, ist kein Problem. „Der Laden läuft so gut, dass wir das unter Corona-Bedingungen nicht auch noch schaffen.“

Es ist wunderbar, so engagierte und kompetente Läden an unserer Seite zu wissen. Macht weiter so – wir unterstützen Euch von Herzen gern!

Gewinnerpate Patrik Müller, Geschäftsführer Ökoland

Rund 4000 Produkte verkauft Bogners Bio in den Räumen der 300 Jahre alten Saußmühle in Waldkirchen, unweit der Grenzen zu Österreich und Tschechien. Bei der Eröffnung hätten alle von dem Standort abgeraten. „Mir san total weg vom Schuss“, sagt Bogner in bayerischem Dialekt. „Zu uns verlaufen tut sich koaner.“

Das muss auch keiner. 98 Prozent der Ladenbesucher sind laut Bogner Stammkunden. Manche davon nehmen dafür eine Fahrt von 30 Kilometern auf sich – auch wegen der üppig gefüllten Käsetheke. „Käse ist unser meistverkauftes Produkt“, sagt Bogner, deren Laden auch in der Kategorie „Frische Molkerei-Produkte“ mit Gold bewertet wurde.

Wir sind stolz, den Fachhandel unterstützen zu können.

Gewinnerpate Andreas Albrecht, Vetriebsaußendienst ÖMA Beer

Bogner ist eine Überzeugungstäterin. „Ich suche mir meine Produkte sehr gezielt aus und kenne die meisten Firmen dahinter.“ Das führt dann auch schon mal dazu, dass Marken aussortiert werden, wenn sie, wie im Falle von Logocos, von großen Konzernen aufgekauft werden, die mit der Bio-Idee bislang wenig zu tun hatten.

Das alles scheint bei den Kunden gut anzukommen, die Bogner und ihre Mitarbeiter regelmäßig mit kleinen Aufmerksamkeiten bedenken. Noch viel mehr bedeutet es der Ladnerin aber, wenn die Kunden sagen, wie schön es ist, dass es sie und ihr Team gibt. „Des gfreit mi scho bsonders“, sagt sie.

Gesamtgewinner, Kategorie Bio-Supermarkt: Naturkost Kornblume

Auch Nanni und Ralf Brinker von der Kornblume in Lingen sind Wiederholungstäter. Ihren Spitzenplatz in der Kategorie „Bio-Supermärkte“ aus dem vergangenen Jahr konnten sie bei der Wahl für 2021 verteidigen. In der Zwischenzeit ist ein Jahr verstrichen, das auch am Geschäft der Brinkers nicht spurlos vorübergegangen ist. Für die Kornblume, die sich als „Eventladen“ begreift, seien die Corona-Zeiten schwierig gewesen, sagt Nanni Brinker. Ideen mussten her.

Die Söhne Vincent und Simon organisierten digitale Weinproben: Sie luden Winzer und Weinkenner in die Kornblume ein, setzten sich mit ihnen in Ohrensessel, nippten am Glas und sprachen über Wein. Kunden kauften sich im Vorfeld die entsprechenden Flaschen und schalteten sich via Youtube, Facebook oder Instagram zu der Verkostung zu. Bis zu 250 Leute gleichzeitig waren online dabei, sagt Nanni Brinker. Klar sei: „Das wird fortgeführt.“ Ähnliches ist zudem auch mit Kosmetik geplant: Ein „Fühlen und Erleben“-Abend ist in Planung.

Die Kornblume verbindet Tradition mit Innovation.

Gewinnerpatin Fikriye Temin, Vetriebsleitung Logocos

Seit dem vergangenen Jahr können die Kornblumen-Kunden auch online in ihrem Bio-Laden einkaufen. Zweimal pro Woche fahren die Brinkers mit einem eigens dafür angeschafften Lieferfahrzeug die bestellte Ware in einem Umkreis von 40 Kilometern aus. Per Elektro-Lastenfahrrad sollen künftig auch Innenstädter beliefert werden.

Die Brinkers gehen nicht nur mit der Zeit, sie legen auch Wert auf eine familiäre Atmosphäre, gute, regionale Produkte, persönliche Beratung und dass ihre Kunden das bekommen, was sie wollen. „Wo kommt‘s her?“, hätten die sich im vergangenen Jahr noch stärker gefragt, sagt Nanni Brinker. Also wurden die regionalen Partnerschaften intensiviert.

Hinzu kamen zwei zusätzliche Gemüsebauern, es gibt regionalen Käse unter anderem vom Engelhof aus Papenburg. Kommenden Mai wollen die Kornblümler zudem einen Markt auf ihrem Gelände organisiern, auf dem sich Bio-Hersteller und -Bauern aus der Region präsentieren können.

Ihr bringt italienische Esskultur nach Deutschland und dafür danken wir euch.

Gewinnerpatin Monika Mayer, Leiterin Qualitätssicherung La Selva

Dass sie sich trotz der vielen Arbeit auch mal eine Auszeit gönnen, darauf achten Ralf und Nanni Brinker seit dem Corona-Jahr mehr. „Wir haben gelernt, dass wir ersetzbar sind, wir konnten loslassen“, sagt Nanni Brinker. Zum ersten Mal hätten sich beide freie Samstage gegönnt. Darum ist auch das Jahresmotto des Ladens: „Strukturen finden, Zufriedenheit gewinnen!“.

Warum die Kornblume aber schon wieder zum Besten Bio-Laden gewählt wurde, darauf haben auch die Brinkers keine eindeutige Antwort, aber eine Vermutung: „Wahrscheinlich haben wir die besten Kunden Deutschlands.“

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