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Ladenportrait

Bohlsener Mühlenladen: Die Getreide-Boutique

In der Lüneburger Innenstadt hat die Bohlsener Mühle einen Markenladen eröffnet. Mit dem neuen Flagship-Store will das Bio-Unternehmen neben einer Auswahl seiner Produkte auch zeigen, wie nachhaltiger Ladenbau funktioniert.

Lüneburg, Grapengießerstraße 45. Das denkmalgeschützte Haus mit der für die Altstadt typischen Backsteinarchitektur stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die alten Balken im Inneren zeugen von der langen Geschichte des Gebäudes. Doch die neuen Mieter sind alles andere als altbacken. Einer der größten Bio-Bäcker Deutschlands, die Bohlsener Mühle, hat hier kürzlich seinen ersten Flagship-Store eröffnet. Bisher gab es am Stammsitz im beschaulichen Bohlsen nur den herkömmlichen Mühlenladen.

Mitten in Lüneburgs Fußgängerzone entstand nun ein moderner und großzügiger Markenladen mit Boutique-Charakter. Die Ausstattung stylisch-reduziert, das Ganze hell ausgeleuchtet. Im hinteren Teil des rund 100 Quadratmeter großen Ladens schließt sich ein Eventbereich an, mit Küchenzeile und einem großen Bäckertisch aus Holz als Zentrum. Auch der Innenhof soll im Sommer genutzt werden. Neben frischen Backwaren, belegten Stullen und Snacks an einer Frischetheke bietet der neue Mühlenladen in den wenigen Regalen eine Auswahl verpackter Keks- und Mehlsorten sowie Backmischungen oder Haferflocken. Besonders ins Auge fällt die Wand mit dem großen Unverpackt-Bereich.

Mit rund 100 verpackten Produkten verkauft der Bohlsener Mühlenladen eine eher kleine Auswahl aus dem großen Sortiment, das etwa 650 Artikel umfasst, darunter 240 Eigenmarken. Als unverpackte Ware gibt es vor allem Müslis und Getreide. Schon bald nach der Eröffnung habe sich eine Stammkundschaft unter Studierenden eingestellt, die „ihr selbst zusammengestelltes Müsli in Tupperschalen mitnehmen“, sagt Mathias Kollmann, der seit 2019 gemeinsam mit Volker Krause die Geschäfte der Bohlsener Mühle leitet.

Laden als Schaufenster des Unternehmens

Anders als in herkömmlichen Läden gehe es der Bohlsener Mühle nicht um möglichst große Umsätze oder Gewinne, so Kollmann. „Wir zeigen bewusst nur einen Ausschnitt aus unserem Markensortiment. Wir wollen in erster Linie die Marke ‚Bohlsener Mühle‘ präsentieren und der Laden soll kostendeckend arbeiten“. Genauso wichtig sei die Kommunikation. „Wir möchten mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern ins Gespräch kommen und auch mit Händlern und anderen Interessierten – über nachhaltige Ernährung und nachhaltige Lebensmittelwirtschaft.“

Der Laden solle ein Schaufenster des Unternehmens sein und eine Plattform für Diskussionen und Aktionen. So gibt es für Workshops oder Backen mit Kindern im hinteren Bereich einen Ofen. In Lüneburg leben knapp 80.000 Menschen, davon 11.000 Studierende. Auch die jährlich 3,5 Millionen Touristen sind potenzielle Multiplikatoren für die Marke und die Nachhaltigkeitsidee.

Ladenbau nach „Cradle-to-Cradle“-Prinzip

Im ganzen Laden verteilt sind Tafeln mit nummerierten Botschaften unter dem Motto „So sehen wir das in Bohlsen“. Dabei geht es um ökologisches Wirtschaften oder um die Artenvielfalt auf dem Acker. „Mit dem neuen Laden wollen wir zeigen, dass das Prinzip der Nachhaltigkeit nicht nur beim Anbau des Getreides und in der Bio-Massenproduktion funktioniert, sondern auch beim Ladenbau“, sagt Kollmann. Die aufwendige Sanierung und der Ausbau des ehemaligen Frisörladens folgten daher dem strengen Prinzip des „Cradle-to-Cradle“ (C2C, siehe Infobox).

Cradle-to-Cradle verfolgt die Vision einer abfallfreien Wirtschaft, bei der keine gesundheits- und umweltschädlichen Materialien verwendet werden. Möglichst alle eingesetzten Stoffe sollten Teil natürlicher oder geschlossener technischer Kreisläufe sein. So sollen unter anderem nur kompostierbare Stoffe, essbare Verpackungen oder möglichst oft wieder verwendbare Materialien eingesetzt werden, auch beim Bauen.

Beim Ladenbau wurde strikt auf wieder verwertbare Materialien und rückbaubare Einrichtungen geachtet. Dazu gehören mit Lehm verputzte Wände und geklebte Fliesen. Auf Möbelfronten wurde natürliches Linoleum aufgebracht, das man problemlos wieder abziehen kann. An den Wänden setzten die Ladenbauer ausschließlich Kalkfarben ein, und das große Bohlsen-Logo über dem Durchgang ist auf Moos angebracht.

„Von Anfang an stand beim Ausbau das C2C-Prinzip im Mittelpunkt der Planungen“, sagt Kollmann. Das passe gut, um als Bio-Unternehmen authentisch zu bleiben und schaffe ein Differenzierungsmerkmal. „Soweit wir es wissen, sind wir der erste Laden überhaupt, der überwiegend nach C2C-Richtlinien ausgebaut wurde“, so Kollmann. Geplant wurde alles mit dem hausinternen Nachhaltigkeitsmanagement und einem lokalen Innenarchitekten, unterstützt auch durch die Berliner Cradle-to-Cradle NGO. „Es freut uns, dass die Bohlsener Mühle beispielhaft die Initiative ergriffen hat, nach C2C-Aspekten zu bauen“, sagt NGO-Vorstand Nora Sofie Griefahn und hofft auf viele Nachahmer.

„Beim Ladenbau stößt man – was die Nachhaltigkeit angeht – an Grenzen, zum einen wirtschaftlich, aber insbesondere durch das Lebensmittelrecht“, sagt Kollmann. Nach C2C-Prinzipien hätte man die Frischetheke eigentlich nicht mit Silikon ausfugen sollen, doch die Behörden hätten es nun einmal verlangt. „Auch dass es nicht zu 100 Prozent nachhaltig geht, wollen wir hier transparent machen“, sagt Kollmann. Die neuen Mitarbeiterinnen sind darin geschult, kompetent über Getreidearten und Mühlenwirtschaft zu informieren, können aber auch Auskunft zum nachhaltigen Ladenbau geben.

Kein Filialnetz geplant

Mit dem Markenladen in Lüneburg wolle man anderen Verkaufsstellen von Bio-Produkten oder Unverpackt-Läden keine Konkurrenz machen, sagt Kollmann. „Wir planen kein Filialnetz, es wird erst einmal bei einem Laden bleiben.“ Es gehe darum, die „eigene Marke zu vermarkten, und zwar in einem nachhaltigen und ökologischen Umfeld“.

Wir planen kein Filialnetz, es wird erst einmal bei einem Laden bleiben.

Mathias Kollmann Bohlsener Mühle

Als Unternehmen, das zu den Bio-Pionieren in Deutschland gehöre, müsse man auch heute innovativ denken und versuchen, neue Wege zu gehen, sagt Kollmann. Er sieht den Laden auch als Teil der Konzentration der Bohlsener Mühle auf den heimischen Markt. Hintergrund dafür seien insbesondere wachsende Herausforderungen bei der Rohstoffbeschaffung, etwa bei Bio-Dinkel. „Wir fahren derzeit das internationale Geschäft weiter zurück, denn zunächst wollen wir unsere angestammten Abnehmer im Inland bedienen“, sagt Kollmann. Eine weitere Positionierung der eigenen Marke könne da ja nicht schaden.

Zahlen – Daten – Fakten

  • Inhaber: Bohlsener Mühle GmbH
  • Adresse: Grapengießerstraße 45, 21335 Lüneburg
  • Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 10-18.30 Uhr; Samstag 9-16 Uhr
  • Gründung: 2020 Größe: 99 Quadratmeter
  • Produkte: rund 100 verpackte und 39 unverpackte Produkte, 12 Brotsorten, Brötchen, Kuchen sowie warme und kalte Snacks
  • Mitarbeiter: 5

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